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Dies ist mein Blog. Hier möchte  ich  regelmäßig über meine Arbeit und alles, was ich hier sonst noch so mache, berichten.


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23.08.2016

Abschied aus Kambodscha

 

So, es ist vollbracht! Ein ganzes Jahr hier in Kambodscha ist an mir vorbeigezogen! Während die Tage in den ersten Monaten noch quälend langsam voranzugehen schienen, so sind sie seit Februar praktisch an mir vorbeigeflogen. Doch all das entgegenstemmen hat mir nichts genützt, schließlich muss jede Zeit wohl mal ihr Ende finden. Ich blicke zurück auf ein ereignisreiches Jahr. Ich habe so viele neue Dinge kennengelernt und erlebt. Ich hatte die tolle Möglichkeit, in einer Welt zu Leben, die sich von der uns bekannten aus Deutschland komplett unterscheidet, und dass meine ich nicht nur klimatisch! Vieles hat mich sehr beeindruckt und erstaunt, manches dagegen aber auch zutiefst schockiert. Zumeist war ich sehr glücklich und alles schien beinahe wie von  selbst zu gehen, doch in einem Jahr gab es natürlich auch immer wieder  Momente, die nicht so angenehm und herausfordernd waren. Aber auch diese liegen nun hinter mir. Hier konnte ich  in eine andere Kultur eintauchen  und ein wenig eine Schrift und Sprache erlernen, die für die meisten von uns hier sich sicherlich einmal sehr gewöhnungsbedürftig anhören würde. Die sehr zahlreichen Schulferien boten mir die Möglichkeit, ausgiebig zu reisen! Auch das habe ich sehr genossen. Kambodscha, Thailand, Laos und Myanmar- überall gab es faszinierende Dinge zu sehen und zu entdecken. Ein Jahr lang habe ich nun als Englischlehrer bei Children´s Dream gearbeitet. Mit den Monaten habe ich mich immer mehr an meine Aufgaben herangetastet und hatte das Gefühl, ein immer besseres Verhältnis mit meinen Schülern aufzubauen. Bis zu letzten Tag hat mir die Arbeit mit ihnen großen Spaß gemacht. Ich werde sie sicherlich alle ganz doll vermissen. Vermissen werde ich bestimmt aber auch alle meine tollen Arbeitskollegen/innen, die Kira und mir immer tatkräftig zur Seite standen und mit denen wir unzählige Dinge gemeinsam in unserer Freizeit unternommen haben. Allgemein werde ich sehr sehr viele Leute, die ich hier kennengelernt habe und dir mir ans Herz gewachsen sind, vermissen. Aber ich bin mir sicher, dies wird bestimmt nicht mein letzter Besuch in diesem schönen Land gewesen sein.

 

Hiermit würde ich diesen Blog ganz gerne schließen. Ich möchte mich bei all meinen Lesern ganz herzlich für euer Interresse an Kambodscha und eure Unterstützung dieses Jahr über bedanken! Vielleicht habt ihr ja etwas Neues gelernt oder seid zumindest etwas unterhalten worden.  Machts gut! Und solltet ihr, vielleicht zu Weihnachten oderso, mal ein wenig Geld überhaben, so möchte ich euch ans Herz legen, vielleicht einen kleinen Teil davon an die Menschen hier in Kambodscha zu spenden. Es gibt hier unzählige wirklich arme Leute, die auf unsere Unterstützung dringend angewiesen sind. Viele internationale Hilfsorganisationen und Projekte leisten echt gute Arbeit, diese Menschen hier zu unterstützen. Oben werde ich noch ein paar Bilder von meiner Abschiedsfeier in der Schule hochladen. Wenn ihr mögt, könnt ihr euch diese natürlich auch noch gerne angucken.

 

Euer Moritz


25.08 bis 28.08.2016

Bagan- Die Ebene der tausend Tempel

 

Langsam aber sicher wird es einem doch immer stärker bewusst. In genau drei Wochen werde ich Siem Reap bereits verlassen haben und mich ein letztes Mal auf den Weg nach Phnom Penh machen. Dann heißt es ab ins Flugzeug und zurück nach Deutschland. Insofern wird das hier mit Sicherheit mein letzter größerer Blogbeitrag werden wird. Worüber soll ich nun also schreiben?

 

In letzter Zeit ist vieles passiert, im guten wie im schlechten Sinne. Ich war so beschäftigt, dass ich überhaupt keine Zeit gefunden, dieser Internetseite auch nur minimale Aufmerksamkeit zu schenken. Anfang Juli habe ich für eine Woche Besuch von meiner Schwester und ihrer Schulfreundin Melina bekommen. Die beiden hatten sich kurzfristig überlegt, nach dem Abi einen Monat Urlaub in Thailand zu machen und davor mal kurz bei mir in Kambodscha vorbeizuschauen. Obwohl ich leider zeitgleich arbeiten musste, konnten wir dennoch Einiges unternehmen. So haben wir einen Tagesauflug zum Phnom Kulen- Wasserfall , eine Fahrradtour in Angkor und eine Bootstour auf dem Tonle Sap- See gemacht. Die letzten beiden Woche hatte ich dann Besuch von meinem guten Schulfreund Moritz. Auch wir haben viel unternommen. Ich hatte mir für seinen Besuch extra  ein paar Highlights an Tempeln, die ich umbedingt noch sehen wollte, übrig gelassen. So sind wir dann ganze drei Tage lang per Fahhrad und Motorrad in Angkor umhergedüst und haben sicherlich mehr als genug Tempel besichtigt. Letzte Woche hatte ich noch einmal Ferien, sodass wir beide nach Sihanoukville ans Meer gefahren sind. Von dort aus sind wir auf eine kleine und abgeschottene Insel übergesetzt und haben drei Tage in einem schönen Holzresort verbracht. Die Sonnenuntergänge und das nächtliche Schwimmen mit Plankton waren einfach nur traumhaft. Leider habe ich die beiden letzten Monate auch oft mit Krankheit zu kämpfen gehabt. Ich halte nun mit ziemlicher Sicherheit von allen Freiwilligen den traurigen Rekord was böse entzündetete und schmerzhafte Eiterbeulen und Abzesse angeht. Auch wenn ich es mir selber nicht erklären kann, bringe ich es mittlerweile auf ganze 15 Entzündungen bzw. Narben. Blöderweise habe ich mich auf dieser Insel anscheinend auch noch mit Dengue- Fieber infiziert, sodass ich den letzten Rest meines Urlaubs ziemlich geschwächt im Bett verbringen konnte. Naja, so langsam scheine ich mich aber auf dem Weg der Besserung zu befinden.

 

Worüber kann ich nun also noch berichten? Wie wäre es mit meiner Burma-Reise? Die habe ich euch nämlich bisher noch komplett vorenthalten. Dabei handelt es sich hierbei sogar um die schönste und interessanteste Reise, die ich unternommen habe. Und das soll was heißen, denn wer diesen Blog etwas verfolgt hat, der wird wissen, dass ich in diesem Jahr oft und ausgiebig verreist bin.

 

Schon seit langer Zeit hatte ich den Traum, einmal in meinem Leben nach Myanmar (auch bekannt als Burma) zu fahren. Was hatte ich alles für tolle Geschichten von diesem fremden, exotischen und ziemlich abgeschottenen Land gehört. Als man mir dann mitteilte, dass wir die letzte Woche im Juni noch einmal komplett Schulfrei bekommen sollten, stand mein Entschluss fest. Wieso sollte ich nicht einfach jetzt nach Myanmar fahren? So einfach und günstig wie von Kambodscha aus, würde ich wahrscheinlich später nie wieder die Gelegenheit dazu haben. Gesagt, getan. Schnell einen günstigen Flug bei Air Asia gebucht und der Sache stand nichts mehr im Wege. Erfreulicherweise hatte meine Arbeitskollegin Kira fast genau diesselbe Idee, sodass wir beide dann kurzerhand beschlossen, einfach zusammen nach Myanmar zu fahren und dort gemeinsam umherzureisen.

 

Auch wenn ich mit Myanmar nun komplett alle fünf südostasiatischen Festlandländer bereist habe, so nimmt es von allen Reiseländern mit Sicherheit eine Sonderstellung ein. Das ist der jüngeren Geschichte des Landes zu schulden. Bis 1948 war Burma ein Teil Britsisch Indiens und damit eine englische Kolonie. Die nächste Phase nachkolonialen Aufschwungs sollte nur von kurzer Dauer sein, denn 1962 putschte die Armee und zwang das Land unter eine grausame und brutale Millitärdiktatur. Hundertausende wurden verhaftet, tausende Menschen bei Demonstrationen niedergeschossen und der freie Wille der Menschen erstickt. 1989 ließ die Regierung dann auf Druck der Straße freie Wahlen zu, die dann prompt die Oppositionpartei  der weltbekannnten Friedensnobelträgerin Aung Sang Suu Kyi haushoch gewann. Aber das Ergebnis wurde nie anerkannt und die meisten ihrer Parteifreunde wanderten in den Knast und sie persöhnlich in den jahrzehntelangen Hausarrest. Aufgrund der völlig unfähigen Regierung und durch Handelssanktionen der internationalen Gemeinschaft, entwickelte sich das einst stolze und reiche Burma zu einem der weltweit ärmsten und korruptesten Länder überhaupt. Erst seit 2011 beginnt das Land sich langsam wieder zu öffnen und zu wandeln. Letztes Jahr konnte Aung Sang Suu Kyis Partei bei den ersten freien Wahlen seit 1989 wieder die absolute Mehrheit erringen. Auch wenn Burma heutzutage touritisch kein völlig unbeschriebenes Blatt mehr ist, so steckt der Tourismus dort immer noch in den Kinderschuhen. Schließlich ist das Land erst seit 2011 für internationale Touristen geöffnet (bis dahin wurde es aufgrund der katastrophalen Menschrechtslage von den meisten boykottiert). Großen Massentourismus, eine Partyszene oder die sonst so zahlreiche Art von Backpacker, die vorwiegend auf Gammeln und Joints rauchen aus sind, sucht man dort noch vergebens. Dafür scheint dort  noch Vieles seinen alltgewohnten Gang zu gehen. Es fahren kaum Autos,man sieht sehr sehr wenige Namensschilder großer internationaler Firmen und die Menschen wirken noch recht ursprünglich. Nahezu alle Frauen und sehr viele Männer ziehen noch immer den traditionellen Rock Hosen und westlicher Kleidung vor. Ziemlich beeindruckt waren wir beide davon, wie ausgesprochen freundlich und hilfsbereit die Menschen zu uns Touristen waren. Man hatte das Gefühl, dass nach jahrelanger Abgeschottenheit sich die Menschen über jeden einzelnen Fremden freuten und endlich mal wieder mit Leuten von weit weit weg Gespräche führen wollten, um ihr Englisch zu verbessern und etwas vom Leben in anderen Ländern zu erfahren. Gefühlt zwanzig Mal am Tag passierte es dann auch, dass uns die Einheimischen selber um ein Foto baten, um es ihren Bekannten im Heimatdorf zu zeigen. Tja, ohne das man sich war versah, war man als Tourist dann plötzlich selber auch zu einer Art Touristenattraktion geworden.

 

Leider kann ich nun natürlich nicht über meine ganze Myanmar-Reise  berichten, aber wenn ich dann wieder zurück in Hannover sein werde, kann ich euch gerne ein paar Fotos zeigen. Ich werde mich nun hier auf einen einzigen Ort beschränken, der mir aber von allen Reisezielen dort am besten gefallen hat. Hierbei handelt es sich um die historische Ruinenstadt von Bagan, die zurecht auch als Ebene der tausend Tempel bekannt.

Hierbei handelt es sich um einen kleinen, direkt an einer Flussbiegung des Irrawaddy, des mächtigsten Stroms des Landes, gelegenen Ort. Etwa auf halben Weg zwischen der alten Haupstadt Yangon im Süden, und Mandalay, des Zentrums Oberbirmas, im Norden. Die weite Ebene ist geprägt von staubigen Wiesen und kleinen Feldern, über die die Menschen wie eh und jeh ihre Ziegenherden treiben und kurz nach Sonnenaufgang noch mühsam mit Wasserbüffel und Flug die Felder beackern.  Wüsste man es nicht besser, so würde bei diesen verschlafenen Dörfern hier wenig darauf hindeuten, dass hier einst die erste und prachtvollste Hauptstadt des Landes stand.

 

Nun ja, ganz unverkennbar ist die Vergangenheit dann aber auch nicht. Schließlich ist die Ebene bekannt für ihre unzähligen Tempel, und von denen ragen noch immer über dreitausend Stück aus der Ebene hervor. Diese machen den Charme der Stadt aus. Denn ganz egal wo man sich befindet oder wo man gerade lang fährt, überall ist der Blick zum Horizont gespickt mit hunderten von Tempeln, die sich langsam am Fuße der die Ebene begrenzenden Gebirge verlieren. Viele dieser Tempel lassen sich sogar besichtigen und auf nicht wenige kann man auch emporklettern und wirklich atemberaubende Sonnenauf- und Untergänge genießen. Solch einen schönen Augenblick, wie wenn sich die Strahlen der Sonne langsam am Horizont erheben und die tausenden von Tempel in ein mattes Licht tauchen und zahlreiche ihrer vergoldeten Spitzen im Morgenlicht zu glänzen beginnen, kann man auf dieser Welt vermutlich nur in Bagan bewundern. Während der Trockenzeit lässt sich hier noch ein weiteres Schauspiel beobachten. Dann nämlich gesellen sich zu den tausenden Ruinen noch dutzende Heißluftballons dazu, in denen zahlungskräftige Touristen den Sonnenuntergang bewundern. Doch in der Regenzeit ist so etwas aufgrund plötzlicher und heftiger Schauer zu gefährlich, weshalb ich leider ohne dieses sicherlich schöne Fotomotiv Vorlieb nehmen musste.

 

 Oft sind die Monumente aber auch verschlossen. Aber auch das ist kein Problem, denn meist wohnt direkt nebenan eine kleine Bauernfamilie und diese bewahrt dann im Auftrag der Regierung den Schlüssel auf und ist natürlich gerne bereit, dem Besucher den jeweiligen Tempel kurz aufzuschließen.

 

Insofern habe ich beschlossen, ganze vier Tage in dieser Stadt zu verweilen und per Mietfahrrad und Elektroscooter die Ziegenpfade auf und ab zu kreuzen, um zumindest die Highlights an Tempeln alle besichtigen zu können. Jeden Tag habe ich es mir dabei aber auch nicht nehmen lassen, die magischen Sonnenauf- und Sonnenuntergänge zu bewundern, sodass es für mich doch immer recht zeitig aufzustehen hieß.

 

Gegründet wurde die Stadt Bagan vermutlich Ende des 9. Jhr nach Chr. Sie war die Haupstadt des ersten birmanischen Reiches und blühte bis ins 13.Jhr hinein. Die Glanzzeit der Stadt began allerdings erst  im Jahre 1044 n. Chr. Nachdem er seinen Cousin in einem Streit von Angesicht zu Angesicht getötet hatte, bestiegt ein noch junger Herrscher, mit den Beinamen  Anawratha, der Unbändige, den Thron.  Schon bald kam es zu einer merkwürdigen Laune der Geschichte.  Manuha, der mächtige König des Mon-Reiches, des ersten rein buddhistischen Königreiches Myanmars, sandte seinen Mönch Shin Arahan an den Königshof von Bagan, um den noch jungen und ungestühmen Anawratha zum Buddhismus zu bekehren und ihn so fügsam zu machen . Shin Arahan schien für den Job nicht gänzlich ungeeignet zu sein.Ganz im Gegenteil, ihm gelang es wohl innerhalb kürzester Zeit, Anawratha zu einem glühenden Buddhisten zu formen. So von seinem neuen Glauben überzeugt, befahl Anawratha König Manuha, ihm einen Großteil seiner heiligen buddhitischen Texte und Reliquien zu überlassen, was dieser ihm aber naturgemäß abschlagen musste. Und so zog Anawratha dann schließlich mit seiner Armee los, um die heiligen Texte in seinen Besitz zu bringen. Lange Rede, kurzer Sinn. Es gelang dem noch jungen König, das mächtige Nachbarreich im Süden zu besiegen und König Manuha samt heiliger Texte nach Bagan zu verschleppen. Angeblich waren für den Abtransport der heiligen Schriften um die 30 Elefanten von Nöten, sie wurden dann aber auch standesgemäß in einer neu errichteten  und immer noch erhaltenen Bibliothek im Herzen der neuen Hauptstadt untergrebacht. Es scheinen nach der Niederlage König Manuhas aber nicht nur er selber und ein paar Schriften ihren Weg nach Bagan gefunden zu haben. Viel wahrscheinlicher ist dagegen, dass gleich der ganze Hofstaat und viele der Fachleute und gebildeten Männer, die das Mon- Reich einst so mächtig gemacht hattten, nach Bagan übergesiedelt sind. Unter ihnen müssen auch viele begabte Architekten und Bauleute gewesen zu sein, denn kurz nach der Eroberung des Rivalen im Süden, brach in Bagan ein wahrer Bauboom los. Unter Anawratha und seinem ebenso mächtigen Nachfolger Kyanzitta wurde der Grundstein vieler bedeutender Tempelanlagen gelegt. In den nächsten 200 Jahren wurden in einem ungeheurem Tempo bis zu 6000 Tempelanlagen in der Ebene errichtet. Um diese alle in so verhältnismäßig kurzer Zeit fertigstellen zu können,  muss laut Wissenschaftlern alle zwei Wochen mit der Errichtung eines neuen Heiligtums begonnen worden sein.

 

 Ähnlich wie in Angkor auch, bestand die historische Stadt aber natürlich nicht nur aus Tempeln und Mauern. Die meisten einfachen Wohngebäude und selbst der Königspalas waren vermutlich allesamt aus Holz errichtet, und haben sich im feucht-warmen Klima der Region nicht erhalten können. Auf jedenfall muss die Stadt auch in Bezug auf den Handel mit Indien eine bedeutende Rolle erlangt haben und ein wichtiges regionales Machtzentrumgewesen sein. Selbst ihren Zeitgenossen muss sie schon wahrhaft majestätisch vorgekommen sein.  So stattete ihr angeblich sogar Marco Polo im Auftrag des Kaisers von China einen Besuch ab und bezeichnete Bagan als eine der „feinsten Sehenswürdigkeiten dieser Welt“.

 

Mit der Zeit scheinen die Einwohner sich mit ihren zahllosen Bauprojekten etwas übernommen zu haben und auch die ganzen von der Steuer befreiten Klöster kamen den Staatsfinanzen vermutlich nicht zu Gute. So befand sich das Reich im 13. Jhr langsam aber stetig im Niedergang begriffen. Als dann im Jahre 1287 auch noch die Mongolen die Reste Bagans plünderten, war es um die einst glorreiche Stadt entgültig geschehen. Von da an führte Bagan die nächsten Jahrhunderte wieder das Dasein einer verschlafenenen Ziegenhirtensiedlung.

 

Architektonisch lässt sich zu den Tempeln folgendes sagen. Viele sehen von außen betrachtet absolut identisch aus, und nicht wenige wirken sogar ziemlich lieblos, weshalb Bagan es auf keinen Fall mit den feinen Verzierungen in Angkor aufnehmen kann. Die Schönheit der Stadt liegt vielmehr in der unglaublichen Masse an Tempeln und an dem Fakt, dass diese sich wunderbar in die Landschaft einfügen. Trotzdem hält die Stadt auch einige architektonische Kleinode in der Hand. Bagans Tempel sind ausschließlich aus Backsteinen errichtet, es lässt sich allerdings so etwas wie eine Evolution des Tempelbaus erkennen. Während die ersten Tempel von außen noch recht klein und unscheinbar wirken und Innen eher den Charakter einer Höhle haben, werden die Tempel mit der Zeit immer höher und lichter. Gegen Ende der Blütezeit wurden stolze mehrstufige Pyramidentempel errichtet, deren lichtgeflutete Innenräume reichlich Platz für prächtige goldene Buddhastatuen bieten. Einstmals müssen viele Tempel auch von Außen reichlich verziert gewesen sein. An nicht wenigen lassen sich immer noch Reste von feinen Fabelwesen und Blumengirlanden aus  Stuckwerk finden. Ganz besonders gut haben mir die löwenartigen Geschöpfe gefallen, die in vielen Gebäudenischen als Bewacher zu finden sind. Manch ein bedeutender Tempel oder Stupa war einmal rundherum mit einem Band aus Emailleplatten geschmückt, von denen jede einzelne eine Episode aus dem Leben Buddhas verkörperte.

 

Drei Tempelanlagen haben mir besonders gut gefallen, und sollen daher an dieser Stelle kurz erwähnt werden. Zum einen wäre da der Mahabodhi- Tempel zu nennen. Er ist ganz anders als alle anderen Tempel Bagans und hebt sich architektonisch völlig von diesen ab. Bei ihm handelt es sich um eine Kopie des berühmten Mahabodhi- Tempels von Bodhgaya in Indien, dem Ort, an dem Buddha angeblich in das Nirwana einging.  Der Tempel sieht aus wie eine große Pyramide und ist ein eindeutiger Beweis dafür, welch großen Einfluss indische Handwerker und Bautechniken in Bagan gespielt haben müssen. Ohne die Inder hätten die Birmanen nie gelernt, einen Spitzbogen zu verwenden und daher auch nie solche hohen Tempelpyramiden errichten können. Aus den zahlreichen Nischen des Turmes blicken einem hunderte Buddhastatuen im Lotussitz entgegen. Der berühmteste und meist verehrteste Tempel  Bagans ist aber wohl der Ananda- Tempel. Seine frisch vergoldete Maiskolbenspitze ist von weither aus zu sehen und schmimmert prächtig im Licht der untergehenden Sonne. Der Tempel ist perfekt symmetrisch errichtet. Über die Eingänge, welche sich in allen vier Himmelrichtungen befinden, gelangt man schließlich in große Gebetshallen. Dort stehen vier riesige vergoldete Buddhastatuen, eine für jede Himmelrichtung. Zwei der Statuen sind sogar noch im Orginal erhalten und über 900 Jahre alt. Der Ananda-Tempel  ist von allen Tempeln Bagans immer noch der wichtigste und wird von zahlreichen einheimischen Gläubigen besucht. Außenherum stellen 554  grün glasierte Terrakottafliesen Szenen aus dem Leben  Buddhas dar. Mein persöhnlicher Lieblingstempel war aber ohne Frage ein anderer, nämlich der Dhammayangi. Dabei handelt es sich um den größten und weithin sichtbarsten Tempel der Stadt, einen riesigen Koloss aus Backsteinen. Er ist so riesig, dass er vermutlich nie ganz fertiggestellt wurde. Von außen ist er sehr fein gemauert und es sind immer wieder schöne Reste der einstigen Stuckverzierung zu erkennen. Angeblich soll der König, der ihn errichten ließ,  besonders grausam gewesen sein und jedem Arbeiter damit gedroht haben, ihm die Hand abzuhacken, sollte auch nur ein Blatt Papier zwischen die einzelnen Backsteine passen. Im Innern offenbart der Tempel ein wahres Labyrint. Durch seine riesigen Gänge kann man schier endlos umherschweifen. Ab und zu trifft man dabei mal auf eine Buddhastatue. Oben in den Gewölben hängen tagsüber Fledermäuser faul herum und auch an Vögeln und ihren Hinterlassenschaften herrscht im Dhammayangi- Tempel wahrlich kein Mangel.

 

Allgemein sind viele Tempel Bagans von innen fast interresanter als wie von außen. Sie sind zumeist sehr dunkel und man kommt sich eher wie in einer Höhle vor. Fällt der Lichtkegel der Taschenlampe dann aber mal auf eine Nische mit Buddhastatuen, so hat das eine ziemlich mystische Wirkung. Durch das trockene und regenarme Klima Bagans haben sich in vielen Tempel ausgesprochen gut jahrhundertealte Wandgemälde erhalten. Bis heute kann man dort umherschweifen und Fresken aus dem Leben Buddhas oder vom üppigen Leben am Königshofe  bewundern. Oft hat man dabei das Gefühl, von tausenden Buddhas angestarrt zu werden, so lebensecht wirken diese zum Teil noch.  Die leichtbekleideten Darstellungen von himmlischen Tänzerinnen haben auch am heutigen Tag noch etwas ausgesprochen Anmutiges an sich. Einige Fresken sind kunsthistorsich besonders interressant und da man diesen Stil heutzutage überhaupt nicht mehr in Myanmar finden kann, wird vermutet, dass hier damals sogar eine Form von Buddhismus verbreitet gewesen sein muss, die starken Einflüssen aus Tibet und China ausgesetzt war.

 

Auch heutzutage noch, gelten die meisten Tempel den Birmanen als heilig und sind immer noch in Benutzung. Doch das hat auch seine Schattenseiten. Obwohl es für die Stadt selber eigentlich kein Problem wäre und aufgrund ihrer kunsthistorischen Bedeutung eigentlich ein Muss, gehört Bagan noch nicht zum Unesco- Weltkulturerbe. Das liegt vorallem am katastrophalen Umgang der Militärregierung mit Denkmalschutz. In Bagan kommt es leider immer mal wieder zu Erdbeben. Ein besonders schlimmes Erdbeben wütete hier 1975 und zerstörte sehr viele der Tempelanlagen. Doch obwohl die Unesco dem Land Millionen für eine fachgerechte Restaurierung der Ruinen gewährte, sammelten die Millitärs lieber im eigenen Volk, um sich so als gläubige Buddhisten zu präsentieren. Innerhalb kürzester Zeit wurden tausende Tempel mit modernen Mitteln wie Beton und Massenwareziegeln wieder aufgebaut. Dass Ganze  geschah unter völliger Missachtung archäologischer Erkenntnisse und der alten Handwerkstechniken. Manche Tempel wurden mit glänzenden Fliesen, Teppichen, Klimaanlagen und Kronleuchtern ausgestattet. Führende Forscher haben dass, was da in so kurzer Zeit enstanden ist, schockiert als eine „Disneylandversion Bagans“ oder als das „radikalsteRestaurierungsprojekt der Welt bezeichnet“. Mittlerweile haben die anscheinend nicht wirklich gebildeten Millitärs nicht mehr so viel zu sagen, und internationale Experten der Unesco arbeiten Hand in Hand mit einheimischen Wissentschaftlern zusammen. Einiges ist aber wohl für immer verloren. So wurden historische Wandfresken mit Glanzlack übermalt, um sie fotogener zu machen und danach blöderweise komplett von Ameisen aufgefressen. Auch wurden ein Golfplatz sowie ein ziemlich häßlicher Aussichtsturm in Mitten der historischen Ruinen errrichtet. Das soll die Touristen erfreuen, verschandelt aber das ganze Landschaftsbild. Neuste Attraktion ist eine Rekonstruktion des historischen Holzpalastes König Anawrathas, die überhaupt nichts mit dem Orginal zu tun hat, und für die man  noch extra Eintritt bezahlen soll. Zum Glück aber lassen sich die meisten Ausbesserungsarbeiten von Weitem nicht sehen und können daher der Schönheit der  Stadt auch nichts anhaben.

Während meines viertägigen Aufenthaltes habe ich auch einen Halbstagesausflug zum bekannten Mount Popa- Berg, einer der wichtigsten Pilgerstätten des Landes, gemacht. Wie in Kambodscha, Laos und Thailand auch, hat sich in Myanmar der Buddhismus nie ganz gegenüber den alten Religionen durchsetzen können. Bis heute verehren die Menschen hier neben Buddha noch uralte Natur-, Wasser und Hausgeister. Vor fast jeden Haus und Geschäft steht ein Geisterhäusschen , indem diesen  noch fleißig geopfert wird.  So mehrwürdige Züge wie in Myanmar, hat die ganze Sache aber in noch keinem Land, dass ich bisher bereist habe, angenommen.  Dort verehren die Menschen sog. Nat- Geister. Die Nat waren usprünglich einmal besondere Menschen, die nach ihrem Ableben dann zu Geistern geworden sind und nun die Menschen beschützen und ihnen in allen Lebensangelegenheiten beistehen. Als wichtigstes Kriterium, um zu einem Nat- Geist werden zu können, gilt dabei, eines unnatürlichen und gewaltsamen Todes gestorben zu sein. Zufällig befindet sich der wichtigste Tempel für diese Nat- Geister gerade auf dem besagten Mount Popa. Beim Mount Popa handelt es sich um einen kleinen Karsthügel , der etwas oberhalb eines gleichnamigen Dorfes throhnt. In schwindelerregender Höhe, gleich eines Schwalbennestes, wird seine Spitze von einem großen Tempel gekrönt. Das ist das Hauptquartier der Nat- Geister. Das schöne am Mount Popa ist, dass es sich beim kleinen Karsthügel eigentlich nur um einen Ausläufer handelt. Denn im Hintergrund erstreckt sich der wirkliche Mount Popa, ein 1518m hoher erloschener Vulkan. Dort gibt es einen großen Naturpark rund um den Vulkankegel samt seltener Pflanzen und Wasserfälle. Vom Dorf aus kann man, sobald man sich durch den Pilgerbasar hindurchgequält hat, über 777 Treppenstufen den Tempel erreichen. Auf den Treppenstufen wimmelt es nur so von Tempelaffen und ihrem Kot. Nicht wenige Leute sind damit beschäftigt, hastig vor den Besuchern die Treppenstufen zu wischen und so etwas Geld zu erbetteln. Auf dem Weg nach oben kommt man immer wieder an kleinen Tempelchen und Schreinen vorbei, in denen es nur so von Nat- Figuren wimmelt. Die tiefe Verehrung, die die Birmanen diesen Pappmachepuppen entgegenbringen, mutetet für einen Mitteleuropäer ziemlich skurril an. Da stehen ernsthaft Menschen in einem völlig mit kitschigen Leuchtgirlanden ausgeleuchteten Raum und opfern finster dreinblickenden Puppen reihenweise Geld, Früchte und Schnaps. Das interressante dabei ist, dass es zu fast jeder dieser Geisterfiguren aus Pappe noch eine lustige Geschichte aus seinem Leben zu erzählen gibt. So war Lord Kyawswa zeit seines Lebens ein begnadeter Trinker, Glücksspieler und Rowdy. Daher opfern die Menschen ihm auch heute noch leere Bier- und Whiskeyflaschen. Gleich in der Nähe steht eins nettes altes Mütterchen mit rosa Wangen und Sonnenschirmchen. Hierbei handelt es sich um Lady Shin Nemi, der Beschützerin der Kinder. Wenn gerade Schulprüfungen sind, ist es beliebt, ihr Spielsachen oder Notizhefte zu opfern. Mehrmals im Jahr werden in Myanmar auch sogennate Nat-Pwe veranstaltet. Dabei handelt es sich um eine Veranstaltung, in dem eine als Nat-Geist verkleidete Person , vorzugsweise ein männlicher Transvertit, in einer Beschwörungszeremonie  versucht von einem Geist befallen zu werden und den Gläubigen dann dessen Meinung kund zu tun. Dazu musst diese Person oft erst einmal große Mengen Alkohohl trinken, und beginnt dann zu den Klängen eines Orchesters, bei dem die Musikanten wie wild geworden auf ihre Gongs und Trommeln einschlagen, solange so heftig zu Tanzen, bis er in einen tranceähnlichen Zustand verfallen ist und der Geist aus seinem Wunde spricht. Zugegebenermaßen, für die paar ollen Pappmachegeister und die verdreckten Treppenstufen, lohnt sich die lange Anreise zu Mount Popa nicht. Wäre da nicht der tolle Ausblick, den man von dessen Spitze aus genießen kann. Von oben kann man kilometerweit über eine flache weitläufige Ebene aus Feldern und grünen Wäldern gucken.  Während man auf der einen Seite direkt auf den Bergrücken und die von Wolken verhangene Spitze des Mount Popa- Vulkanes blickt, so lassen sich auf der anderen Seite in weiter Ferne Bergketten und die Flussbiegung des Irrawaddy  erahnen. Genau hier liegt die Ebene von Bagan mit ihren tausenden Tempeln.


Angkor- Vom kulturellem Herz Kambodschas und der einst mächtigsten Stadt der Welt

 

 

An sich wollte ich mir diesen Artikel bis ganz zum Schluss aufheben. Wie ihr an den aber immer seltener werdenden Blogartikeln sicher gemerkt habt, ist meine Freizeit immer weniger und weniger geworden. Ich bitte dies zu entschuldigen. Wir haben schließlich schon Mitte Juni. Am 24. August werde mich dann leider umumkehrbar wieder auf den Weg nach Deutschland machen und dieses mir so ans Herz gewachsene Land verlassen. Davor kommen mich aber nochmal meine Schwester samt einer Schulfreundin und mein guter Kumpel Moritz besuchen. Ihr werdet sicherlich verstehen  können, dass dadurch meine Zeit zum Blogschreiben wahrscheinlich nicht gerade mehr werden wird. Nun denn, also werde ich nun einen kleinen Beitrag über das schreiben, was mich hier so ziemlich am meisten interessiert, Kambodscha in der ganzen Welt bekannt gemacht hat, und was unverkennbar bis heute Kern –und Angelpunkt der kambodschanischen Seele ist. Die Rede ist von der Hochkultur von Angkor. Ein Kambodscha-Blog, in dem nicht zu mindest ein einziges Mal die Hochkultur von Angkor erwähnt wird, mag vieles sein, aber ein wirklicher Blog über Kambodscha wäre er nicht.

 

Zusätzlich hat nun ein weiterer Grund mich dazu veranlasst, mich wieder etwas mehr mit Angkor auseinanderzusetzten . Vergangenes Wochenende war in der gesamten Weltpresse, von Süddeutscher Zeitung und der Zeit, bis hin zum Guardian und  der New York Times, von einer der großartigsten archäologischen Entdeckungen der letzten Jahrzehnte die Rede. Mit Hilfe eines mit einer Laserkanone ausgestatteten Hubschraubers haben Archäologen das Gelände um die schon bekannten großen Tempelruinen weiträumig überflogen. Dabei handelte es sich um die weltweit bisher größte durchgeführte Untersuchung dieser Art. Mittels Lasertrahlen konnten selbst kleinste Veränderungen der Oberfläche sehr genau festgehalten werden. Nachdem man nun die dichte Vegetation am Computer herausgerechnet hatte, konnte so eine sehr genaue digitale Karte des Bodenprofils erstellt werden. Nun offenbarte sich, wie dicht hier früher einmal alles besiedelt gewesen sein muss. Kleinste Veränderungen der Bodenhöhe können z.B.ein Hinweis auf ehemalige Bewässerungsgräben sein. Im Umland Siem Reaps scheint sehr effektiv und intensiv Landwirtschaft betrieben zu sein. Zwar hatte man auch vorher schon angenommen, dass die Stadt Angkor während ihrer Blütezeit im 12. Jhr bereits über eine Million Einwohner hatte und daher mit Abstand die größte und bedeutenste Stadt der vor-industriellen Welt gewesen sein muss. Hier sollen bei weitem mehr Steine verbaut worden sein als in allen ägyptischen Tempeln und Pyramiden zusammen. Die neuen Erkenntnisse stellen aber selbst diesen Superlativ weit in den Schatten. In der Nähe des Phnom Kulen- Hochplateaus haben Archäologen jetzt die Überreste einer Stadt mit noch gewaltigeren  Ausmaßen lokaliesieren können. Die Ausmaße dieser Ansiedlung übertreffen selbt noch die heutigen Ausmaße der Hauptstadt Phnom Penh, der mit ca.2 Millionen Einwohnern größten Stadt des Landes. Zudem hat man feststellen können, dass die Khmer wesentlich fortschrittlicher waren als bisher angenommen und Bewässerungstechniicken benutzten, die man erst Jahrhunderte später für gebräuchlich erachtete. Insofern vermuten die Wissentschaftler nun, dass es sich bei Angkor um das zu diesem Zeitpunkt mächtigste Imperium der Welt handelte. Die Geschichte Südostasiens wird vermutlich noch einmal ziemlich umgeschrieben und ergänzt werden. Interresannter Weise arbeiten viele der beteiligten Archäologen bei der „Ecole française d'Extreme-Orient“. Hierbei handelt es sich um ein französisches Institut, was seit Jahrzehnten an der Erforschung der Geschichte Südostasiens beteiligt ist und die damals auch die ersten waren, die die gigantischen Tempelruinen aus dem Dschungeldickicht befreiten und der Nachwelt zugänglich machten. An deren Hauptniederlassung  in Siem Reap fahre ich übrigens jeden Morgen auf dem Weg  zur Arbeit  vorbei.

 

 

Erbaut wurden all diese Städte und Tempelanlagen von Angehörigen des Volkes der Khmer, den Urvätern der heutigen Kambodschaner.  Diese beherrschten vom 9. bis zum 15. Jhr. ein Großreich und stellten damit die wichtigste Macht in ganz Südostasien dar. Schon zuvor hatte es in der Region  mit Funan und Chenla zwei Hochkulturen gegeben. Auch diese errichteten prächtige Tempelstädte und hinterließen eindrucksvolle Monumente, auch wenn die bei Touristen nicht ganz so bekannt  sein mögen. Das Nachfolgereich namens Angkor war aber bedeutend größer. Es umfasste nicht nur das gesammte heutige Kambodscha, sondern auch Südvietnam, Laos und den Großteil  Thailands. Selbst bis ins heutige Myanmar reichten seine Ausläufer. Dadurch erklärt sich, dass man heutzutage nicht nur in Kambodscha, sondern auch weit über dessen Landesgrenzen hinaus in Thailand und Laos auf prächtige Tempelanlagen und andere Hinterlassenschaften dieser Hochkultur stoßen kann. Über die Jahrhunderte führten die Könige sehr viele Kriege und waren ständig darauf bedacht, die Grenzen des Reiches immer weiter zu erweitern und neue Beute zu machen. Gerne einmal versuchten sie auch dadurch ihren Namen in die Annalen der Geschichte eingehen zu lassen, indem sie neue Haupstädte gründeten bzw. verlegten. So wurde das Reich im Laufe seiner Geschichte zwar  von mehreren Zentren aus regiert, allerdings liegen alle davon ziemlich nahe der heutigen Stadt Siem Reap. Etwas nördlicher des Stadtzentrums liegt eine Region, die weltweit unter den Namen Angkor bekannt ist. Der Name stammt vom altindischen „Nagara“ und bedeutet schlicht Stadt. Während der Blütezeit vom 11. Bis im 13. Jhr befand sich hier das politische und religiöse Zentrum des Reiches. Hier stand der Königspalast und hier wurden auch die gigantischen Tempelanlagen wie z.B. Angkor Wat oder der Bayon-Tempel errichtet. Insgesammt konnten Wissenschaftler in der Region bisher um die 1000 Ruinen alter Tempelanlagen lokalisieren.

 

 

Wie bei vielen anderen Hochkulturen auch, gelang es den Khmer nur, solch prächtige Tempelanlagen und Paläste zu errichten  und sich derartig hochentwickelte Kunstfertigkeiten anzueignen, da sie ihre Bevölkerung außergewöhnlich gut mit Grundnahrungsmitteln versorgen konnten. Sie müssen derartig effektiv Ackerbau betrieben haben, dass es zu einem großen Bevölkerungswachstum kam. Nur so lässt sich erklären, warum genug Menschen zur Verfügung standen, um im Krieg als Soldaten zu kämpfen oder zu Friedenszeiten als einfache Bauarbeiter oder als spezialisierte Handwerker diese gigantischen Tempelanlagen zu errichten. Während in Europa im Mittelalter nahezu alle Menschen damit beschäftigt waren, ihren eigenen kargen Äckern zu bestellen, gelang das den Khmer so außergewöhnlich gut, dass die Bevölkerung zudem gigantische Tempelanlagen mit tausenden von Tempeltänzerinnen, Priestern und Hofastrologen unterhalten konnte. Grund dafür war ein enorm weiträumiges und engmaschiges System  von Staubecken und Bewässerungsgräben. Mit Hilfe dieses Bewässerungssystems konnten die natürlichen Rahmenbedingungen effektiv genutzt werde. Während es in der Regenzeit einen enormen Wasserüberschuss gab, konnte dieser durch die Staubecken reguliert werden. Während der Trockenzeit, konnten diesen dann immer noch ausreichend Wasser entnommen werden, um die Felder weiterhin zu bewässern. So konnten die Menschen damals zwei statt der üblichen einen Reisernte pro Jahr einfahren. Auch die Lage der Stadt war äußert geschickt gewählt. Etwas weiter im Norden befindet sich das Kulen- Hochplateau. Hier fallen jährlich kräftige Niederschläge. Diese flossen dann in die Ebene von Angkor hinab und speißten das Kanalsystem (auch als hydraulische Stadt bekannt). Nachdem das Wasser nicht mehr gebraucht wurde, konnte es bequem in den Tonle Sap, den größten See Südostasiens, abfleißen. Durch dieses hochentwickelte System aus Brücken, Kanälen und Staubecken kann davon ausgegangen, dass es im Reich eine große Anzahl an fähigen Wasserbauingenieuren gegeben haben muss. Zudem muss ein stramm organisiertes Staatswesen und eine gute Beamtenschaft bestanden haben, denn wie sonst hätten die aufwendigen Instandhaltungsarbeiten gestemmt werden können. Selbst heute sind noch zahlreiche der alten Anlagen hier zu finden und werden auch immer noch genutzt. Eindrucksvollstes Zeugnis der Wasserbaukunst, ist der Westbaray, ein riesiges Staubecken ein paar Kilometer westlich der Stadt. Im 11. Jhr müssen hier hundertausende Arbeiter damit beschäftigt gewesen sein, dieses 8km lange und 2km breite Becken per Hand auszuheben und die über 90m hohen Wallanlagen aufzutürmen.

 

 

Die meiste Zeit über waren die Khmer Anhänger des Hinduismus. Durch indische Händler waren sie mit dieser Religion in Berührung gekommen und hatten sie entsprechend an ihren vorherigen Glauben und ihre überlieferten  Traditionen angepasst. Zudem hat sich dieser Wissenimport vermutlich nicht ausschließlich nur auf religiöse Aspekte bezogen. Auch astrologisches Kenntnisse und Baufertigkeiten müssen so ihren Weg nach Kambodscha gefunden haben. Am häufigsten wurde Brahma, Vishnu und Shiva, die drei männlichen Hauptgötter des Hinduismus, verehrt.  Die Herrscher wussten  die Religion geschickt dafür zu nutzen, sich schon zu Lebzeiten als göttliche Reinkanartion auf Erden verehren zu lassen. Diese Gottkönigtum lieferte ihnen die religiöse Legimitation für ihre irdische Herrschaft. Auf unzähligen Inschriften in den Tempelruinen ließen sie ihre Großtaten für die Nachwelt festhalten. Nicht wenige von ihnen sind in Sanskrit, der uralten und heiligen Sprache des Hinduismus verfasst.  Bei den größten Tempelanlagen handelte es sich eher schon um richtige  Tempelstädte als denn um einzelne Gebäude. Dort verrichteten  hunderte Tempeldiener und noch ein vielfaches an rituellen Tänzerinnen ihren Dienst.  Es wurden riesige Tempelschätze angehäuft und nicht wenige von ihnen dienten auch als eine Art Hospital oder Universität und Zentrum der Gelehrsamkeit. So soll der im 12. Jhr errichte Ta Prohm-Tempel neben großen Mengen an Gold und Perlen angeblich über 12 000 Tempeldiener  und 625 Tänzerinnen beherbergt haben. Um die         800 000 Menschen waren wohl notwendig, um den Tempel ausreichend mit Reis und anderen Nahrungsmittel versorgen zu können. 

 

 

Streift man heute durch das Gebiet,so kann man auf unzählige Tempelruinen stoßen. Und dennoch ist es ein wenig schwer vorstellbar, dass hier einst eine große Stadt existiert haben soll. Denn von weltlichen Relikten wie Palästen,öffentlichen Gebäuden oder auch einfachen Holzhäusern fehlt jede Spur. Das hat einen guten Grund. Steinerne Bauwerke scheinen damals anscheinend nur den Göttern vorbehalten gewesen zu sein. Der Könispalast und auch die Wohnhäuser der einfachen Menschen müssen, ganz wie die Bauernhäuser heutzutage auch, ausschließlich aus Holz erbaut worden sein. Im warmen und regenreichen Klima haben diese Gebäude sich natürlich nicht lange erhalten können und sind heute völlig verschwunden.

 

 

Die ersten und ältesten Tempel sind daran zu erkennen, dass sie noch aus Backsteinen errichtet wurden. Später ging man dazu über, Laterit als Hauptbaumaterial zu verwenden. Beim Lateritgestein handelt es sich um eine rote und nur in den Tropen anzutreffende Form von Erde. Solange diese Erde feucht ist, lässt sie sich prima in Blöcke schneiden. Lässt man sie dann aber an der Sonne trocknen, so härtet sie aus und bildet ein stabiles Baumaterial. Der große Vorteil dieses Baumaterials  lag darin, dass Laterit leicht und überall zu gewinnen war und nicht von weit her zur Baustelle transportiert werden musste. Verkleidet wurde die Lateritbasis dann von einem großen Überzug aus Sandsteinblöcken.  Der weiche Sandstein eignete sich ausgezeichnet dafür, zu Reliefs und anderen Wandverzierungen verarbeitet zu werden. War das Gebäude dann erst einmal erbaut, machte sich sogleich eine Heerschar von Steinmetzen daran, eine Vielzahl an mythologischen Figuren aus dem Stein hervorzukloppen. Der Sandstein stammte allerdings nicht aus Siem Reap, sondern musste in mehreren großen Steinbrüchen auf dem 60km entfernten Kulen- Hochplateau gebrochen werden. Von hier aus wurde her mitels Elephanten oder Holzflößen zur Baustelle transportiert. Dabei muss es sich um einen enormen Kraftakt und eine logistische Meisterleistung gehandelt haben. Man schätzt das täglich bis zu 300 riesige Steinblöcke transportiert werden mussten, um den Baubetrieb am Angkor Wat, der größten Tempelanlage der Welt, aufrecht erhalten zu können. Die Steine wurden übrigens nicht vermauert oder ähnliches. Mit Hilfe spezieller Gerüste wurden sie solange aneinander gerieben, bis ein Stein millimetergenau auf den anderen passte.

 

 

Das Kulengebirge stellt zudem den mystischen Gründungsort des Reiches dar. Hier soll König Jayavarman II 804 n. Chr die Unabhängigkeit des Reiches erklärt und die erste Haupstadt errichtet haben. Davon zeugen bis heute tief im Dschungel versteckte Tempelruinen. Zusammen mit meiner Familie und meiner Arbeitskollegin Sreynith, haben ich dem Berg im Januar einen Besuch abgestattet. Uns hat es damals übrigens so gut gefallen, dass wir letztes Wochenende den selben Ausflug mit meiner Schwester, ihrer Freundin Melina und Sreynith noch einmal wiederholt habe. Besondere Bedeutung hat diese Bergmassiv nämlich auch dadurch, dass sich hier die Quelle des Siem Reap- Flusses befindet. Von hier aus floss das für die Menschen so überlebenswichtige Wasser den Berg hinab und ergoss sich in das ausgeklügelte Bewässerungssystem. Auch heute noch kann man die steinernen Figuren erkennen, die hier einst ins Flussbett gemeißelt wurden, um das heilige Wasser zu rituell zu reinigen. Oben auf dem Berg befindet sich viele kleine in Höhlen versteckte Pagoden und eine der wichtigsten Pilgerstätten des Landes. Zahlreiche Gläubige pilgern hier zu einem aus dem Felsen geschlagenen 500 Jahre alten Buddha. Am besten hat uns aber sicherlich eine andere Aktion gefallen. Der große Wasserfall. Hier kann das ganze Jahr in seinen schäumenden Fluten gebadet werden. Aus diesem Grund ist er bei  Einheimischen sehr beliebt und stets gut besucht. Es vergeht kaum ein Wochenende, an dem nicht schon wieder einer meiner Schüler mir stolz berichtet, dass er mal wieder im Wasserfall plantschen war.

 

 

Bezüglich der Architektur der Tempelanlagen lässt sich folgendes festhalten. Fast alle versinnbildlichen das zu Stein gewordene Weltbild des Hinduismus. Laut hinduistischer Mythologie befindet sich im Zentrum der Welt der mystische Weltberg Meru. Dieser hat schier unglaubliche Dimensionen und stellt den Wohnsitz der Götter dar. Umgeben wird er von sieben immer kleiner werdenden Bergketten, einem gigantischen Ur-Ozean und zahlreichen Inseln, unter denen schließlich dann der Kontinet der Menschen zu finden ist.  Genau diesen Weltberg sollen die meisten Tempelanlagen verkörpern. Viele wurden daher als eine Art Pyramide erbaut.  Mit der Zeit wurden diese Tempelberge immer größer und vielschichtiger. Über mehrere nach oben immer kleiner werdende Terassen gelangte der Gläubige schließlich zur Hauptplattform. Dort befanden sich zumeist fünf Turmheiligtümer, sogenannte Prasat. Der in der Mitte stehende war meist deutlich höher als die anderen. Während die Terrassen die umliegenden Bergketten darstellen sollten,  symbolisierte er den Weltberg Meru selbst und stellte einst das Hauptheiligtum der Anlage dar. Trotz der riesigen Ausmaße einiger Tempel, war das Hauptheiligtum zumeist ziemlich klein und beherberte lediglich eine einzelne Götterstatue. Man vermutet daher, dass hier nur sehr wenige Priester sowie der König selbst Zutritt hatten. Interressant ist auch die Bauart der Heiligtümmer. Meisten bestanden sie aus fünf  immer kleiner werdenden Ebenen, wobei die lezten vier eine exakte Kopie der ersten darstellten. Von außen erinnern diese sehr stark an Lotusblüten, einer hier sehr weit verbreiteten und im Buddhismus und Hinduismus enorm heiligen Pflanze. Zumindest die größeren Tempelanlagen wurden oft auch von eigenen Wassergräben umgeben oder standen sogar als Insel in der Mitte der weitläufigen Staubecken. Diese Wassergräben symbolisierten den kosmischen Ur-Ozean des Hinduismus. Neben der religiösen Bedeutung erfüllten sie eine wichtige Bedeutung bei der Bewässerung der Reisfelder. Auch aus statischen Gründen waren sie enorm wichtig. Während der Regen- und Trockenzeit schwankt der Grundwasserspiegel in Kambodscha sehr stark, weshalb auf den Fundamenten der Gebäude ständig ein anderer Wasserdruck lastete und diese schnell einzustürzen drohten. Durch den Bau der Wassergräben fanden die Architekten eine geniale Möglichkeit, die auf die Gebäude einwirkenden Kräfte das Jahr über relativ konstant und Bauwerke daher stabil zu halten. Wenn man vom Wassergraben aus das Hauptheiligtum erreichen wollte, musste oft eine lange Strecke zurückgelegt und viele Torbauten passiert werden. In vielen Bauwerken werden Eingangstor und Tempelberg von einem steinernen Gehweg verbunden. Diese „Regenbogenbrücke“ sollte eine mystische Verbindung zwischen der Welt der Menschen und der der Götter darstellen.Die Geländer zu beiden Seiten des Weges waren wie Schlange gestaltet und symbolisierten die „Nagas“, schlangenartige Fabelwesen aus der Hindu-Mythologie. Die Fassaden der Tempel und die oft mehreren Galerien um das Hauptheiligtum herum waren meist üppig mit Reliefs und Steinmetzarbeiten verziert. Viele Fassaden verfügen zudem über zahlreiche falsche Türen und kunstvoll gedrechselte Fenstergitter. Eine Besonderheit Angkors sind die Apsaras, die man zu Tausenden als Relief in den Tempelanlagen finden kann. Hierbei handelt es sich um halbmenschliche und halbgöttliche Frauen. Laut hinduistischer Überlieferung bevölkern sie den Palast des Gottes Indra, um dort durch Musik und Tanz die Götter zu unterhalten. Angelehnt an diese Apsaras waren zu Zeiten des Khmer-Reiches vermutlich tausende Frauen als Tempeltänzerinnen in den Tempeln beschäftigt. Auf diese Tradition geht auch der Apsara-Tanz zurück. Ein Ausdruckstanz, der über 3500 verschiedene Gesten kennt und eines der bekanntesten Kulturgüter Kambodschas darstellt.  In Angkor Wat, der größten Tempelanlage Kambodschas, sind über 2000 Apsaras zu finden. Jede von ihnen ist einzigartig.

 

 

Ohne Zweifel stellt Angkor Wat auch den Höhepunkt allen baulichen Schaffens dar. Die Anlage ist ganze  1,3 km lang und 1,5 km breit und wird von einem bis zu 190m breitem Wassergraben umgeben. Damit handelt es sich bei Angkor Wat um das mit Abstand größte religiöse Bauwerk der Welt. Der Petersdom oder auch die große Moschee von Mekka werden in Anbetracht dieser Ausmaße weit in den Schatten gestellt. Die fünf markanten Türme ragen bis zu 63m empor und sind der Stolz des Landes. Egal ob auf der Nationalflagge oder auch als Bild im heimischen Wohnzimmer, man kann ihnen hier unmöglich aus dem Weg gehen. Erbaut wurde der Tempel im 12. Jhr unter der Herrschaft Suryavarmans II. Auch wenn das Gebäude nie zu hundert Prozent fertig gestellt worden ist, so wurde der heute noch sichtbare Komplex in einer unglaublich kurzen Zeitspanne von nur 23 Jahren (z.Vgl am wesentlich kleineren Kölner Dom wurden über  600 Jahre lang gebaut) errichtet. Nicht nur äußerlich ist das Gebäude beeindruckend. Auch im Inneren können mehrere  hundert Meter lange Friese mit Darstellungen indischer Mythen bewundert werden. Im Gegansatz zu allen anderen Tempeln befindet sich der Haupteingang im Westen und nicht im Osten.  Dass hat einen tollen Vorteil für die Touristen. Wenn man morgens früh genug aufsteht, kann man beobachten, wie die Sonne langsam hinter den gewaltigen Türmen empor klimmt und  sich die Silhouette des Bauwerks schön in den Wasserbecken davor wiederspiegelt. Bloß sollte man nicht annehmen, hierbei  alleine sein zu können. Aber keine Sorge, dass verhindert schon das hundertfache Kamerageklicke der  Chinesen neben einem.

 

 

 

 

Der größte Khmer-König aller Zeiten war aber nicht Suryavarman der II., sonder Jayavarman der  VII. Er prägte das Gesicht Angkors wie kein zweiter. Unter ihm erreichte das Khmer-Reich seine größte Ausdehnung. Zudem schien er einem Bauwahn verfallen zu sein und ließ unglaublich viele Tempelanlagen errichten.  So erbaute er etwas weiter nördlich von Angkor Wat die neue Hauptstadt Angkor Thom. Über eines der fünf von riesigen Gesichtern gekrönten Tore gelangt man schlussendlich zum Bayon-Tempel, dem Haupttempel seiner Herrschaftszeit. Neben Angkor Wat ist der Bayon das sicherlich bekannteste Bauwerk Kambodschas. Wie ein großer Hügel ragt er aus dem Wald hervor. Einzigartig sind die zahlreichen Gesichtertürme. Auf jedem Turm blickenjeweils vier Gesichter merkwürdig weltentrückt lächelnd in eine der vier Himmelsrichtungen. Wessen Anlitz diese Gesichter tragen, ist bis heute Gegenstand wissenschaftlicher Diskussionen. Schließlich hielt unter Jayavarman dem VII. der Buddhismus Einzug nach Kambodscha. Da der Hinduismus aber immer noch weit verbreitet war, könnten die Gesichter sowohl den Hindu-Gott Vishnu als auch eine Verkörperung Buddhas darstellen. Nicht wenige glauben, dass es sich dabei ganz einfach um das Gesicht des Königs handelt. Einst verfügte der Tempel wohl über  54 Gesichtertürme, einen für jede einzelne Provinz Kambodschas.  Einzigartig sind auch die Reliefs, welche den Tempel einmal umlaufen. Im Gegensatz zu all den anderen Reliefs, zeigen sie keine religiösen Erzählungen, sondern dass Alltagsleben der einfachen Bauern. So kann man Männer beim Schachspielen oder beim Austragen von Hahnen- und Gladiatorenkämpfen beobachten. Ähnlich wie heute, betätigen sich die Frauen als Händlerinnen auf dem Markt und selbst die Snacks, die sie dort verkaufen, haben sich im Laufe der Zeit nicht wirklich verändert. Manches, zum Beispiel die Ochsenkarren, könnte man auch heutzutage ohne Probleme auf dem Lande noch beobachten. Weiterhin eindrucksvoll sind auch die Darstellungen von großen Seeschlachten auf dem Tonle Sap See. Aber nicht nur architektonisch betrachtet scheint das Khmerreich unter Jayavarman geboomt zu haben. Auch der Handel scheint nahm eine wichtige Rolle ein. So waren alle bedeutenden Zentren des Reiches durch ein gut ausgebautes Straßensystem miteinander verbunden und der König gab Order, alle 15km eine Raststätte errichten zu lassen. Zudem ließ er wohl 102 Krankenhäuser errichten, um den einfachen Menschen den Zugang zu medizinscher Versorgung zu erleichtern.

 

 

Bis heute ist es übrigens höchst umstritten, warum die Khmerherrscher über die Jahrhunderte immer größere und prächtigere Tempel errichten ließen. Sie hätten sich ja schließlich auch damit begnügen können, die Tempel ihrer Vorgänger weiter auszubauen. So viele Tempel wie errichtet wurden, konnten unmöglich alle gleichzeitig in Benutzung gewesen sein. Mittlerweile wird daher vermutet, dass viele von ihnen als eine Art Mausoleum für den König dienten, was zumindest erklären würde, warum sich jeder von ihnen seinen eigenen bauen musste.

 

 

Während des 14. Und 15. Jhr. scheint die Hochkultur von Angkor einen langsamen Niedergang erlebt zu haben. So wurde die Stadt schließlich fast komplett verlassen und eine neue Hauptstadt in der Nähe des heutigen Phnom Penhs gegründet. Die Ursachen dafür sind bis heute nicht vollständig geklärt. Eine weit verbreitete Theorie geht davon aus, dass dieser Niedergang durch ein Versagen des ausgeklügelten Bewässerungssystems verursacht worden sein könnte. Über die Jahre war das System immer engmaschiger und damit immer schwerer zu beherrschen  geworden. Dadurch, dass Jayavarman der VII. fast schon krankhaft neue Tempel errichten ließ, mussten vermutlich hunderttausende Männer auf den Baustellen schuften. Möglich ist, dass sich die Khmer mit mit ihren Bauprojekten einfach übernommen hatten und nun weniger Männer zur Instandhaltung der Kanäle zur Verfügung standen. Zu Beginn des 15. Jhr sind mehrere Wetterextrema belegt. Jahrelange Dürren wechselten sich mit Zeiten extremer Niederschläge und Überflutungen ab. Das dürfte dem ohnehin schon stark beanspruchten Bewässerungssystem den Rest gegeben haben. Zeitgleich mit dem Bewässerungssystem büßte das Reich so auch die Grundlage für seine Landwirtschaft und seinen Wohlstand ein. Möglich ist aber auch, dass durch die immer stärkere Ausbreitung des Buddhismus das Gesellschaftssystem in Schieflage geriet. Schließlich kennt der Buddhismus keine Götter und schon gar kein Gottkönigtum, auf dem wiederum aber die komplette Macht der Könige fußte. Fakt ist, dass das Reich mit der Zeit immer schwächer wurde. Im Jahre 1453 eroberten schließlich die Thaikönige von Ayuttya die Stadt und plündern alles, was nicht niet- und nagelfest war. Daraufhin verlegte der König die Haupstadt weiter in den Süden, um der Bedrohung durch die Thais zu entgehen. Möglich ist aber auch, dass sich zu diesem Zeitraum einfach die Handelsrouten verschoben und die neue Hauptstadt nun wesentlich günstiger gelegen war, um Seehandel zu betreiben. Die genauen Ursachen für Angkors Untergang werden in näherer Zukunft wahrscheinlich nicht entgültig geklärt werden können, am wahrscheinlichsten gilt allerdings eine Kombination all dieser Theorien.

 


13.04 bis 17.04.2016

Nass bis auf die Knochen- Das laotische Neujahrsfest in Luang Prabang

 

 

Während meines Aufenthaltes in Luang Prabang fand zeitgleich das laotische Neujahrsfest, oder auch „Pii Mai Lao“ genannt, statt. Dieses ist identisch mit dem buddhistischen und kambodschanischem  Neujahrsfest und wird alljährlich im April, der heißesten und trockensten Zeit des Jahres gefeiert. Traditionell werden dafür in ganz Südostasien die Häuser blitzeblank geputzt um nicht schmutzig ins neue Jahr einzutreten. Aus eben diesem Grund werden auch über mehrere Tage riesige Wasserschlachten veranstaltet. Dabei streut bzw. bewirft man andere Leute mit Mehl oder Talkumpuder. Hier durch wird der Schmutz des vergangenen Jahres symbolisiert. Dieser wird dann beseitigt, indem man entsprechender Person einen Eimer Wasser über den Kopf kippt oder sie mit einer Wasserpistole klitsche patsche nass spritzt. Sollte man gut ausgerüstet sein, kann dabei gerne auch ein Wasserschlauch zum Einsatz kommen. Beim Nassmachen sollte man keinesfalls vergessen, dem anderen „Sabadee Pii Mai Lao“ (ein frohes neues Jahr) zu wünschen. Das ist ein lustiges Unterfangen für jedermann und so wird, obwohl das Fest an sich nur vier Tage lang dauert, schon mindestens eine Woche vorher damit begonnen. In Luang Prabang nahm das Ganze fast schon apokalyptisch Ausmaße an. Überall in der Stadt gab es Wasserpistolen in allen erdenklichen Formen und Größen zu kaufen. Selbstverständlich besaß jedes Kind eine solche und auch fast jeder Tourist hatte sich eine zugelegt. Gegen 11 Uhr morgens ging es dann los. Überall begannen die Leute damit, alles was sich auch nur irgendwie bewegte mit Wasser, Farbe, perfürmiertem Wasser oder was auch immer zu übergießen. Dass konnte zum Teil echt nervig sein. Wollte man etwa ein Foto von etwas machen, so musste man höllisch aufpassen, nicht dabei seine Kamera zu zerstören. Eine wasserdichte Hülle für die Wertsachen war zwingend notwendig.  So brachte ich ganze vier Tage damit zu, völlig durchnässt in der Gegend herumzulaufen. Dass sollte sich später rechen, den im Endeffekt habe ich mir so eine kräftige Erkältung eingefangen.  Natürlich machte es aber auch riesen Spaß. Am meisten los war immer an der Uferpromenade. Dort standen von früh morgens bis Sonnenuntergang  mit Wasserpistolen, Eimern, Schläuchen und Schöpfkellen bewaffnete Leute. Diese hatten nichts besseres zu tun als jedem Moto und Autofahrer gehörig eins überzuschütten. Aber auch die wussten sich zu wehren. Luang Prabang scheint eine für laotische Verhältnisse sehr wohlhabende Stadt zu sein und sehr viele Leute besitzen hier Pickups mit großer Ladeflächen. Diese sind  super geeignet, um  einen kleinen Kampfwagen zu bauen. Dass geht ungefähr folgendermaßen: Man belädt einen dieser Pickups mit einer Horde Jugendlichen. Und zwar so dolle, dass es eigentlich viel zu viele sind, als draufpassen. Weiterhin dürfen ein paar Kisten Beerlao und eine große Tonne Wasser nicht fehlen. Wenn man nun die Musik auch noch voll aufgedreht hat, kann man den ganzen Tag immer wieder im Kreis durch die Stadt fahren. Die Jugendlichen oben drauf werden dabei klitsch nass, aber was solls! Sie tanzen bzw. hüpfen die ganze Zeit eh nur oben drauf herum, und dank der Wassertonne können sie wenigsten etwas zurückschütten. Dass war echt lustig mit anzusehen, denn manchmal kamen die Pickups überhaupt nicht von der Stelle, da sie so heillos überladen waren. Zudem floss der Alkohol  in Strömen und viele Menschen unten an der Straße, aber auch oben auf den Pickups und auch die Fahrer selbst  waren oft ziemlich betrunken. Anders als in Kambodscha scheinen die Frauen in Laos auch einen anderen gesellschaftlichen Stand zu haben und allgemein wesentlich emanzipierter zu sein. So tranken auch sie kräftig mit und manch eine schien mit ihren Freundinnen einen kleinen Wettkampf auszutragen, werden am besten möglichst sexy auf der Ladefläche herumtanzen konnte. Beides wäre in Kambodscha  aus kulturellen Gründen völlig undenkbar.  Auch ich wollte mir diese Feier nicht entgehen lassen und schloss mich einer Gruppe anderer Backpacker an. Gemeinsam verbrachten wir mehrere Stunden damit, die armen vorbeifahrenden Leute zu bespritzten. Dann lud uns eine Gruppe Laotinnen ein, ihnen auf der Ladefläche ihres Pickups Gesellschaft zu leisten. Dass war vielleicht ein lustiges Erlebnis. Wir wurden gut mit Bier bewirtet, waren alle völlig nass und fuhren trozdem guter Dinge immer neue Runden um die Stadt. Plötzlich began der Fahrer aber damit, aufs Land herauszufahren und uns wurde etwas mulmig zu Mute. Aber glücklicherweise konnten wir ihm deutlich machen, dass wir ja auch noch anwesend waren, und so wurden wir freundlicherweise wieder direkt im Stadtzentrum und nicht irgendwo mitten in der Pampa abgesetzt. Alles in allem kann man das wohl gut als eine Mischung aus Holi- Festival, Wasserschlacht und Loveparade beschreiben. Mir wird es auf jedenfall eindrücklich in Erinerung bleiben.

 

 

Dies war aber nicht die einzige Tradition, die es anlässlich des Neujahrsfestes zu bewundern gab. Während meines ersten Tages wurde morgens auf der Königsstraße ein großer Morgenmarkt veranstaltet. Dort gab es an sich alles mögliche zu kaufen, besonders oft aber kleine Papierfähnchen, die mit einem Buddhabildnis oder bunten Tieren geschmückt waren. Während ich mich zuerst noch darüber wunderte, wurde mir deren Nutzen im Laufe des Nachmittages klar. Dann machten sich nämlich fast alle Bewohner auf den Weg, in Booten zu einer kleinen Sandbank im Mekong- Fluss überzusetzten. Dort wurde dann etwas veranstaltet, was man vielleicht alls großen Sandburgenbau- Wettkampf bezeichenen kann. Gemeinsam mit der Familie, den Freunden oder Arbeitskollegen, machten sich die Menschen daran, große Sandpyramiden zu bauen. Auch das hat eine religiöse Bedeutung. Hierbei handelt es sich um Stupas, heilige Grabhügel, in denen laut Buddhismus Reliquien des historischen Buddhas aufbewahrt werden. Für viele Gläubige Buddhisten ist es daher ein großer Wunsch, dem Buddha eine eigene Pagode zu errichten bzw. zu Spenden. So viel Geld kann aber längst nicht jeder aufbringen. Undso beschränken sich die einfachen Menschen darauf, Buddha ein kleine Sandstupa zu errichten. Angeblich soll ihnen für jedes aufgetürmte Sandkorn eine Sünde vergeben werden. Zum Schluss wird das Ganze dann noch mit Mehl bestäubt und mit einer, der großen bunten Fähnchen, welche es auf dem Morgenmarkt so zahlreich zu kaufen gab, verziert. Damit wäre dieses Rätsel nun also auch gelöst!

 

 

Sehenswert  war auch die große Parade, die anlässlich der jährlichen „Miss Lao“ – Wahl veranstaltet wird. Dabei werden die schönsten Mädchen aus ganz Laos nach Luang Prabang gekarrt, in traditionelle Gewänder eingekleidet und  schließlich wird ein großer Schönheitswettbewerb veranstaltet. Jedes Jahr wird ein Mädchen zur Schönheitskönigin des  Landes gekrönt. Dass muss natürlich ordentlich gefeiert werden. Insofern wird sie in einer großen Parade mit über 5000 Teilnehmern vom Stadtzentrum zum bedeutensten Tempel der Stadt, an der Spitze der Halbinsel begleitet. Mit von der Partie sind auch mehrere hundert  Mönche. Langsam aber bedächtig schlängelt sich die Kette orangefarbener Punkte durch die Straßen der Stadt. Manch ein sehr betagter Mönch oder ein Abt des Klosters kann da aber trotztdem nicht mithalten und wird daher auf einem großen goldenen Wagen sitzend durch die Stadt gezogen. Das ganze Spektakel war überaus sehenswert. Die Straßenränder waren über und über von Touristen und Einheimischen gesäumt, denn selbstverständlich sollten auch die Mönche ihrer eigene Ladung Wasser abbekommen, um gesegnet ins neue Jahr zu gehen. Viele der Mönche schienen dabei einen Heidenspaß zu haben, doch besonders die ganz jungen machten öfters auch etwas trübsinnig dreinblickende Gesichter. Kann man verstehen, denn wer hat schon Lust, mehrere Stunden bibbernass durch die Stadt zu wandern. Aber was solls, es kommt ja nur zweimal im Jahr vor. Sobald der Zug an einem Kloster vorbeikam, krochen die Mönche rasant aus ihren Unterkünften hervor und ließen es sich nicht nehmen, ihre Amtskollegen mit einem großen Trommel- und Gongkonzert zu begrüßen. Erstaunlich viele filmten das Ganze Geschehen aber auch mit ihren Smartphones oder mit der Digitalkamera. Auch wenn die strengen Ordensregeln eigentlich etwas anderes für sie vorgesehen haben, so sind die meisten jungen Mönche technisch perfekt ausgestattet. Mit von der Partie waren aber nicht nur Mönche. Auch viele Musikgruppen (u.a. ein Bambusrohr- Orchester)  und Abordnungen ethnischer Minderheiten nahmen am Umzug teil. Besonders schön war dabei Gruppe von Hmong- Mädchen, die durch ihre bunt bestickten Trachten sofort ins Auge fielen. Höhepunkt des Umzuges war aber eindeutig Miss Lao. Sie thronte auf einem übergroßen Esel- Umzugswagen und winkte ihren Untertanen dabei anmutig zu. Sobald der Umzug das Tempelgelände erreicht hatte, kam eine weitere Tradition zur Geltung: Der Tanz der beiden Schutzgeister der Stadt. Diese heißen Pu Nyoe und Nya Nyoe und werden durch zwei überlebensgroße und sehr beharrte  Masken und eine lange Zottelmähne verkörpert. Mit dabei ist auch ihr Sohn, ebenfalls sehr zottelig, obwohl dieser nun merkwürdigerweise eher an ein Pferd als an einen Menschen erinnert. Nachdem die drei nun ein wenig mit ihren großen Kiefern herumgeklappert, ihre Zottelhaare durch die Gegend gewirbelt und ein paar Kinder erschreckt hatten, war das ganze Spektakel auch wieder vorbei. Nach dem obligatorischen Gruppenselfie konnten dann auch alle Asiaten glücklich wieder nach Hause gehen.

 

 

Mein persöhnliches Highlight hatte aber nichts mit der schönen Altstadt oder dem Neujahrsfest zu tun. Denn am 3. Tag beschloss ich zum Tad Kuang Si Wasserfall zu fahren. Dieser liegt 32 südwestlich der Stadt und gehört zweifelslos zu den schönsten Naturschauspielen, die ich bisher erleben durfte. Ein anderer Backpacker hatte mir angeboten, mir gegen ein wenig Geld sein Rennrad zu verleihen und so beschloß ich kurzerhand, die Strecke mit dem Fahrrad zurückzulegen. Dass Rad wahr qualitativ einfach super, aber in Anbetracht der ziemlich steilen Hügel, die es auf dem Weg dahin zu überqueren galt, war ich schon enorm froh darüber, endlich mal ein Rad mit vernünftiger Gangschaltung zu haben. Leider war das Neujahrfest noch nicht vorbei und so warteten hinter jeder Straßenecke dann wieder die obligatiorischen hämisch lachenden Kinder, um mir einen Eimer kaltes Wasser über den Kopf zu kippen. Nun, völlig durchnässt dort angekommen, musste ich dann auch noch feststellen, dass ca. ¾ der anderen Stadtbewohner die selbe Idee gehabt hatten und den freien Tag für einen Familienausflug nutzten. Nun denn, der Anblick des Wasserfalls entschädigte für alle Unannehmlichkeiten. Über 60m tief stürzte das türkisblaue Wasser in mehreren Kaskaden den Berg hinab. Trotz Trockenzeit war von Wassermangel nichts zu spüren. Über einen sehr steilen Pfad konnte man durch den Dschungel bis an die Spitze des Berges klettern. Dort konnte man mit den Füßen im Fluss baden und fast bis an den Rand der Klippe heranklettern. Obwohl es offiziel verboten war, konnte ich der Versuchung nicht wiederstehen und zog mir kurzerhand Hose und T-shirt aus, um im Wassefall schwimmen zu gehen. Das Wasser war angenem kühl und der Blick auf die herabstürzenden Wassermassen direkt vor dem Gesicht einfach unbeschreiblich. Am Fuße des Wasserfalls hatte eine NGO eine Bärenauffangsstation eingerichtet. Dort konnte man ein paar Bären begutachten, die aus den Klauen der Tierkosmetik- Mafia hatten gerettetn werden können. Dann hieß es aber auch schon wieder aufbrechen, denn schließlich lagen noch weitere 32 km vor mir und ich wollte umbedingt noch vor Sonnenuntergang wieder zurück in der Stadt sein.


13.04 bis 17.04.2016

Luang Prabang- Stadt der goldenen Pagoden und der Mönche

 

 

Nachdem also die vier schönen Tage im dichten Regenwald von Luang Namtha auch einmal zu Ende gegangen waren, gings es schon wieder weiter in Richtung Süden. Als nächstes Etappenziel stand Luang Prabang, die alte Königsstadt und die wohl mit Abstand schönste Stadt Laos auf dem Programm. Luang Prabang ist aber nicht nur bekannt für seine zahlreichen prachtvollen Tempelanlagen und die tausenden Mönche, die hier leben. Ebenso wie das architektonische Erbe werden hier auch die traditionellen Feiertage noch aufwendig begangen.  Was passte da besser, als dass das wichtigste Fest des Landes, das laotische Neujahr, gerade direkt vor der Haustür stand! Doch blöderweise war ich natürlich nicht der einzige, der davon erfahren hatte. Mittlerweile strömen jährlich hunderte Touristen während dieser 3 bzw. 4 Tage in die Stadt um sich die Feierlichkeiten nicht entgehen zu lassen. Das wirkt sich logischerweise ungünstig auf die Zahl der vorhandenen  Betten  und vorallem auf die Übernachtungspreise auf. Da mein Budget recht klein bemessen war, hieß es da  keine Zeit zu verplempern. Daher schnappte ich mir sofort den nächsten Nachtbus, um noch rechtzeitig dort anzukommen. Viel geschlafen habe ich zwar nicht, aber wieder einmal hatte ich großes Glück. Während fast überall die anderen Backpacker nun  50% bis doppelt so viel für ihre Unterkünfte bezahlen mussten, gelang es mir, den letzten Platz in einem netten Schlafsaal zu ergattern. Der Übernachtungspreis für diesen hatte sich kein bisschen erhöht, ganz im Gegenteil, er war sogar für normale laotische Verhältnisse noch  ausgesprochen günstig.

 

 

Bekannt ist Luang Prabang vor allem für seine scheinbar unzähligen prächtigen Pagoden und Klosteranlagen. Die  650 Jahre alte Stadt liegt ziemlich zentral gelegen in Zentrum von Nordlaos am Zusammenfluss des Mekong und des Nam Kha Flusses und wird von hohen Hügeln eingekesselt.  Aus diesem Grund war die Stadt über Jahrhunderte die Haupstadt des Landes. Und obwohl die Regierungsgeschäfte mittlerweile im ziemlich gesichtslosen Vientiane abgewickelt werden, blieb die Stadt jahrelang der Herrschaftssitz des laotischen Königs. Zumindest bis 1975 die Kommunisten die Macht an sich rissen und diesen ins Arbeitslager verfrachteten. Aber noch immer gilt die Stadt als das religiöse und kulturelle Zentrum des Landes und hat so ein bisschen den Charm einer heimlichen Hauptstadt. Benannt ist die Stadt übrigens nach der sog. „Pha Bang“- Statue, der wichtigsten und höchstverehrtesten Buddhastatue des Landes. Diese haben die Laoten übrigens einst vom König von Kambodscha geschenkt bekommen, der so ihren Glauben an diese neue Religion zu verfestigen wollte. Wie das mit heiligen Statuen oft so ist, ist diese für sich gesehen nicht wirklich sehenswert, dafür ist aber der kleine Tempel, in der diese aufbewahrt wird, aber umso schöner und überbordender verziert.

 

 

Den Reiz der Stadt macht die auf einer Halbinsel zwischen Mekong und Nam Kha Fluss gelegene und nahezu komplett erhaltene Altstadt aus. Hier sind nicht nur über 30 Tempel-und Klosteranlagen zu finden. Auch viele prächtige französische Kolonialvillen und typische laotische Holzhäuser sind erhalten geblieben. Aus diesem Grund hat die Unesco der Stadt im Jahre 1996 auch den Titel eines Weltkulturerbes verliehen. Und diesen Titel trägt die Stadt zurecht, schließlich ist sie die am besten erhaltene Stadt Südostasiens. Glücklicherweise konnten dem auch der Bürgerkrieg (Vietnamkrieg)  und amerikanische Bombardierungen nichts anhaben. Und das will was heißen, schließlich ist Laos immer noch das mit Abstand am heftigigsten bombardierte Land der Welt. Hier fielen deutlich mehr Bomben als z.B. in Afghanistan und sogar noch mehr als auf Deutschland während des 2. Weltkrieges. Und auch in hundert Jahren wird man es unmöglich schaffen können, alle dieser hochgefährlichen Kriegshinterlassenschaften zu entschärfen.

 

 

Noch immer existieren hier auf kleinstem Raum unzählige Pagoden und es ist nahezu unmöglich, mehr als fünf Minuten in eine bestimmte Richtung zu gehen, ohne nicht sogleich wieder auf eine neue zu stoßen. Auch das Mönchstum hat sich als Institution erhalten können, sodass einem hier auf Schritt und Tritt in safrangelbe Roben gekleidete alte Männer und viele kahlgeschorene junge Novizen begegnen. Angeblich leben hier fast 2000 Mönche. Und das in einer Kleinstadt mit etwa 35.000 Einwohnern.  Besonders schön sind die Pagoden, die im nur hier verbreiteten Luang- Prabang Stil erbaut wurden und sich sehr deutlich von den Pagoden in Kambodscha unterscheiden. Hauptmerkmal des Baustils sind die geschwungenen und mehrfach übereinander gestaffelten Satteldächer, welche oft fast bis an den Boden reichen. Das verschafft der Pagode ein bisschen das Aussehen, als würde sie gleich in Richtung Himmel abheben wollen. Mit Hilfe der Architektur soll dabei die religiöse Lehre zum Ausdruck gebracht werden. So versinnbildlichen drei übereinander geschachtelte Dächer die drei Ebenen des Seins und sieben die sieben Stufen der Erleuchtung. Oft sind an den Ecken der geschwungenen Dächer auch nach oben gerichtete Zacken zu finden. Diese sollen Flammen symbolisieren und böse Geister aufspießen, um sie so vom Betreten der Pagode abzuhalten. Einzigartig für Laos ist auch das mittig auf dem Dach befindliche Dachornnament namens „dook so faa“. Dabei handelt es sich um eine Reihe kleiner Sonnenschirme, welche das Universum darstellen sollen. Befinden sich ganze 15 davon in einer Reihe, so weiß man, dass ein Tempel eine enorm wichtige Bedeutung hat und unter dem besonderen Schutz des Königs steht (Sollte dieser Abschnitt etwas schwer verständlich sein, guckt euch am besten die Bilder zu diesem Artikel an. Dann werdet ihr bestimmt leichter  verstehen, was mit übereinander gestaffelten Dächern und flammenähnlichen Zacken gemeint ist.)  Von Außen sind die Tempel sehr üppig mit goldenem Schnitzwerk und Blumenornamenten verziert. Oft sind in Türbögen oder Fensterläden kleine mythologische Figuren eingeschnitzt. Auch an goldenen Reliefs, Stuckarbeiten, Schablonenmalereien oder in der Sonne glänzenden Glasmosaiken herrscht kein Mangel. Diese Pracht setzt sich auch im Inneren fort. Neben hunderten Buddhastatuen erzählen hier bunte Wandfresken oder Schablonnenmalereien Geschichten aus Buddhas Leben oder aus dem Ramayana- Epos.  In manch einer Pagode kann man aber auch ziemlich krasse und grauenvolle Darstellungen der buddhistischen Hölle betrachten. Sie sollen dem Gläubigen verdeutlichen, was ihn erwarten kann, sollte er sich nicht an die Regeln und Gebote halten. So sind Dämonen gerade damit beschäftigt, nackte Menschen in Öl zu sieden oder bei lebendigem Leibe zu zersägen. Besonders beliebt ist auch das zerschmettern von Gliedmaßen an mit Dornen besetzten und kakteenartigen Pflanzen. Tja, das Märchen vom angeblich so friedvollen Buddhismus ist vermutlich einfach nur eine Erfindung irgendwelcher merkwürdigen Hippies. Zumindest scheint es sich dabei um ein in Westeuropa weitverbreitetes Klischee zu handeln. Spürbar friedfertiger oder auch deutlich grausamer als in Deutschland sind die Menschen hierkeinesfalls.

 

 

Zwar mag die Pagode das Zentrum der Anlage sein, oft gehören aber noch viele weitere Gebäude zum Klosterkomplex mit dazu. Hierbei handelt es sich um Wohnhäuser für die Mönche, Schulgebäude oder auch medizinische Einrichtungen. Zudem gibt es meist noch viele Stupas, in denen die Asche der Toten aufbewahrt wird. Auch verfügen die meisten Anlagen über einzelne Häuser in denen etwa die Boote, welche zu den traditionellen Bootsrennen zum Einsatz kommen, oder große Holzglocken und Trommeln aufbewahrt werden, auf die die Mönche bei wichtigen Anlässen kräftig eintrommeln. Manch eine Pagode verfügt auch über eine Bibliotek in der die heiligen Texte aufbewahrt werden. Um sie besser vor Ratten und Ungezwiefer zu schützen, sind sie immer auf Pfählen errichtet.  Während des Neujahrsfestes waren am Eingang vieler Pagoden etwas merkwürdige  und aufwendig geschmückte Gerätschaften aufgestellt. Sie erinnerten ein wenig an große Wasserrutschen. Oben füllte man ein wenig perfürmiertes Wasser hinein. Dieses floss dann die schlangenförmige Rutschbahn hinab in einen großen Kasten. Dort war reichlich Platz, um alle möglichen Buddhastatuen aufzustellen. Auf diese Art und Weise werden während des Festes die heiligen Statuen rituell gesäubert und gesegnet.

 

 

Das beliebteste Fotomotiv der Stadt und die mit Abstand schönste Pagode des Landes ist ein Tempel namens Wat Xieng Thong. Besonders hat die mir mit Glasmosaiken geschückte Bibliothek und die Darstellung des Baums des Lebens auf der Rückseite gefallen. Sie erzählen sowohl vom einst prächtigen Leben am Königshof von Luang Prabang als auch vom bescheidenem Leben der einfachen Bauern auf dem Lande. Wat Xieng Thong  ist auch die einzige Pagode, welche die Jahrhunderte ohne Plünderung und Brandschatzung überstanden hat. Sie wurde gerade erst mustergültig renoviert. Zwar sind viele Pagoden immer noch von den Narben der Zeit gezeichnet, aber mittlerweile haben Hilforganisationen damit begonnen, den Mönchen wieder die traditionellen Bautechniken näher zu bringen, sodass diese die Restaurierung ihres eigenen Reiches wieder selbst in die Hand nehmen können.

 

 

 Schön ist auch der heilige Tempelberg Phou Si, welcher mitten in der Stadt gegenüber des alten Königspalastes und heutigen Nationalmuseums gelegen ist. Sollte es nicht gerade wie in meinem Fall nebelig sein, kann man von oben einen schönen Blick über die Altstadt, den Mekong und die Berge der Umgebung genießen. Dort verehrt man (mal wieder) einen angeblich Fußabdruck Buddhas . Die goldene Stupa auf seiner Spitze ist von überall in der Stadt gut zu Erkennen.

 

Gleich schon am ersten Tag hatte ich das Glück etwas erleben zu dürfen, was in fast allen Reiseführern als „Must to do“ in Luang Prabang angepriesen wird. Den allmorgendlichen Almosengang der Mönche. Nachdem dass Morgengebet beendet ist, machen sich die Mönche jedes Klosters in einer langen Schlangen  auf den Weg, um von den Gläubigen Essensspenden zu erbetteln. Diese knien schon geduldig am Straßenrand und schaufeln den Mönchen einem nach dem anderen eine große Kelle Reis in seine Almosenschale. Diese Tradition besteht schon seit vielen hundert Jahren. Da die Mönche den ganzen Tag mit beten zubringen, können sie nicht selber für ihren  Lebensunterhalt sorgen und sind daher auf Spenden von der Menschen angewiesen. Im Gegenzug dafür spenden sie den Gläubigen Segen und stehen ihnen in allen Dingen des Lebens zur Seite. Während des Rituals wird nicht gesprochen. Die Mönche gehen schweigend umher und bedanken sich nicht bei den Spendern. Schließlich geben sie ihnen ja die Möglichkeit dazu, durch ihre Essensspenden ihr Karma zu verbessern und in ein besseres Leben hineingebohren zu werden. So wirklich tief beeindruckt war ich von diesem Ritual aber nicht. Zum einen ist mir der tägliche Almosengang der Mönche schon aus Kambodscha bekannt. Zum anderen wird die Ruhe dieses Rituals aber auch stark von den vielen lauten und mit Blitzlicht fotografierenden Touristen gestört. Manch ein Tourist (vorwiegend Chinesen) setzt sich sogar selbst an die Straße und lässt sich dabei fotografieren, wie er den Mönchen irgendwas in ihre Schale wirft. Einige Klöster versuchen zudem etwas mehr Geld zu erwirtschaften, in dem sie schon fertig gepackte „Spendenboxen“ verkaufen. All das verfälscht den Charakter dieser eigentlich sehenswerten Tradition zusehends.

 


09.04 bis 12.04.2016

Dschungeltrekking im hohen Norden von Laos

 

 

 

Von anderen Freiwilligen hatte ich den Typ bekommen, dass man hoch im Norden Laos, rund um das kleine Provinznest Luang Namtha, super im Bergdschungel Trekkingtouren unternehmen könne. Etwas außerhalb  der Stadt befindet sich der 2224km^2 große Nam Ha Nationalpark, welcher für seinen dichten Regenwald und die hier vorkommenden seltenen Tierarten bekannt ist. Hier sollen u. a. noch wildlebende Tiger, Elefanten, und Bären in freier Wildbahn vorkommen. Zudem ist die Provinz für ihre  bunte ethnische Mischung bekannt, die Mehrheit der Bevölkerung wird nicht durch Tieflandlaoten, sondern durch  Angehörige von  ethnischen  Minderheiten gebildet. Diese siedeln rund um die Stadt an Bachläufen oder in entlegenen Bergdörfern. Dass  alles klang für mich reizvoll genug, sodass ich mich, nachdem ich eine Nacht in Luang Prabang verbracht hatte, am nächsten Tag gezwungenermaßen sehr früh morgens auf dem Weg machte.

 

 

Der Bus benötigte fast neun Stunden, ehe wir Luang Namtha dann tatsächlich auch erreicht hatten. Dafür war die Stecke am Wegesrand  aber unglaublich schön und beeindruckend. Immer wieder ging es  sehr steil und kurvenreich den Berg hinauf und anschließend  wieder tief ins Tal hinab. Von oben konnte man häufig einen grandiosen Blick über die zumeist noch dicht bewaldeten Bergketten und engen Täler genießen.  Dies war sicherlich eine der schönsten Busfahrten meines Lebens. Zudem war die Straße in erstaunlich gutem Zustand. Sie war nagelneu und erst vor kurzem durch chinesiche Hilfsgelder erbaut worden.  Ob es China dabei nun um Entwicklungshilfe oder doch eher um die Ausweitung seines wirtschaftlichen Einflusses geht, sei dahingestellt. Schließlich ist Nordlaos ein bedeutendes Zwischenstückauf der Handelsroute zwischen China und Thailand. Allgemein scheinen die Chinesen in diesem nahe an der Grenze zu China gelegenen Teil Laos einen enormen Einfluss auszuüben. Immer wieder konnte man am Wegesrand große Kautschuk oder Teakholzplantagen beobachten, nahezu alle waren im Besitz chinesischer Firmen. Trotz nagelneuer Straße kamen wir aber auch mehrfach ziemlich üblen Unfällen vorbei, die wohl auf die schwierigen Straßenverhältnisse sowie die etwas rücksichtslose Fahrweise der Fahrer zurückzuführen sind.

 

 

In Luang Namtha hatte ich  großes Glück noch am selben Tag in einer Trekkingagency einen Trek buchen zu können. So hieß es am nächsten Morgen wieder früh aufstehen und dann zusammen mit zwei Französinnen und einem Deutschen sowie unserem Guide auf zur zweitägigen Trekkingtour durch den Regenwald im Nam Ha Nationalpark. Unterwegs gabelten wir noch einen weiteren einheimischen Führer auf. Bevor es aber  ans Wandern ging, legten wir noch einen kleinen Stop am Wegesrand an. Dort, in Mitten einer Teakholzplantage an einem kleinen Bachlauf gelegen, besuchten wir ein kleines Dorf der Volksgruppe der Lanten. Dabei handelt es sich um einer sehr kleine ethnische Gruppe, zu der lediglich  4000 Personen gerechnet werden können. Da sie bevorzugt an kleinen Flüssen siedeln,werden sie gelegentlich auch als „Bach-Laoten“ bezeichnet. Der Besuch war auf jedenfall ziemlich interressant. Viele Gebäude im Dorf waren noch im alten Stil als Pfahlhäuser erbaut worden. Etwas abseits daneben standen auf hohen Pfälen errichtete Reisspeicher, um  so die Ernte besser vor Mäusen und Ungeziefer schützen zu können. Überall liefen Hühnerund Schweine wild in der Gegend herum. Viele Frauen trugen noch die indigoblauen und  recht schlichten traditionellen Trachten. Manche saßen vor dem Hauseingang und flickten Kleidung oder sortierten Nüsse, um sie dann später für ein wenig Geldan eine große chinesische Firma zu verkaufen. Ähnlich wie alle anderen Bewohner von Minderheitendörfern, denen wir später noch begenen sollten,  waren aber auch hier die Menschen auffallend scheu und mochten es überhaupt nicht, fotografiert zu werden.

 

 

Nach diesem Einstand fuhren wir noch ein wenig die Straße nach Süden, bis wir dann abrupt in einer recht unübersichtlichen Kurve zum stehen kamen. Von dort an hieß es nur noch Aussteigen, die Böschung hochklettern und dann ab in den Regenwald.  Die nächsten Stunden vebrachten wir nun  damit, auf zum Teil recht  zugewachsenen, aber dennoch  gut begehbaren Pfaden durch den Urwald zu wandern. Da das Gelände recht bergig war, ging es dabei immer wieder auf und ab. Unser einheimischer Guide war sehr nett und zeigte und erklärte uns am Wegesrand immer mal wieder die ein oder andere sehenswerte Pflanze. Besondern interresant fand ich einen hohen Baum mit sehr dicker Rinde, aus der man Tigeröl- bzw. Tigerbalsam gewinnen kann. Hier in Südostasien ist das Öl ein sehr beliebtes Mittel gegen juckende Insektenstiche. Tigerbalsam kann man auch bei uns überall in der  Apotheke kaufen und ist  gut bei Erkältung oder Schnupfen. Einmal brach sogar eine kleine Schlange durch das Unterholz. Nach ein paar Stunden legten wir eine Verschnaufspause ein und aßen zu Mittag. Dazu wurden auf dem Boden ganz einfach zwei große Blätter ausgebreitet und jeder bekam eine Portion Reis zugeteilt. Diesen konnte man dann zu kleinen Bällchen ballen und damit sich etwas vom Hühnchen oder den anderen Gerichten, welche in der Mitte dieses improvisierten Tisches platziert waren, schnappen. Nach ca. 1 weiteren Stunde wandern, kamen wir auf einen kleinen Bergkamm und die Vegetation lichtete sich ein wenig. Hier hatte es vor ein paar Jahren einen kleinen Waldbrand gegeben. So schlecht das für den Wald auch sein mag, so konnte man nun zumindest einen schönen Blick auf die umliegenden Berge und den Regenwald genießen. 

 

 

Auf der anderen Seite des Hügels sah es dann aber schon wieder ganz anders aus. Man fühlte sich wie in eine Mondlandschaft oder in Mitten eines völlig verkohlten Schlachtfeldes versetzt. Da es gerade April und damit die wärmste und trockenste Zeit des Jahres war, hatten die Regierung den Menschen erlaubt, hier Brandrodung zu betreiben. So blieb vom einst schönen Regenwald nicht anderes über, als eine völlig verkohlte Landschaft aus der noch vereinzelt ein paar größere, angekokelte Baumstämme herausragten. Auf dieser neu gewonnen Fläche  wird nun wohl für ein paar Jahre Bergreis angebaut werden, bevor der Boden ausgelaugt ist und es mindestens wieder 30-40 Jahre dauern wird, bis es hier wieder richtiger Regenwald gewachsen ist. Zwar mag es sich dabei um die tradtionelle Wirtschaftform der hier lebenden Stämme handeln. Da die Bergdörfer aber immer stärker wachsen, benötigen die Menschen auch immer mehr Ackerfläche und roden daher auch mehr,  als wieder natürlich nachwachsen kann. Das hat gravierende Auswirkungen auf das Ökosystem.  Allgemein scheint in Laos im Moment sehr viel Waldfläche verloren zu gehen. Während späterer Busfahrten durch das Land, konnte man immer wieder deutlich erkennen, das neben der Straße erst vor kurzen gerodet worden sein musste.

 

 

Nun ging es immer weiter Hügel um Hügel entlang, bis man in der Ferne auf einem Bergrücken liegend ein kleines Dorf erspähen konnte. Das war dann auch unser Tagesziel, dass es zu erreichen galt. Nachdem wir ein wenig durch Bananenfelder und Kautschukplantagen gewandert waren, kamen wir schließlich gegen frühen Nachmittag dort an.

 

 

Das Dorf war so ziemlich  der Ort, der mir auf meiner gesamten Reise am eindruckvollsten in Errinerung geblieben ist.  Es lag unheimlich schön gelegen auf einem Kammweg eingerammt von zwei höheren  Hügeln. Da die Einwohner auch hier Fremden gegenüber  ziemlich scheu eingestellt waren, war es uns nicht erlaubt, im Kreise des Dorfes zu nächtigen. Das machte aber nichts, den eigens für die Trekkingtouristen war eine kleine Hütte am oberen Ortsende errichtet worden, von der man einen tollen Blick über das Dorf und die umliegenden Hügel genießen konnte. Von hier aus hatte man einen schönen Blick auf die Felder der Menschen und den dichten Regenwald rund um das Dorf herum. Besonders gegen Sonnenuntergang und in den frühen Morgenstunden wurde das Alles  durch das matte Licht theatralisch  Szene gesetzt. Doch leider hatte auch hier schon wieder eine chinesische Firma damit begonnen, großflächig um das Dorf herum Kautschukbäume anzupflanzen. Dass es sich hier eingentlich um einen Nationalpark handelt, scheint eher nebensächlich gewesen zu sein.

 

 

Im Dorf lebten vorwiegend Angehörigen des Volkes der Akha. Dieses Volk zählt ca. 450.000 Angehörigen und ist außer in Laos noch im Norden Vietnams, Thailands sowie in Nordostmyanmar und Südchina anzutreffen. Zwar waren Fortschritt und Moderne schon in Ansätzen zu erkennen, aber trozdem machte das Dorf in weiten Teilen noch einen recht usprünglichen Eindruck. So verfügten einige Bewohner schon über Motorräder mit denen sie gekonnt die steile Haupstraße auf und abzischten und manch eines der Pfahlhäuser verfügte sogar über Dachziegeln und eine kleine Solarzelle, um zumindest ein wenig Strom produzieren zu können. Auch an einen kleinen Dorfladen in dem man Süßigkeiten oder eine Kiste Beerlao, dem Lieblingsbier der Laoten, erstehen konnte, fehlte es nicht. Sehr viele Häuser waren aber immer noch im alten Stil aus Holz und Blattwerk erbaut. Viele dieser Häuser sind traditionell in einen Bereich für die Männer und einen anderen für die Frauen aufgeteilt.  Auch viele der alten Frauen waren noch ursprünglich bekleidet.  Akha-Frauen sind daran zu erkennen, dass sie ihr Haar unter einer großen und über und über mit silbernen Knöpfen und Münzen bestickten Haube verbergen. Diese immer einzigartig gestaltete Haube dient nicht nur modischen Zwecken, sondern hat auch den praktischen Nutzen, dass man so seine Besitztümer immer auf dem Kopf mit sich herumtragen kann. Auch die Männer und die Kinder hatten ein zum Teil amüsantes Aussehen vorzuweißen. Viele hatten meist sehr kurz geschnitte Haare, am Hinterkopf dagegen konnten sie einen kleinen Zopf vorweisen. Das kommt daher, dass man den Kindern im jungen Alter regelmäßig den Kopf schert, am Hinterkopf aber immer ein kleines Stück überlassen muss, um nicht die Geister der Ahnen zu verschrecken. Ähnlich wie bei den Ureinwohnern Kambodschas (siehe den Blogartikel über meine Reise nach Ratanakiri), ist es auch bei den Akha Pflicht, das heiratsfähige Jugendliche nicht mehr bei ihrer Familie wohnen dürfen, sondern sich eigene „Junggesellenhütten“ erbauen müssen (gilt in diesem Fall aber nur für Männer). Hierbei handelt es sich um einen winzigen kleinen hoch auf Stelzen gebauten Holzverschlag. Bevor ich auf die Idee gekommen wäre, dass sich hierbei um eine Behausung handeln soll, hätte ich es wohl eher um einen Hühnerstall oder wahrscheinlicher noch für ein Plumpsklo gehalten. Naja, die Ungemütlichkeit diese Hütte  mag aber bestimmt eine effektive Funktion bei der Beschleunigung der Partnerwahl bedeuten.

 

 

Auch das Dorfleben war spannend zu beobachten. Ich glaube, ich habe noch nie so einen Ort gesehen, an dem so viele kleine Kinder herumliefen. Und dass will was heißen, denn in hier in Asien laufen im Vergleich zum „Altersheim“  Deutschland überall viele kleine Kinder herum.  Auch die Tierwelt nahm regen Anteil am Dorfleben. So mussten wir einmal recht abrupt stehen bleiben, um einer Sau mit ihren Ferkeln Vorfahrt zu gewähren. Auch an herumstreunernden Büffeln, Hunden, Katzen und Hühnern herrschte wahrlich kein Mangel. Das es uns nach der Wanderung erst einmal nach einer kleinen Dusche gelüstet, machten wir uns auf den Weg zur einzigen Wasserquelle des Dorfes, die etwas unterhalb im Wald gelegen war. Diese schien so etwas wie der Haupttreffpunkt und Lebensmittelpunkt des Dorfes zu sein. Während die Frauen damit beschäftigt waren, Trinkwasser in großen Körben den steilen Berg hochzuschleppen, verbrachten die Männer ihre Zeit beim Kartenspielen.

 

 

Durch unseren Führer erfuhren wir dann auch einige interressante Informationen über die Glaubensvorstellungen der Menschen. Wie die meisten anderen Minderheiten in Laos auch, sind die Akha Animisten und glauben an Naturgeister sowie an die Seelen ihrer Vorfahren. Daher konnte man vor vielen Häusern und am Ortseingang  kleine Geisterhäusschen sehen, in denen sie jenen täglich Opfergaben darbringen. Zudem war am Orteingang  zentral auf dem Hügel trohnend eine große Schaukel aufgebaut. Hier bringen die Akha in einer großen Schaukelzeremonie ihren Vorfahren  einmal im Jahr Opfergaben dar, um eine gute Ernte zu erbeten. Nachdem wir  im Dorf die Nacht verbracht hatten, machten wir uns am nächsten Tag wieder auf dem Rückweg. Beim Ortsausgang kamen wir dann noch am traditionellen Geistertor des Dorfes vorbei. Hierbei handelt es sich um mehrere mit Schnitzfiguren und sonstigem religiösem Gerät behängte Holzbögen. Es markiert den Übergang zwischen der Welt der im Dorf lebenden kultivierten Menschen und Tiere und der Wildnis und Welt der Geister. Jedes Jahr wird es neu errichtet. Die meiste Zeit des Jahres über ist es streng verboten, dieses Tor zu betreten. Lediglich wärend einer Zeremonie, in der der erste frisch geerntete Reis ins  Dorf gebracht wird, ist dies erlaubt.

 

 

Von dort aus, stiegen wir immer weiter durch die Kautschukplantage hindurch ins Tal hinab. Von dort aus folgten wir immer weiter einem kleinem Flusslauf, bis wir schließlich wieder an die große Straße kamen. Am Flusslauf war die Vegetation ungewohnt dicht und einige zum Teil bestimmt 40m hohe Urwaldriesen waren zu bewundern. Besonders beeindruckend fand ich ihre riesigen Wurzel. Diese waren über und über mit Moos und anderen Pflanzen bewachsen und ragten gut 4 bis 5 Meter aus der Erde hervor. Kurz bevor wir die Straße errichten, öffnete sich der Weg zu einem kleinen Tal, in dem Angehörige der in Nähe lebenden Khmu- Minderheit, damit beschäftigt waren, auf Terrassen Reis anzubauen. Deren Dorf war dann auch das lezte, was wir auf der Rückfahrt besichtigten. Zwar war das Dorf durch die Lage an der großen Straße wesentlich moderner als das Vorherige und überall gab es Satellitenanlagen, aber trozdem standen noch viele der alten Häuser. Auch war es interressant, den Kindern beim Spielen zuzusehen. Die Jungen trugen gerade ein großes Gefecht aus, indem sie sich aus Holzröhren kleine Pistolen gebastelt hatten die sie dann mit Pflanzensamen nachluden. Zerstößt man nun einen dieser Samen mit einem kleinen Holzstock, den man in die Röhre hineinsteckt, so gab es einen lauten Knall und eine kleine Rauchwolke schoß aus der Spielzeugpistole hervor.

 

Am nächsten Tag unternahm ich dann noch eine kleine Fahhradtour, die mich an den Rändern des Hochplateaus von Luang Namtha langführte. Angeblich sollte man dabei durch mehrere Minderheitendörfer kommen, doch diese schienen sich mittlerweile so gut assimiliert zu haben, dass davon nicht mehr zu bemerken war. Die einzige Ausnahme bildete ein Dorf der Lanten, des vorher schon erwähnten sehr kleinen Volksstammes mit nur  4000 Angehörigen. Interresanterweise sind sie die einzige Minderheit, die eine eigene Schriftkultur besitzt. Im Laufe der Jahrhunderte haben sie das chinesische Schriftsystem übernommen, um ihre heiligen Texte niederschreiben zu können. So waren  am Bachlauf zahlreiche Bambusgerüste aufgespannt, auf denen sie ihr selbstgeschöpftes Papier zum Trocken aufspannen.  Gegen Abenddämmerung erreichte ich dann noch einen kleinen Berg am Stadtrand. Dort gab es ein kleines Kloster so wie eine große, erst vor kurzem erbaute goldene Stupa, die man schon von weitem in der Sonne glitzern sehen konnte. Alles in allem war diese Episode dann wohl auch der interessanteste Abschnitt meiner Laosreise.


Der Flieger auf dem Rollfeld von Pakxe- Kurze Zwischenlandung auf dem Flug nach Luang Prabang
Der Flieger auf dem Rollfeld von Pakxe- Kurze Zwischenlandung auf dem Flug nach Luang Prabang

08.04 bis 22.04.2016

Laos – Eine kleine Vorstellung des Reiselandes und der ungefähre Reiseplan

 

 

Hier folgt nun ein kleiner Bericht über den ersten Abschnitt meiner fast zwei wöchigen Laosreise. Wie ihr vielleicht persönlich oder durch das Lesen des vorangegangenen Artikels mitbekommen habt, hatte ich im April aufgrund der Feierlichkeiten anlässlich des kambodschanischen Neujahrfestes ganze zwei Wochen Schulferien. Die habe ich genutzt, um endlich mal wieder für einen längeren Zeitraum zu verreisen und neues entdecken zu können. Aufgrund der fast nicht mehr auszuhaltenten Tagesdurchnittstemperaturen und des akuten Wassermangels in Siem Reap hatte ich auch keine Scheu, mich möglichst rasch aus Kambodscha zu verabschieden. So bin ich nicht erst am ersten Ferientag aufgebrochen, sondern direkt nach den Aufräumarbeiten unseres Schulfestes gleich weiter  Flughafen gesprintet. Hauptgrund für diesen schnellen Aufbruch war aber eigentlich, dass die Flüge am Freitag Mittag deutlich günstiger als am darauffolgenden Wochenende waren.

 

Zwar gibt es in Laos relativ viele und auch gute private Busunternehmen, sodass man eigentlich überall auch gut per Bus hinkommt, doch leider war es mir nicht möglich die komplette Reise per Bus zu bestreiten. Schließlich hatte ich mir vorgenommen vorwiegend im bergigen und landschaftlich überaus reizvollen Norden des Landes herumzureisen. Da mir mit zwei Wochen allerdings nur eine recht kurze Zeit zur Vergügung stand, zumindest nicht genug um von Siem Reap aus per Bus nach Nordlaos und wieder zurückzufahren,  beschloss ich von Siem Reap aus nach Luang Prabang der alten,  und für ihre prachtvollen Tempel bekannten, ehemaligen Königsresidenz zu fliegen. Die nächsten Wochen wollte ich dann damit zubringen, mich immer weiter gen Süden Richtung Siem Reap  durchzuschlagen. Schließlich muss bedacht werden, dass aufrund der bergigen Beschaffenheit des Landes  und den vergleichweisen schlechten Straßen Busfahrten deutlich länger als bei uns dauern und man oft schon für wenige hundert Kilometer einen ganzen Tag einplanen muss. Und schlußendlich lag Luang Namtha, der nördlichste Punkt meiner Reise auch ganze 1800km von Siem Reap entfernt.

 

Beim Buchen der Flüge erhielt ich allerdings schon einmal einen kleinen, wenn auch unschönen Vorgeschmack auf Laos. Bis heute handelt es sich bei Laos nämlich um ein kommunistisches Einparteiensystem. Nach dem die Nordvietnamesen 1975 den Vietnamkrieg gewonnen und Vietnam unter kommunistischer Herrschaft wiedervereinigt wurde, gelang es auch den von ihnen massiv unterstüzten laotischen Rebellen, ihr Land zu übernemen. Mag Laos mittlerweile auch keine Planwirtschaft, sondern eine Nation mit hohen jährlichen Wirtschaftswachstumsraten sein, scheint es trozdem bisher nur AirLaos erlaubt zu sein, dass Land anzusteuern bzw. dort Inlandsflüge anzubieten. Wie auch immer, aufgrund der mangelden Konkurrenz war dieser Hinflug  jedenfalls unerfreulich teuer.

 

Laos, was wegen der Form seiner Landesgrenzen gerne auch als das „Sternschnuppenland“ bezeichnet wird, ist das einzige Land in Südostasien ohne Zugang zum Meer. Dafür ist das Land sehr stark von Gebirgenketten, welche es von Nord nach Süd durchziehen, geprägt. Lediglich 16% der Landesfläche sollen unter 2000m Höhe liegen. Eine Fahrt durch das Land gestaltet sich daher als  ständiges Auf und Ab zwischen tief eingeschnittenen Tälern und hohen Bergketten. Zudem gibt es mehrere kleine und mit dem Xienkhuang und Bolavan-Plateau zwei große Hochplateaus.  Der längste und bedeutenste Fluss des Landes ist der Mekong, welcher Laos in Richtung Süden durchfließt und zeitweise die Grenze zu Thailand bildet. Rund um die Hauptstadt Vientiane und im Süden, an der Grenze zu Thailand gibt es eine ausgedehnte Tiefebene. Diese ist aufrund der guten landwirtschaftlichen Eignung am dichtesten  besiedelt und unterscheidet sich landschaftlich nicht besonders von den  Landschaften Kambodschas. Allgemein lässt sich ein starke Nord zu Süd Aufteilung des Landes feststellen. Während es im bergigen Norden ganzjährig relativ kühl ist und es oft regnet, war der  im Süden zum Zeitpunkt meiner Reise deutlich heißer und sehr ausgedörrt. Auch wenn mittlerweile sehr viel durch Abholzung verloren gegangen sein mag, ist Laos dass mit Abstand waldreichste Land der Region und in weiten Teilen immer noch von dichtem tropischen Regenwald bedeckt. Während das Land früher noch unter dem Namen Lang Xang oder auch „Land der eine Million Elefanten“ bekannt war, so ist deren Zahl mittlerweile schon deutlich zurückgegangen. Aber noch immer leben hier um die 1000 Elefanten in freier Wildbahn.

 

Interresant ist auch die ethnische Zusammensetzung der Bevölkerung. Laos ist ein überaus bunter Vielvölkerstaat. Je nach Definition reicht die Zah der  in Laos lebenden Völker von 48 Hauptethnien biszu ca. 160 eigenen Volksstämmen. Je nach ihrer historischen Abstammung, sprachlicher Verwandschaft und ihrer Siedlungs- und Lebensweise werden die Bewohner des Landes in drei große Gruppen eingeteilt. Die größte Gruppemit ca. 68% der Bevölkerung  bilden die Lao Loum oder auch Tieflandland-Laoten genannt. Wie der Name schon sagt, siedeln sie hauptsächlich in den Tiefebenen und betreiben dort Nassreisanbau. Sie gehören alle zu den Thaivölkern und sind in im 9.und 10.jahrhundert aus Südchina nach Südostasien eingewandert.  Die Angehörigen dieser Volksstämme sind zum größten Teil Buddhisten, trotzdem üben animistische Rituale und der Glaube an Geister einen gewissen Einfluss aus. Die mit Abstand größte und wirtschaftlich und politisch bestimmende Ethnie des Landes sind die Lao. Sie stellen mit ca.60% die Mehrheitsbevölkerung und haben dem Land ihren  Namen gegeben. Die meisten Lao leben allerdings nicht in Laos selber, sondern siedeln jenseits der Grenze im Nordosten Thailands. Die zweite Gruppe mit  27% Bevölkerungsanteil sind die sog. Lao Theung oder auch "Laoten der mittleren Höhenlagen" genannt. Sie bildeten ursprünglich die Ausgangsbevölkerungs des Landes, wurden dann aber mehr und mehr von den aus China Richtung Süden wandernden Thaivölkern in bergige Randregionen verdrängt. Heutzutage  siedeln sie zwischen 300und 1000m Höhe und leben vorwiegenden von Brandrodungsfeldbau, Jagd und Viehzucht. Ethnisch gesehen gehören sie zur Sprachfamilie der Mon-Khmer-Sprachen, sie sind aber nur noch in sehr entfernten Maße mit den Khmer, den heutigen Einwohnern Kambodschas verwandt. Sie haben sich heutzutage immer noch nicht dem Buddhismus zugewandt und praktizieren wie eh und je ihre uralten Naturreligionen. Oft bedienen sie sich der Hilfe von Schamanen als Mittler zwischen Diesseits und Jenseits. Die bedeutenste ethnische Gruppe unter ihnen sind die Khmu, zu denen ca. 11% der Einwohner gezählt werden können.  Die kleinste (ca. 10% Bevölkerungsanteil), aber vielfältigste Gruppe sind die Lao Soung oder auch Berglandlaoten genannt. Hierbei handelt es sich um ein buntes und vielfältiges Mosaik diverser in Nordlaos lebender  Volksstämme. Sie gehören mehrheitlich zur chinesisch-tibetischen Sprachfamilie und sind erst in den letzten 200 Jahren aus dem Hochland Südchinas und Tibets nach Laos eingewandert. Heutzutage siedeln viele dieser Stämme sehr vertreut in Bergdörfern auf über 1000m Höhe. Zudem sind sie über die Landesgrenzen hinweg, nicht nur in Laos, sondern ebenso  im Norden Thailands ,Myanmars, Vietnams und auch noch in ihrer Ursprungsheimat in Südchina anzutreffen. Fast alle dieser zum Teil sehr kleinen Ethnien verfügen über eine eigene Sprache und Kultur und haben diese aufgrund ihrer abgeschiedenen Lebensweise  glücklicherweise bis in den heutigen Tag erhalten können. Zumeist leben sie davon, das sie den Dschungel mittels Brandrodung Felder abgewinnen und auf diesen dann Bergreis oder auch Yamswurzeln, Hirse oder Tapioka anpflanzen. Oft halten sie sich auch Büffel, Schweine und Hühner. Auch sie sind keine Buddhisten, sondern hängen tradiotionellen Stammesreligionen an und glauben daran, dass ihre komplette Umgebung von Geistern belebt ist. Oft spielen Saat- und Ernterituale sowie Ahnenverehrung in ihre Kultur eine bedeutende Rolle. Die bekannteste Ethnie bilden die Hmong, welche für ihre ausgesprochen bunten Trachten und ihre außergewöhnlichen Webfähigkeiten bekannt sind.

 

Mit den Hmong kam auch der Opiumanbau ins Land. Die hohen Berge und das warme Klima sind geradezu ideal um Schlafmohn anzupflanzen und um daraus Rohopium und später Heroin oder andere Drogen zu gewinnen. Ursprünglich bauten die Hmong nur in sehr begrenzten Maße Schlafmohn an und nutzten diesen lediglich für religiöse Zeremonien oder als Betäubungsmittel für Kranke und Alte. Die französischen Kolonialherren begannen dann aber damit, die Bergvölker dadurch auszubeuten, indem sie sie zwangen, mehr Opium zu produzieren, dieses dann sehr hoch besteurten und es gewinnbringend an bemitleidenswerte Süchtige in China weiterverkauften. Während des Vietnamkrieges bildeten die Hmong  eine eigene Rebellenarme und waren erbitterte Gegner der kommunistischen Rebellengruppen. Die CIA wiederum versuchte diese antikommunistischen Rebellen dann dadurch zu unterstützen, indem sie eigens eine eigene Fluggesellschaft ins Leben rief, um das Rohopium außer Landes zu bringen und die Drogengelder zur Beschaffung neuer Waffen zu verwenden. Dass kam den Menschen natürlich nicht wirklich zu Gute. Nach dem die Kommunisten schließlich den Krieg gewonnen hatten, mussten hunderttausende ins Ausland fliehen und werden auch heute noch von der Regierung benachteiligt. Der Opiumanbau hörte nach Ende des Krieges aber nicht einfach so auf. Im Gegenteil, das sog.“Goldene Dreieck“, die Grenzregion zwischen Nordlaos,Thailand und Myanmar entwickelte sich zum größten Opiumanbaugebiet der Welt . Mittlerweile konnten Polizei und Militär dem in Laos und Thailand weitesgehend Einhalt gebieten und der Großteil des heutigen Opiums wird nun in Afghanistan angebaut. Aber trozdem sind die Auswirkungen auf die, zumeist von ausländischen Mächten und Kriminellen missbrauchten einfachen Menschen, gravierend. Viele Angehörige der Bergvölker sind durch den Opiumanbau  drogenanhängig geworden und einige Dorfgemeinschaften und ihre Kultur drohen zu verkommen.  Bis heute ist es kein Problem in Laos Drogen zu erwerben. Mir persöhnlich wurde  mehrfach Opium oder andere Drogen zum Verkauf angeboten und ich habe immer mal wieder den ein oder anderen Backpacker getroffen, der es als unvergleichliches Reiseerlebnis betrachtete, zusammen mit Angehörigen von Bergvölkern in ihren Dörfern Opiumpfeifen zu rauchen. Leider scheint es sie nicht zu kümmern, welche Auswirkungen solch ein Verhalten auf die ethnischen Minderheiten und ihre Dorfgemeinschaften haben kann.


 04.04 bis 08.04.2016

Khmer New Year- Das größte Fest  Kambodschas

 

 

Nachdem ich in nun gut erholt von meiner, zweiwöchigen Laosreise zurück bin, habe ich nun mal wieder etwas Zeit gefunden, endlich mal wieder einen Beitrag  über  meine Arbeit zu schreiben.

 

 Schließlich gab es auch einen guten Grund, warum den Schülern und uns Angestellten auch, ganze zwei Wochen Schulferien zugestanden wurden. Dieser wird prima mit den drei kurzen Worten „Khmer New Year“ oder auch dem deutschen „Kambodschanisches Neujahrsfest“ ausgedrückt.  Beim kambodschanischen Neujahrsfest  handelt es sich um das längste und wichtigste Fest der Nation, dass alljährlich drei Tage lang, vom 13 bis 15 April zelebriert wird. Mit der Bedeutung, die es für die hiesigen Menschen entfalltet, ist es vielleicht ungefähr mit unserem Weihnachtsfest vergleichbar. Obwohl man natürlich auch mit der Familie über die Festtage zusammen kommt, ist es aber eher ein ausgelassenes und fröhliches Volksfest, als denn ruhiges und besinnliches Familienfest, wie es bei uns von Weihnachten gewohnt ist.

 

Wie der Name schon vermuten lässt, zelebrieren hier die Menschen den Übergang vom alten in das neue Jahr. Dass mag uns Westlern zwar ganze vier Monate zu spät erscheinen, und auch die Chinesen und Vietnamesen würden darüber vermutlich den Kopf schütteln, zelebrieren sie ihr Neujahrsfest doch Ende Januar/ Anfang Februar, aber es lässt sich gut mit den lokalen Gegebenheit erklären. Genauso wie dass Wasserfest Bon Om Tuk auch, liegt das Neujahrsfest, genau am Übergang zwischen den Jahreszeiten. Zum Zeitpunkt des Festes erreicht die Trockenzeit nämlich ihren Höhepunkt. Das ganze Land ist praktische ausgedörrt, staubtrocken und von den vergangenen fünf fast regenlosen Monaten ausgezehrt. Kurz nach Khmer New Year, beginnen die Regenfälle aber wieder einzusetzten , die Regenzeit beginnt und dir Natur erstrahlt wieder in üppigen grün. Insofern wird also verständlich warum die kambodschanische Definition von Neujahr erst hier, und nicht schon früher im Jahresverlauf ansetzt.

 

Allerdings ist der Begriff Khmer New Year ein wenig kurzgreifend. Zwar mögen die Khmer selbstverständlich ihre eigenen Bräuche und Traditionen haben, im Grunde genommen ist Khmer New Year aber nur eine Ausprägung des buddhistischen Neujahrsfestes. Dieses Fest wird nämlich nicht nur hier in Kambodscha, sondern zeitgleich auch in allen anderen mehrheitlich buddhistischen  Nachbarländern, sprich Thailand, Laos, Myanmar und sogar auf Sri Lanka und in Teilen Indiens begangen. Laut der buddhistischen Zeitrechnung, die sich natürlich nicht an Jesu Geburt, sondern an Buddhas Tod und seinem Eintritt ins Nirwarna im Jahre 544 v.Chr. orientiert, fand nun  der Übergang zwischen dem Jahr 2559 ins Jahr 2560 statt. Das kommende Jahr ist, da in ihm die Zahl 60 auftaucht, wieso auch immer, rituell  ein ganz besonderes Jahr. Daher wurden die Feierlichkeiten kurzerhand von drei auf vier Tage verlängert.

 

Während der vier Tage ist es in ganz Südostasien Tradition, die Häuser blitzenblank zu putzen. Jeden Nachmittag werden die Straßen von tausenden Menschen gesäumt, die sich die gigantischste Wasserschlacht der Welt liefern. Einfach alles und jeder bekommt eine Ladung Wasser oder auch Talkumpuder ab. So glauben die Menschen, all den Schmutz und die Sünden des vergangenen Jahres wieder loswerden und wie als unbeschriebene Blätter ins neue Jahr starten zu können. Manch eine böse Zunge mag aber auch behaupten, dass heutzutage wohl eher die brütende Hitze, der Spaßfaktor und natürlich auch der nicht unerhebliche Alkoholkonsum,  eher noch  stärker als der religiöse Hintergrung  der Hauptgrund für die alljärliche Eskalation darstellen. In Thailand gab es dieses Jahr aufgrund der massiven Dürre ensthafte Bedenken, ob man diese riesen Wasserschlachten wie gewohnt weiterzelebrieren sollte, doch eine Absage war der jetzigen Militärregierung dann doch wohl etwas zu riskant. Nun denn, weiterhin ist es Brauch, an mindestens einem Tag, die Pagode aufzusuchen, dort zu beten und den Buddhastatuen Ehre zu erbieten, indem man sie mit perfürmierten Wasser säubert. Viele junge Menschen zeigen ihren Respekt gegenüber  den Älteren auch dadurch , dass sie ihnen die Füße waschen.

 

Neuerdings findet in Siem Reap anlässlich des Jahreswechsels auch das sog. Angkor Sangrantan statt. Extra dafür werden im Archäologischen Park von Angkor zahlreiche Bühnen aufgebaut, die Tempelruinen stimmungsvoll mit Scheinwerfern in Szene gesetzt und fast die gesamte kambodschanischen Prominenz, eingeschlossen alle Musiker und Künstler, die etwas von sich halten, treten hier für lau auf. Auch die gesamte politische Führung, allen voran Premierminister Hun Sen, lassen es sich natürlich nicht nehmen, hier medienwirksam vor bestimmt gut einer Million ihrer Unterntanen aufzutreten.

 

Leider, leider, leider viel dies Ereignis aber genau in die Mitte meiner Ferien, sodass ich mich entscheiden musste, ob ich nun entweder in Siem Reap bleibe, um mir dieses Spektakel anzusehen, oder ob ich nicht doch lieber nach Laos fahren sollte, um meine Ferien sinnvoll zu nutzen. Schlussendlich habe ich mich dann doch für Laos entschieden, sodass ich jetzt nun über unsere Khmer New Year Mottowoche in der Schule berichten kann, aber auch diese hatte es in sich.

 

Offiziell sollten die Ferien zwar erst am 9. April beginnen. Dennoch ist es bei Childrens Dream eigentlich schon seit vielen Jahren Brauch, dass in der letzten Woche vor den Ferien nicht unterrichtet , sondern eine Mottowoche mit vielen Spielen und Gesang veranstaltet wird. Ähnlich wie vor den Weihnachtsferien, haben wir nun also auch eine Khmer New Year Mottowoche veranstaltet.

 

Zweck dieser Woche war allerdings nicht nur zu Spielen und Spaß zu haben. Gleichzeitig sollten die Kinder auch ein wenig für ihre eigene Kultur sensibilisiert werden und ihnen der kulturelle Hintergrund des Festes beigebracht werden. Daher ging es am ersten Tag der Mottowoche auch erst mal in den Computerraum, wo dann animierte Filme zur traditionellen Neujahrssage angeguckt wurden. Den selbstverständlich hat Khmer New Year, ähnlich wie alle anderen großen Volksfeste der Welt auch, eine Legende, die dem Ganzen zu Grunde liegt.

 

 

Diese geht ungefähr folgendermaßen:

 

Einst lebte auf Erden ein kleiner Junge namens Thom Mabal Kuk Meah. Er entstammte einer wohlhabenden und außerordentlich angesehen Familie und galt als überaus intelligent. So konnte er u. a. vier Sprachen fließend sprechen und war schon im Alter von sieben Jahren fähig, die heiligen Schriften der Mönche zu entziffern und zu deuten. Zudem besaß er die Gabe, sich in der Sprache der Vögel zu verständigen. Da er nicht nur außerordentlich clever, sondern auch sehr großherzig war, war er bei den einfachen Menschen äußerst beliebt. Es dauerte nicht lange, bis auch Kbel Mohat Bram (oder auch Brahma), der König des Himmels und Gott der Götter,von seiner Beliebtheit und  seinen Fähigkeiten erfuhr. Geblendet von Neid, ließ er sich dazu hinreißen, auf Erden zu steigen und Thom Mabal Kuk Meah eine Wette vorzuschlagen. So stellte er ihm ein Rätsel, von dem er glaubte, dass kein Mensch es je beantworten könne. Sollte es Thom Mabal Kuk Meah tatsächlich gelingen, des Rätsels Lösung aufzudecken,so war Kbel Mahat Bram gerne dazu bereit, seinen vier gesichtigen Kopf von seinem Rumpfe zu trennen und ihm Thom Mabal Kuk Meah zu seinem Wohle und Segen zu überlassen. Sollte es ihm aber wieder erwartend nicht gelingen, so würde Thom Mabal Kuk Meah seinen Kopf an ihn abtreten müssen. Auf diese Weise erhoffte er sich des vermeintlichen Konkurrenten zu entledigen.Das Rätsel lautete wie folgt: „Wodurch finden die Menschen ihr Glück im Morgen, am Mittag und am Abend?“ Da Thom Mabal Kuk Meah die Antwort natürlich nicht wusste, fürchtete er um sein Leben und flüchtete umgehend in den Dschungel. Nachdem er dort eine Weile umhergeiirt war, machte er, völlig ausgelaugt von Flucht und Todesangst, Rast am Fuße eines großen Baumes. In dessen Astwerk rasteten im selben Moment auch zwei Adler, sodass der kleine Junge, der Sprache der Vögel mächtig, ihnen zu Lauschen begann. Der eine Adler war gerade dabei, von der unerhörten Wette zu berichten, die Kbel Mohat Bram und Thom´Mabal Kuk Meah so eben abgeschlossen haben. „Die Antwort wird er nie erraten!“, sagte der Adler. „Und dabei ist sie doch ganz offenkundig, am Morgen finden die Menschen Freude durch das Waschen des Gesichts, am Mittag durch das Waschen der Brust und am Abend durch das Waschen der Füße“. Da dem kleinen Jungen die Antwort nun also praktisch zugeflogen war, machte er sich so gleich auf dem Weg zum König der Götter, um ihn diese mitzuteilen. Schließlich musste Kbel Mohat Bram dann seine Niederlage eingestehen, und trennte sich seinen Kopf eigenhändig ab. Mit seinem Kopf war allerdings nicht zu spaßen! Denn sollte dieser jemals auf den Boden fallen, würde  er die ganze Erde verbrennen, und sollte er jemals in den Himmel gelangen, würde er für alle Ewigkeit Dürre und Not verursachen, und sollte er ins Wasser fallen,  würde alles Wasser austrocknen. So instruirte er seine älteste Tochter, seinen Kopf auf einer Opferschale nun sicher zu einem himmlischen Tempel zu bringen. Da er nun also kopflos nicht mehr in der Lage war, den Menschen seinen Segen zu spenden, führen diese Aufgabe nun seine 7 Töchter aus, welche dafür alljährlich an Neujahr auf die Erde niederkehren. 

 

An Anlehnung an diese Sage ist es bei den Khmer auch heute noch üblich, am ersten Tag des Neujahrsfestes, sich am Morgen das Gesicht, am Mittag die Brustregion und vor dem zu Bettgehen die Füße zu waschen.

 

Weiterhin habe wir den Rest der Woche mit zahlreichen Spielen verbracht, denn an Khmer New Year ist es Tradition, die Abende mit diversen Gruppenspielen zu gestalten. Die Khmer scheinen in den lezten Jahrhunderten außerordentlich effektiv gewesen sein, was das Erfinden neuer Spiele angeht, sodass ich mich hier nur auf meine absoluten Lieblingsspieler der Mottowoche beschrenken werde.

 

Mein absolutes Lieblingsspiel war dabei „Leak  Konsaign“  oder auch das Handtuchspiel. Hierbei müssen sich alle Teilnehmer in einem großen Kreis auf den Boden setzten. Dann kommt endlich das „Handtuch“ zu Einsatz. Hierbei handelt es sich um ein, in einen Krama, den traditionellen Allzweckschal der Kambodschaner,  eingewickeltes Stück Stoff, dass auf diese Art und Weise prima einen schönen Prügel ergibt. Der Prügel wird nun also heimlich hinter dem Rücken eines im Kreis sitzenden Spielteilnehmers versteckt. Sobald dieser den Prügel entdeckt hat, darf er losstürmen und die rechts von ihm sitzende Person einmal um den Kreis jagen und solange auf sie einprügeln, bis diese in ihrer vorherigen Lücke wieder Schutz findet. Je nachdem, wer den Prügel als erstes entdeckt, kommt die rechts davon sitzende Person entweder ganz ohne Schläge weg, oder muss aber eine ordentliche Portion (natürlich nicht wirklich wehtuende)  Schläge einstecken.  Der Spaßfaktor bei diesem Spiel ist natürlich ohne gleichen und die gerade nicht involvierten Personen wird nicht langweilig, denn sie haben ja auch immer was zu gucken und zu lachen.

 

Besonders spaßig war aber auch ein Spiel, dass bei uns unter dem Namen „Tauziehen“ bekannt ist. Je mehr Schüler mitmachten, desto höher der Spaßfaktor. Am Ende der  Abschlussfeier am Freitag, dem lezten Tag vor den Ferien, wurde sogar eine Partie ausgetragen, an der locker hundert Leute, also fast die komplette Schule, mitmischten.

 

Ein weiteres amüsantes Spiel wird, dass soweit ich es noch aus meiner Kindheit kenne, als „Blinde Kuh“ bezeichnet. Zwei Schülern werden die Augen verbunden. Danach werden sie kräftig um die eigene Achse gedreht, bis sie möglichst komplett ihre Orientierung verloren haben. Nun bekommt einer der Schüler eine kleine Kuhglocke in die Hand gedrückt und muss nun dezent mit dieser auf sich aufmerksam machen. Die andere Person muss dementsprechend nun versuchen, ihn  zu fangen. Sollte dies Erfolg haben, wird gewechselt. Hierbei war es für die Kinder unmöglich die Ruhe zu bewahren und ständig wurden den Teilnehmern irgendwelche Tipps zu gerufen. Oft atmete das Spiel in ziemlichen Gejohle aus, wenn es dem einen wieder einmal nicht gelang, den anderen zu fangen, weil dieser irgendwie immer wieder entwischen konnte.

 

Höhepunkt der Woche war die große Abschlussfeier, am Freitag, dem lezten Tag vor den Ferien. Da fast alle Schüler gekommen waren, könnte man sie zu Recht auch als großes Schulfest bezeichnen. Den ganzen Vormittag hatten wir einen riesen Spaß. Dass Schulgelände war bunt mit Girlanden und Luftballons geschmückt und viele Schüler waren in ihren besten Sachen gekommen. Auch meine weiblichen Arbeitskolleginnen hatten sich schön mit  traditionellem Rock und Schal in Szene gesetzt.

 

Eröffnet wurde die Feier von einer Kindergruppe, die in traditionelle Kostüme gekleidet, ein kleines Theaterstück aufführten. Die Leute warfen ihnen zum Dank dafür ein paar kleine Geldscheine zu und sie zogen weiter von Haus zu Haus; noch so eine weitere Khmer New Year Tradition. Danach wurden mehrere Stunden lang, viele von den Spielen, die wir schon unter der Woche gespielt hatten, wiederholt. Absoluter Höhepunkt war hierbei ein Spiel, dass ein wenig an eine mexikanische Piniata errinert. Dafür hatten wir extra mehrere Tontöpfe eingekauft und diese dann mit Schüßigkeiten, Kleingeld und jeder Menge Babypuder gefüllt. Nun wurden den Spielteilnehmern die Augen verbunden und diese mussten versuchen, den Topf mit einem großen Holzstock, so zielsicher zu treffen, dass dieser zerbarst. War das dann endlich mal der Fall, stürmten die Kinder sofort los, um sich über das Kleingeld und die Süßigkeiten herzumachen. Tja, mir wurde sogarauch die Ehre zuteil, mit dem Stock auf den Topf einschlagen zu dürfen. Doch dank meiner grenzenlosen Unfähigkeit, schlug ich dreimal daneben. Was solls, dass Zugucken war sowieso viel lustiger. Manch einer errinerte dank seines mit Bapypuder bestäubten Gesicht, wohl eher an einen kleinen  Geist, als denn an einen meiner Schüler. Selbstverständlich hatten wir auch reichlich zu Essen eingekauft, so dass ein jeder ausreichend mit Softdrinks, Kecksen und Früchten versorgt werden konnte. Nach dem Essen wurde noch ein paar Minuten getanzt und wieder mal „Reise nach Jerusalem“ gespielt, bis dann die Party irgendwann auch einmal zu Ende ging. Danach räumten alle Angestellten gemeinsam auf, und als alles wieder sauber war, gingen wir daran, uns allen ein frohes Neujahr und viel Glück und Gesundheit im kommenden Jahr zu wünschen. Viel Zeit blieb mir dazu aber nicht, den ein Blick auf die Uhr sagte mir, dass ich nun schleunigst los müsste. Zuhause angekommen, ging es dann fix nochmal unter die Dusche, bevor ich mich dann direkt zum Flughafen auf den Weg machte, um meinen zweiwöchigen Urlaub in Laos anzutreten.


04.04.2016

Ostern in Kambodscha- Dürre statt Frühlingserwachen

 

Liebe Zuhörer, es folgt die aktuelle Wettervorhersage für Kambodscha: Am morgigen Tag wird es vorraussichtlich durchgehend um die 37°C warm. Die Regenwahrscheinlichkeit liegt bei unglaublichen 0%. Wenn sie Glück haben, könnte es zu vereinzelter Wolkenbildung kommen. Mit Stromausfällen oder Wasserknappheit ist zu rechnen.

 

Tja Leute, wenn auch leicht überspitzt formuliert, aber genau so sieht momentan die wettertechnische Realität in Kambodscha aus. Willkommen im April, dem Höhepunkt der Trockenzeit. Wie ihr bestimmt schon gehört habt, gibt es in Kambodscha eigentlich nur zwei Jahreszeiten, nämlich die Regen- und die Trockenzeit. Während hier fast 6 Monate am Stück überhaupt kein Regen fällt, kommt es während der Regenzeit nahezu täglich zu heftigen und teilweise lang anhaltenden Regenschauern. Mitunter stehen sogar innerhalb von Minuten ganze Straßenzüge unter Wasser.Tja schön wärs, momentan ist aber Trockenzeit. Und das bedeutet konkret, dass es seit Mitte November fast keinen einzigen Tropfen mehr geregnet hat. Das hat selbstverständlich Auswirkungen. Während es im Januar und Februar noch vergleichsweise kühl war, klettern nun die Temperaturen auf dem Termometer allwöchentlich geschwind nach oben. Jede Woche wird es heißer und heißer.

 

Das bekomme ich bei meiner Arbeit dann auch  recht deutlich zu spüren.  Die Temperaturerwärmung macht logischerweise auch vor meinem Klassenraum keinen Halt, im Gegenteil, die Hitze staut sich sogar noch unter dem Wellblechdach auf. Das freut Vireak und mich dann immer ganz besonders, da unser Ventilator ja so schön auf die Schülersitzreihen ausgerichtet ist.  Bloß hinterm  Lehrerpult ist von seiner Anwesenheit fast nichts zu spüren.  Mittlerweile sind die Reisfelder auch nicht mehr saftig grün sondern staubtrocken und abgeerntet. Überall, wo die Straßen nicht asphaltiert sind, und das sind in Kambodscha meist recht wenige Straßen, ist die Luft erfüllt vom rötlichem Lateritstaub. Dieser überzieht die ganze Landschaft mit einer feinen rötlichen Schicht. So bin ich neulich mal wieder durch ein kleines Dorf an einem Wald vorbeigefahren. Allerdings war es nicht gerade leicht, es wiederzuerkennen. Statt wie gewohnt grün, sahen die Bäume durch den Staub nun auf einmal rot aus. Der 8 km lange sowie 2 km breite Westbaray,ein vor 800 Jahren per Hand gegrabenes Wasserresovoir, ist mittlerweile nichts weiter mehr, als eine etwas groß geratene Pfütze geworden.  Vor ein paar Monaten war er noch prall mit Wasser gefüllt.  Doch statt  Schwimmen gehen ist dort nun also eher Wattwandern angesagt. Das hat allerdings auch einen Vorteil. Nun kann man mit dem Fahrrad ganz einfach über den sonst überschwemmten Seegrund fahren und die in der Mitte des Sees auf einer kleinen Insel thronende Tempelanlage besichtigen.  Und das ausnahmsweisesogar kostenlos.

 

Ein großer Nachteil liegt aber auch in der immer schlechter werdenden Luftqualität. Egal wo man ist, immer atmet man den feinen rötlichen Staub mit ein. Dass ist natürlich nicht gerade gesund. Daher sind wir in der Schule nun auch dazu übergegangen, ersteinmal denn ganzen Schulhof mit Wasser zu besprenkeln, bevor die Schüler ihn dann fegen können. So wirbeln wir zumindest nicht unnötig viel Staub auf. Ein weiterer Grund für die schlechte Luftqualität sind aber auch die zahlreichen Verkehrsabgase sowie die giftigen Dämpfe, die bei der Verbrennung von Plastikmüll enstehen. Da es aber hier nur eine sehr teure und wenig effektive Müllabfuhr gubt, wird das dennoch von der Mehrheit der Menschen hier allabendlich praktiziert. Tja so sind viele Straßen jeden Abend gegen Sonnenuntergang vom Flackern, aber vor allem auch vom Geruch der Verbrennungsfeuer erfüllt. Durch den ausbleibenden Regen werden diese Angase nun auch nicht mehr so regelmäßig aus der Luft ausgewaschen.

 

Dazu kommt natürlich auch eine latente Wasserknappheit.  Nahezu die gesamte letzte Woche lang waren wir in unserer Wg fast komplett ohne Wasser. Sprich, wenn ich duschen gehen wollte, musste ich mir irgendwo einen Eimer Wasser organisieren und ihn mir diesen dann über den Kopf kippen. Badezimmer putzen oder die Toilette spülen gestaltete sich mitunter auch recht schwierig. Zeitweise war sogar nicht einmal genug Wasser da, um das benutzte Geschirr wieder abzuspülen. Entgegen meiner Vermutung war der Grund dieses Problems aber nicht die magelhafte kommunale Wasserversorgung ode die zahlreichen wild in die Gegend gebauteten Hotesl, die der ganzen Stadt dass Wasser abzweigen. Nein, unser Vermieter war einfach nur zu faul gewesen, unsere Wasserpumpe, welche das Wasser vom Erdgeschoss in den 1. Stock befördert, zu reparieren.

Nun denn, im Moment haben wir zum Glück wieder fließend Wasser.Dafür ist heute fast denn gesamten Tag der Strom ausgefallen. Bei diesen Temperaturen draußen dann auf seinen Ventilator verzichten zu müssen, ist da natürlich auch ganz besonders angenehm. Aber soweit ich gehört habe, ist dass wohl während der Trockenzeit normal und wird im Laufe dieses Monats wahrscheinlich noch häufiger mal vorkommen. Laut Meterologen soll dieses Jahr das Wetterphänomen El Ninjo stärker sein als je zuvor in der Geschichte. Dieses führt an der Pazifikküste in Südamerika zu sinnflutartigen Regenfällen. Im Rest der Welt, u.a. in Südostasien, kommt es daher zu heftigen Dürren. Dieses Jahr geht man davon aus, dass die Dürre ganz besonders extrem werden wird. Und dass wird dann natürlich die Ernten und die ohnehin schon armen Bauern (die größtenteil ohnenhin keine vernünftige Waserversorgung haben)auf dem Lande treffen. Der hiesigen Wirtschaft, die immernoch ihm hohen Maße von der Landwirtschaft abhängt, wird vermutlich auch kräftig geschadet werden. Im Zdf habe ich heute gehört, dass es seit über 70 Jahren noch nie so trocken gewesen sei wie im Moment.

 

Aus diesem freue ich mich schon ganz besonders auf meine zwei Wochen Ferien, die ich bald bekommen werde. Dann fliege ich nämlich ins bergige und daher höher gelegene, sowie einige hundert Kilometer weiter nördliche Laos. Dort soll es wohl etwas kühler werden. Laut Reiseführer stehen meine Chancen auf ein bisschen Regen gar nicht mal so schlecht! Ach wie wäre das schön!!!

 

Trotz ausbleibenden Frühlingserwachen, haben wir uns unsere österliche Vorfreude natürlich nicht nehmen lassen. Daher namen Freya, Lina und ich den Ostersonntag zum Anlass, all unsere Arbeitskollegen zu einem gemeinsamen Osterfrühstück einzuladen. So kam es dann auch. Auf der Dachterrasse wurde ein großes Buffet aufgebaut. Zur Feier des Tages gab es u.a. Klebreiskuchen, im Bananenblättern eingewickelten süßen Reis, frittierte Teilchen, French Toast, und natürlich reichlich frische Bananen und Wassermelone. An Kecksen, allerlei frittiertem Gebäck sowie an Bananen-, Süßkartoffel -und Tarochips herrschte natürlich auch kein Mangel. Selbst eine Fruchtorte haben wir eigens für diesen Anlass eingekauft. Auch Lina hat keine Mühen geschäut  und sehr leckere Pfannkuchen auf den Tisch gezaubert.  Höhepunkt des ganzen waren aber die bunt verzierrten Ostereier. Meine Mutter hatte mir in weiser Vorraussicht, ein wenig Färbemittel in einem Paket vorbeigeschickt. Dass konnte nun endlich zum Einsatz kommen! Und so  brachte Freya den Vortag stundenlang damit zu, die Eier zum Teil mehrfarbig zu Färben, und dann noch mit Wachs, Klebeband und und und zu verzieren. Selbst Gravuren oder Bleistiftbemalungen durften dabei nicht fehlen. Dass Ergebnis waren dann aber auch die bestaussehenden Ostereier, die ich bisher verspeisen durfte.

 

Da auch unsere Gäste sich keine Blöße gaben und reichlich Speisen mitbrachten, war der Tisch bald probevoll. Kira und Paulina, zwei andere Freiwillige des VJF hatteb es sogar geschafft, einen sehr köstlichen Hefezopf hier irgendwo in Siem Reap zu erstehen. Insofern artete die gesamte Veranstaltung dann in einem mehr als üppigen „Festessen“ aus. Irgendwann waren dann alle gesättigt und machten sich, ich hoffe mal glücklich und zufrieden, wieder auf den Heimweg. Spästestens jetzt wurde es offensichtlich, dass wir ca. 4 mal so viel Essen eingekauft hatten, wie tatsächlich auch verspeist wurde. Aber was soll, diese Reste minimirten sich ja sowieso von Tag zu Tag. Und das wichtigste! Von den köstlichen Ostereiern blieb trotz all des Überflusses fast nichts über! Insofern kann ma an dieser Stelle doch von einem durchaus gelungenen Osterwochenende sprechen.

 


30.03.2016

Das Khmer- Alphabet: Ein Wirrwarr aus Strichen,Punkten und geschwungenen Bögen

 

 

Hallo, wie ihr bestimmt schon gelesen habt, habe ich mir vorgenommen, während meines einjährigen Aufenthaltes hier, möglichst viel Khmer zu lernen.  Aber zum Erlernen einer neuen Sprache gehört natürlich nicht nur das Sprechen und das Lernen neuer Vokabeln mit dazu, sondern eben auch das Schreiben. Und nun sind wir an der Stelle angekommen, wo es schwierig wird.

 

Khmer schreibt man, im Gegensatz zu anderen südostasiatischen Sprachen, wie Vietnamesisch oder Malayisch, nicht mit lateinischen  Lettern, sondern mit dem weltweit nur hier benutzten Khmer- Alphabet. Und das hat es in sich! 33 unterschiedlich Konsonaten, 24 Vokale und dazu noch 14 verschiedene Sonderbetonungszeichen gilt es zu erlernen! Na dann mal Pustekuchen!!!

 

Aber fangen wir doch einmal ganz am Anfang an. Der Ursprung des Khmer- Alphabets liegt nämlich nicht in Kambodscha selbst, sondern  auf dem indischen Subkontinent. Die Khmer- Schrift ist daher, sowohl im Aufbau als auch von der Schreibweise der einzelnen Buchstaben her,  stark mit diversen indischen Schriftarten verwandt. Vor ca. 1400 Jahren übernahmen die damaligen Bewohner Südostasiens viele Vorstellungen und Aspekte der indischen Hochkulturen. Dies betraf aber aber viele Dinge des Alltagslebens. So entwickelte sich der Hinduismus z. B. zur vorherrschenden Religion der Region. Bis heute kann man in Thailand, Laos, Vietnam, Malaysia, Indonesien und natürlich auch in Kambodscha die Ruinen jahrhundertealter hinduistischer Heiligtümer betrachten und nicht nur in Kambodscha sondern auch in Laos und Thailand haben Versionen des ursprünglich indischen Ramayana-Mythos die Entwicklung von Malerei, Musik, Tanz und Theaterkunst maßgeblich beeinflusst.  Die hier lebenden Menschen namen, diese neuen Vorstellungen aber nicht einfach so hin, sondern vermischten bzw. passten sie an, an ihre jahrtausendealten eigenen Kulturen. So machten die Khmerkönige aus dem hinduistischem Götterpantheon ein Gottkönigtum mit ihnen selbst an der Spitze und ließen sich vom Volk dementsprechend auch als Götter verehren. Sprich ohne indischen Einfluss würde  es kambodschanische Kultur in ihrer heutigen Form und die grandiosen Tempelruinen von Angkor hier überhauptnicht geben. Ein Element dieses Kulturtransfers aus Indien ist nun eben auch die Khmer- Schrift. Das kann man unter anderem auch wunderbar an jahrhundertealten Inschriften in den Tempelruinen erkennen. Diese sind nämlich entweder in Sanskrit, der heiligen Sprache des Hinduismus, oder in Khmer verfasst, wobei sich beide in diesem Stadium noch sehr ähnlich sahen. Allerdings ist Khmer nicht die einzige Schriftart hier mit indischen Wurzeln. Auch Birmesisch, Thai und Laotisch stammen ursprünglich aus Indien. So sieht Khmer der Thai- Schrift mitunter recht ähnlich, wobei Thai über die jahrunderte wesentlich simpler geworden ist. So verfügt das Thai- Alphabet heutzutage über weniger Buchstaben als die Khmer -Schrift, und die Buchstaben weisen weniger Schnörkel auf und sind daher einfacher zu schreiben (und sehen natürlich nicht so anmutig wie Khmer aus).

 

Das Erlernen eines neuen Alphabetes, und ganz besonders natürlich auch das Lesen und Schreiben einer Schriftart, die ziemlich verschieden zu unseren europäischen Sprachen ist, ist relativ zeitaufwendig. In der Grundschule hat es schließlich  ja auch ziemlich lange gedauert, bis man, nachdem man alle Buchstaben erst mal schön säuberlich in sein Heft geschrieben hatte, dann auch wirklich lesen konnte. Mit Khmer ist das natürlich auch nicht anders. Gott sei Dank, hat sich meine Arbeitskollegin Sreynith dazu bereit erklärt, mich dabei zu Unterrrichten. Wir haben einen Deal getroffen. Zweimal die Woche, so siehts es zumindest der offiziele Plan vor, treffen wir uns. Dann unterrichte ich zuerst sie, meine andere Arbeitskollegin Tiennoerm und ihre ältere Schwester in Deutsch. Im Gegengenzug bekomme ich dafür von ihr Einzelunterricht in Khmer. So haben beide Seiten etwas davon und alle können sich das Geld für einen teuren Lehrer sparen.

 

Da wir aber uns alle auch so ziemlich gut kennen und miteinander befreundet sind, ist das Ganze aber auch immer eine sehr gesellige Veranstaltung. So erzählen wir oft Witze oder reden über diesesund jenes, nur halt nicht umbedingt über das, was gerade mit dem Unterricht zu tun hätte. Da aber oft irgendwer von uns etwas zu Essen für die anderen mitgebracht hat, kommt das gemeinsame Essen dabei auch nicht zu kurz. So können samatagsvormittags aus, an sich nur 2 für Unterricht veranschlagten Stunden, auch mal ganz schnell  5 Stunden lustiges Beisammensein werden.

 

Nun, wir machen das Alles schon seit ca.5 Monaten so und mittlerweile haben alle drei in Deutsch auch schon deutliche Fortschritte gemacht und viele neue Vokabeln gelernt. Allerdings muss ich mir eingestehen, dass meinen Schülerinnen das Deutschlernen ganz schön schwierig zu fallen scheint. Das liegt zum einen daran, dass die deutsche Grammatik im Gegensatz zur Khmer- Sprache extrem komplex ist, sodass es mir selbst als Muttersprachler oft schwer fällt,zu erklären, warum man etwas im Deutschen nur so und auf diese Weise und nicht auch anders ausdrücken kann. Das ist wahrscheinlich ein häufiges Problem, wenn Muttersprachler ihre eigene Sprache unterrichten, da man selber die Grammatik der Sprache mehr oder weniger von seinen Eltern übernommen hat, und nicht erst in der Schule ewig Regeln pauken musste. Daher weiß ich oft einfach gar nicht, was für grammatikalische  Regeln es im Deutschen überhaupt gibt, da man diese oft ja automatisch schon richtig anwendet. Ein anderes Problem ist die Aussprache. Deutsch ist eine Sprache, die für viele Nicht-Deutsche sehr hart und unrhytmisch klingt. Für einen Kambodschaner, der es gewohnt ist, recht hohe, fast schon krächzende, Töne zu Bilden, ist dass natürlich ganz besonders schwer. Schließlich bilden wir sehr viele Laute mit dem Rachen und so fällt die Aussprache von ch, ß und sogar von einem einfachen e ihnen sehr schwer. Ganz zu schweigen dann einmal von Ä,Ö und Ü. Zum Glück haben uns aber unsere Vorgänger in der Wohnung zwei wunderbare Deutschlehrbücher zurückgelassen, an denen ich mich beim Unterrichten orientieren kann.

 

Im Gegenzug ist dass Erlernen des Khmer-Alphabets aber auch nicht umbedingt ein Selbstläufer. Ich habe dass große Glück, dass Sreynith bei uns als Lehrerin im Kindergarten arbeitet und daher schon einige Erfahrung darin hat, die Schrift zu unterrichten. So hat sie dort im vergangenen Jahr schon einmal den Kindern das Lesen und Schreiben beigebracht. Daher durfte ich mir dann auch einfach eines der Schulbücher ausleihen, das wir jetzt von Seite zu Seite durcharbeiten. Das Buch ist allerdings darauf ausgelegt, kleinen Kindergartenkindern das Lesen beizubringen, und daher mit zahlreichen kleinen Bildchen geschmückt. Anhand der Bildchen soll einem das Lesen dann natürlich leichter fallen. Tja, dass mag auf die kleinen Kinder zweifelsohne zutreffen, da sie natürlich schon fließend ihre eigene Muttersprache sprechen können, bevor sie mit dem Lesenlernen anfangen. Mir dagegen bringt es natürlich eher weniger, außer, dass ich nach der Stunde manchmal  ein paar neue Wörter kenne.

 

Die Khmer- Schrift verfügt über 24 verschiedene Vokale, die es zu erst zu Erlernen gilt. Sie werden zwar alle unterschiedlich geschrieben, die große Schwierigkeit liegt für mich allerdings darin, dass viele einen ähnlichen Klang aufweißen. Insofern ist es manchmal schwierig, etwas Gehörtes korrekt aufzuschreiben, geschweige denn korrekt auszusprechen. Hat man diese ganzen Vokale nun einmal gelernt, lassen diese sich wiederum mit 33 unterschiedlichen Konsonaten kombinieren. In der Regel wird daher einem Konsonaten auch immer ein Vokal angehängt, sprich, es gibt also für jeden der 33 Vokale 24 potienzielle Kombinationsmöglichkeiten. Nun gilt es also jeden einzelnen Konsonanten zu erlernen und mit allen 24 möglichen Vokaloptionen ständig durchzukombinieren. Aber auch das ist leider nicht so ganz einfach. Viele Konsonaten unterscheiden sich in ihrem Klang zumindest für meine Ohren recht geringfügig. So gibt es alleine 8 Konsonaten die in ihrem Klang irgendwo zwischen dem deutschen Buchstaben D und T liegen. Daher hatte ich besonders am Anfang öfters mal Schwierigkeiten, diese richtig auseinander zu halten. Aber wie bei jeder Sprache, gewinnt man mit der Zeit an Erfahrung hinzu und mittlerweile fällt es mir deutlich einfacher. Was allerdings noch erschwerend hinzukommt, ist, dass alle Konsonaten sich entweder in eine sog. A oder O –Reihe einteilen lassen. Dass führt dazu, dass sich trotz gleicher Schreibweise, der Klang der Vokale nach bestimmten Gesichtspunkten verändert. Es gilt daher auch zu lernen, die Konsonaten nun richtig der entsprechenden Reihe zuzuordnen und zu wissen, inwiefern sich dann der Klang der entsprechenden Vokale verändert. Bis auf einige wenige Ausnahmen, verläuft diese Klangverschiebung aber sehr regelhaft, sodass sich das Ganze nun wahrscheinlich schlimmer anhört, als es eigentlich ist. Hat man nun also einmal gelernt, alle 33  Konsonaten richtig zu schreiben und mit allen 24 Vokalen (die ja wiederum nach Reihenzuordnung ihren Klang verändern können)zu Kombinieren, dann ist man leider auch noch nicht ganz am Ziel angelangt. Denn blöderweise gibt es noch ganze 14 Sonderbetonungszeichen, die nach gewissen Gesichtspunkten den Klang dieser Konsonat- Vokalkombinationen auch noch verändern können (so klingt dann ein Konsonat der O - Reihe auf einmal wie ein Konsonat der A-Reihe). Außerdem verfügen alle 33  Konsonaten sowohl über eine Groß- und Kleinschreibweise, die auch noch erlernt werden will. Dass wiederum bedeutet, dass man nicht nur Konsonaten und Vokale miteinander kombinieren kann, sondern eben auch zwei Konsonaten hintereinander mit einem Vokal (dabei werden dann zwei Konsonanten untereinander geschrieben). Das erweitert den Spielrahmen der möglichen Klangkombinationen natürlich ungemein.

 

Nun denn, eine weiterer grundlegender Unterschied der Khmer- Sprache zu Deutschen ist die Art, wie man einen Satz notiert. So ist etwas wie Groß- oder Kleinschreibung am Satzanfang oder bei Nomen gänzlich unbekannt. Im Gegenteil sogar, es werden nicht einmal Lücken zwischen einzelnen Wörtern gelassen und Kommata oder so etwas scheint es auch nicht zu geben. So ist ein Satz dann nichts anderes als eine lückenlose Abfolge irgendwelcher Buchstaben. Daher ist es sehr schwer unterschiedliche Wörter von einander zu unterscheiden sofern man diese nicht schon kennt. Manchmal hilft einem dabei eine Art stummer Konsonant, oft ist es aber für mich auch schwierig, zu erkennen, ob dieser Konsonat nun entsprechend stumm ist oder nicht.

 

Auf Grund all dieser Schwierigkeiten, glaube ich nicht, dass ich bis zu meiner Rückkehr nach Deutschland, dass Lesen dieser Schrift voll und ganz erlernen werde. Schließlich bleiben mir dazu ja auch gerade einmal noch fünf Monate Zeit. Aber es ist auch nie mein Ziel gewesen, längere Texte oder gar Bücher in Khmer lesen zu können. Wozu all so nun die ganze Arbeit auf sich nehmen?

Ich muss sagen, dass das Lernen der Schrift für mich einen ganz klaren Vorteil hat. Sobald man nämlich erst einmal den Klang Konsonaten und Vokale kennt, fällt es einem natürlich auch wesentlich leichter, diese auszusprechen. Dass hilft mir nun also beim Lernen neuer Vokabeln ungemein. Während ich früher einfach nur versucht habe, ein neues Wort einfach in unseren Buchstaben aufzuschreiben, kann ich es nun auch in Khmer nachschlagen und aufschreiben. Bin ich mir dann nicht mehr sicher, wie genau ich es auszusprechen habe, kann ich es ganz einfach selber nachlesen und muss nicht erst noch meine Arbeitskollegen oderso nachfragen. Zudem ist es ein echt tolles Gefühl, vor einem Laden oder Straßenschild zu stehen und versuchen, den Namen in Khmer zu lesen. Meistens steht er nämlich irgendwo in englischer Übersetzung direkt daneben. So kann ich dann auch gleich überprüfen, inwiefern ich meine Lesefähigkeiten schon gebrauchen kann. Einmal habe ich mich sogar sehr darüber gefreut. Da ist mir nämlich aufgefallen, dass ein Ladenbesitzer anscheinend den Namen seines Geschäftes fehlerhaft übersetzt hatte. So etwas wäre mir natürlich vorher nie im Leben aufgefallen.


Beim Khmer lernen
Beim Khmer lernen

30.03.2016

Mein Alltag- Khmer lernen für Anfänger

 

Sei gegrüßt, werter Leser. Da ich in letzter Zeit leider etwas krank war, bin ich erst jetzt mal wieder dazugekommen, einen neuen Blogeintrag zu verfassen. Dabei soll dieser Beitrag nun eigentlich etwas Besonderes werden, denn hierbei handelt es sich außnahmsweise mal nicht um einen Erfahrungs- oder einen Reisebericht. Nein, ganz im Gegenteil, hier möchte ich ein bisschen über meinen Alltag berichten.

 

Bevor ich nach Kambodscha aufgebrochen bin, habe ich mir nämlich eines fest vorgenommen. Ich möchte diesem Jahr hier möglichst soviel Khmer erlernen, wie es nur geht. Schließlich habe ich in der Schule, lediglich Englisch gelernt und als zweite Fremdsprache Latein gewählt. Wärend  das Sprechen  der ersten Sprache mir  über die Jahre immer leichter gefallen ist, ist mir vom Lateinischen nicht all zu viel präsent geblieben. Zumindest kann man Latein bekanntlichermaßen ja heutzutage nirgendwo mehr sprechen, weshalb ich es auch immer wieder bereue, mich damals nicht für eine Weltsprache wie Spanisch oder Französisch  entschieden zu haben. Nun hatte ich also endlich mal wieder die Möglichkeit, eine neue, praktisch anwendbare Sprache zu erlernen, und bisher bemühe ich mich auch immerhin noch standhaft darum, diesem Vorhaben auch nachzukommen.

 

Was, betrachtet man die reinen Fakten, zumindest vom Verhältnis zwischen Aufwand und Nutzen eigentlich ziemlich blödsinnig  ist. Schließlich ist Siem Reap eine Stadt, die wirtschaftlich fast vollständig vom Tourismus abhängig ist. Insofern sprechen hier überdurschnittlich viele Leute Englisch, sodass man sein Alltagsleben zumindest mehr oder weniger bequem auf Englisch regeln kann. Zum anderen ist Khmer zwar die alleinige Amtssprache Kambodschas, allerdings gibt es weltweit gesehen lediglich 16 Millionen ethnische  Khmer, sodass diese Sprache natürlich niemals das Potenzial dazu haben wird, eine international bedeutsame Sprache zu werden. Daher wird Khmer außerhalb Kambodscha auch nur in einer angrenzenden Provinz Thailands sowie im Mekongdelta Südvietnams gesprochen, und dass auch nur, weil diese Regionen historisch gesehen jahrhundertelang zum Khmer-Reich gehörten und es hier immer noch viele Khmer als ethnische Minderheit ansässig sind. Zudem werde ich ja auch nur ein Jahr hier in Kambodscha verbringen. Wenn man bedenkt, dass man uns in der Schule fast 10 Jahre lang Englisch beigebracht hat, reicht diese relativ kurze Zeit natürlich gerade mal dazu, sich ein paar Grundkenntnisse anzueignen. Dass ich nach einem Jahr daher fließend Khmer sprechen werde, konnte ich also schon vom Anfang an auschließen.

 

Wozu nun also sich die Mühe machen und ein wenig Khmer lernen? Nun zum einen wäre da anzuführen, dass die Menschen es hier überhaupt nicht gewohnt sind, dass Ausländer ein wenig ihre Sprache sprechen können. Sobald man  dann aber ein paar Sätze herausrückt, und seinen es auch wirklich nur die einfachsten Dinge, freuen sich viele Leute ungemein darüber. Man bekommt dann sehr schnell auch Komplimente zu hören, wie, dass man ja sehr gut ihre Sprache sprechen könnte. Mir ist es tatsächlich schon manchmal passiert, dass manch einer sich so gefreut hat, dass ich daraufhin prompt auf ein Bier oder ähnliches eingeladen wurde. Zum anderen hat die ganze Sache natürlich aber auch handfeste ökonomische Vorteile. Geht man z.B. zum Markt und verhandelt die Preise auf Khmer, so bekommt man die Sachen oft deutlich billiger. Sonst kann es einem natürlich passieren, dass man für einen dummen und wohlhabenden  Touristen gehalten wird, und dann verlangen die Händler natürllich erst einmal ziemliche Wucherpreise.  So kann ich täglich also hier und da mal ein paar Cent sparen, was sich aufs ganze Jahr gesehen, natürlich durchaus rechnet. Unglücklicherweise kommt es aber auch öfters mal vor, dass der Geprächspartner, bloß weil man ein paar Brocken Khmer spricht, einen für einen waschechten Sprachspezialisten hält, und einen dann erstmal stundenlang mit ihrgendwelchen Sätzen zutextet.

 

Weiterhin hat dass Ganze natürlich auch den Vorteil, dass, je mehr man von der Sprache erlernt, desto besser man natürlich auch die Kultur und Lebensweise der Menschen nachvollziehen kann. So ist die kambodschanische Gesellschaft, wie fast alle anderen asiatischen Gesellschaften auch, streng hierachisch aufgebautet. Dass heißt konkret, dass jüngere Personen den älteren Personen Gehorsam und Respekt entgegenzubringen haben,. Die älteren Personen müssen sie im Gegenzug dazu beschützen und ihnen gut gemeinte Anweisungen und Ratschläge geben.  Daher ist es in Kambodscha generell sogar unhöflich andere Menschen direkt mit ihrem Namen anzusprechen.  Ein Ehemann ruft seine Frau daher auch durchgehend „Kleines“, während diese ihren Ehemann dementsprechend mit „Großer“ anzusprechen hat.  Anstatt jemanden einfach nur mit Herr oder Frau anzusprechen, spricht man andere Menschen mit familiären Bezeichnungen wie z.B.kleine Schwester, kleiner Bruder, großeSchwester, großer Bruder, Onkel, Tante, Großmutter oder Großvater an. Dabei ist ganz gleich, ob diese Personen dann überhaupt zur Familie gehören oder eben nicht. Viel wichtiger ist dagegen, durch die Wahl der richtigen Anrede, seine und die soziele Stellung des Gesprächspartners deutlich werden zu lassen. Insofern ist, im Gegensatz zur westlichen Welt, ein hohes Alter nichts,wofür man sich schämen müsste. Ganz im Gegenteil, damit geht nämlich gleichzeitig auch einen höhere soziale Stellung einher. Dieses System der passenden Anredeform ist zugegebenermaßen aber sehr komplex, meistens existieren sogar mehrer Begriffe für ein und dieselbe Beziehungsebene. Gottseidank sind die Kambodschaner allerdings dem unwissenden Ausländer sehr nachsichtig gegenüber, sodass ich mich nicht fürchten muss, jemanden all zu sehr zu verletzen, sollte ich ihn anstelle von großer Bruder mal als Onkel angesprochen haben.

 

Auch beim traditionellem Gruß, dem „Sompeah“ spielt das Hierachiebewusstsein eine große Rolle. Dabei werden beide Handflächen vor dem Körper zusammengelegt und es wird sich leicht verbeugt. Während man jüngere Personen und Kinder dadurch grüßt, dass man die Hände etwa auf Brusthöhe aneinaderlegt, wandern diese je nach Gesellschaftstand immer weiter nach oben. Buddhafiguren gebührt schließlich dann die höchste Ehre. Dementsprechend müssen die Handflächen hier auch auf Stirnhöhe aneinandergelegt werden.

 

Khmer zählt zu den sog. austroasiatischen Sprachen und ist sehr entfernt mit dem Vietnamesischen verwandt. Zudem enthält die Khmer-Sprache sehr viele Lehnwörter aus dem Pali, der Sprache, in der die heiligsten Texte des Buddhismus niedergeschrieben wurden (der Einfluss von Pali auf den Buddhismus ist damit vielleicht ungefähr vergleichbar mit dem des Lateinischen auf das Christentum). Da der  Teravada-Buddhismus aber nicht nur in Kambodscha, sondern auch in Thailand und Laos vorherrschend ist, teilen sich diese drei Sprachen viele gemeinsame Wörter. Auch die Franzosen haben als ehemalige Kolonialherren einen nicht unerheblichen Einfluss auf die Sprache gehabt. So haben insbesondere Erfindungen der jüngeren Zeit einen französisch klingenden Namen. „Deutsch“ bedeutet z.B. allamong, eine Maschine wird als masi´n und ein Hotel als ooteel bezeichnet. Ein beliebter Snack ist zu dem Num Pang Pate, ein Baguette mit Salat, Gemüse und kleinen Fleischstückchen.

 

Im Vergleich zu europäischen Sprachen, zeichnet sich Khmer durch eine nahezu nicht vorhandene Grammatik aus. Grammatikalische Begriffe wie Artikel, Fälle, Konjugationen oder auch Pluralformen sind in der Sprache völlig unbekannt. Möchte man ausdrücken, dass man mehrere Dinge von einer bestimmten Sache meint, sagt man zuerst deren Namen und ergänzt das dann mit einer Zahlenangabe. Zum Beispiel: „Ich möchte kaufen Banane fünf“. Auch so etwas wie Zeitformen gibt es nicht. Möchte man ausdrücken, dass eine bestimmte Handlung bereits in der Vergangenheit stattgefunden hat, bzw. erst noch in der Zukunft stattfinden wird, ergänzt man einfach ein bestimmtes Hilfswerb oder versieht das ganze mit einer konkreten Zeitangabe. So wird aus: „Ich gehe zur Schule drei Tage vorher.“ „Ich bin vor drei Tagen zur Schule gegangen.“ Auch die Satzbauregeln sind relativ simpel. Der Satzbau folgt streng dem Muster: Subjekt vor Prädikat vor Objekt.

 

Wär nun also denkt, Khmer zu Erlernen müsse dann ja wohl vergleichsweise einfach sein, der ist allerdings auf dem Holzweg. Das ist es erfahrungsgemäß nämlich nichtumbedingt. Ich habe  ja nun schon einige Zeit hier verbracht, und dadurch habe ich natürlich auch schon den ein oder anderen westlichen Ausländer getroffen, der hier als sog. „Expatriate“ für mehrer Jahre gelebt hat . Doch tatsächlich kenne ich bisher eigentlich kaum einen, der mehr Khmer sprechen könnte, als das was man zu primitiven Alltagsbewältigung braucht. Lediglich einen einzigen Mann habe ich kennengelernt, der nahezu fließend Khmer spricht. Dass fand ich damals unglaublich beeidruckend. Hierbei handelte es sich um einen amerikanischen Missionar und ich vermute mal, er selbst hatte aber auch einen großen Nutzen davon. Ohne Kenntnisse, der jeweiligen Landessprache kann man natürlich auch nicht wirklich viele neue Anhänger für seine Kirche gewinnen.

 

Was macht das Khmer sprechen für uns Europäer denn nun so schwierig. Der erste und wichtigste Grund ist vorallem die Aussprache. So verfügen die Khmer- Sprache über zahlreiche Laute, die es bei uns praktisch nicht gibt und die man daher mühsam erlernen muss. Auch das hören und richtige erkennen dieser Laute ist nicht ganz einfach. So gibt es zum Beispiel 8 Buchstaben, die in ihrer Aussprache im Deutschen irgendwo zwischen D und T liegen würden.  Zum anderen muss man auch bedenken, dass man als deutscher Muttersprachler, es gewohnt ist, viele Laute mit der Kehle und dem Rachenraum zu bilden. Mag die Deutsche Sprache vermutlich schon für einige unserer europäischen Nachbarn grob und unmelodisch klingen, so klingt sie für Khmers wahrscheinlich eher wie wütendes Hundegekläff. Insofern ist es praktisch fast unvermeidbar, dass man eine Tendenz dazu entwickelt, alles, nun ja, ein wenig grobschnäuziger klingt.

 

Interressant ist aber auch, dass diese Sprache über viele Eigenschaften verfügt, die in den europäischen Sprachen allesamt realtiv unbekannt sind. So verketten die die Khmer gerne mehrere Verben hintereinander, um damit eine einzige Handlung zu beschreiben. Zudem sind viele komplexe  Nomen relativ lustig anmutende Zusammensetzung anderer Nomen. Eine Schlangenfarm heißt z.B. „Bauernhaus füttert Schlange“ und Milch bedeutet „Wasser, Brust, Kuh“. Eine weitere Besonderheit sind die Kategoriewörter, die man nahezu jedem Nomen voranstellen muss, damit es  eine konkrete Bedeutung bekommt. So ist eine Kuh nämlich nicht automatisch eine Kuh, sondern erst, wenn man das Kategoriewort „sat“  für Tiere davorsetzt.

 

Alles in allem macht das Lernen, aber, obwohl es manchmal anstregend sein kann, mir immer noch Spaß. Mittlerweile habe ich schon mehr als 1600 Vokabeln gelernt und wöchentlich kann ich mehr und mehr Dinge sagen und erklären. Meinen Arbeitskolleginnen bei Childrens Dream macht es dann  auch immer großen Spaß, mit mir fast ausschließlich Khmer zu besprechen. Daher kann ich einige Dinge zwar relativ gut verstehen, selber viel erzählen aber oft auch nur begrenzt. Mittlerweile kann ich aber zumindest soviel Khmer sprechen, dass ich all wichtigen Besorgungen unternehmen und ab und zu auch mal kleinere Gespräche führen kann. Dass ist eigentlich schon mal ganz schön so. Wesentlich mehr werde ich aber dannvermutlich in diesem Jahr auch nicht mehr erlernen.

 

Nun ja, einen wesentlichen Vorteil in Bezug auf meine Arbeit  hat das Khmer lernen aber auch. Nun habe ich mehr Verständnis dafür gewonnen, warum einige Schüler immer wieder dieselben Fehler machen. Wie die deutschen Schüler auch, neigen die Schüler hier natürlich auch dazu, grammatikalische Strukturen einfach aus ihrer Muttersprache zu übernehmen und Sätze wortwörtlich zu übersetzen.Nun denn, jetzt verstehe ich zumindest, warum hier ständig von „car fast“, „house big“ und „T-shirt blue“ erzählt wird. Denn,anders als im Englischen, folgt in der Khmer-Sprache das Adjektiv immer nach dem entsprechenden  Verb und steht nicht davor.


26.12. bis 31.12.2015

Endlich Sommer, Sonne, Strand und Palmen

 

So hier kommt nochmal ein kleines Update und der zum Glück vorerst letzte Bericht über meinen Familienbesuch. Wie ihr der dezenten Überschrift vielleicht schon entnommen habt, sind wir nach unserem Besuch in Bangkok nämlich wohin gefahren? Richtig, .... ans Meer. Und zwar genauergesagt nach Kep tief im Süden Kambodschas. Kambodscha verfügt nämlich auch über einen kleinen, aber feinen Küstensaum am Golf von Thailand.

 

Das schöne an Kambodschas Küste ist, dass sie über prächtige weiße Sandstrände, türkisblaues Wasser und Palmen direkt am Strand verfügt. Bedingt durch die gewaltsamen Umbrüche der jüngeren Geschichte, ist die  Region bisher allerdings von einem Massentourismus a la Thailand und Bali verschont geblieben. Hier gibt es noch keine mit Hotels zugebautne Küsteabschnitte,Vollmondsauforgien, riesige Müllberge  und all die anderen Nebenwirkungen, die diese Art von Massentourismus mit sich bringt. Damit wird es in nächster Zeit wohl leider auch vorbei sein, den längst schon haben ein paar gewiefte Investoren den Braten gerochen, und in Sihanoukville, der größten Stadt an der Küste, werden schon die ersten Megaressorts errichtet. In Kep war davon aber zum Glück noch nicht zu spüren.

 

Hier gibt es bisher nur einige wenige günstige Guesthouses und ein paar eher gehobene, aber eben nicht auf Touristenmassen ausgerichtete Hotels. Wir hatten das Glück, das Papa uns in einem der letzteren eingebucht hatte. Insofern konnten wir uns an einem guten Frühstück, zwei Hotelpools und einer Boules-Bahn erfreuen. Am besten gefiel mir aber das hoteleigene Pferd. Das hatte anscheinend den ganzen Tag nichts besseres zu tun, als das Hotelgelände abzugrasen und irgendwo dumm in der Gegend herumzustehen. Ganz besonders schien es ihm dabei Caras und meine Terrase angetan zu haben, sodass es manchmal stundenlang unsere Tür versperrte.

 

Sehenswürdigkeiten von außergewöhnlichem Rang gibt es in Kep nicht zu bestaunen. Im Hinterland besteht seit kurzem ein kleiner aber schöner Nationalpark. Die Wanderwege sind gut ausgebaut und man kann ein wenig durch den Urwald wandern. Zudem  gilt es ein paar kleinere Hügel zu Erklimmen und anschließend eine schöne Aussicht auf das Meer und die vorgelagerten Inseln zu genießen.  Am Wegesrand soll man wohl angeblich ab und zu auch mal ein paar wildlebende Affen beobachten können. Das Glück hatten wir zwar nicht, aber  trotzdem hat es Papa und mir sehr gut gefallen. So etwas wie Wandernwege gibt es in Kambodscha an sich auch nur ausgesprochen selten. Wandern oder jede, nicht dem Lohnerwerb dienende körperliche Anstrengung (abgesehen von Fuß- und Volleyball) scheint den Menschen hier irgendwie fremd zu sein. Später dann wurde uns auch bewusst, wo die ganzen Affen abgeblieben waren. Diese sind nun anscheinend alle an die Uferpromenade ungesiedelt, um sich dort über die Picknick-Überreste herzumachen.

 

Wegen seiner guten Erreichbarkeit von der Hauptstadt Phnom Penh aus, hatten sich die französischen Kolonialherren und später reiche Geschäftsleute aus der Stadt, hier ihr kleiens, aber edeles Seebad errichtet. Während der Khmer Rouge-Zeit wurden dann die mondänen Villen gesprengt oder dem Verfall preisgegeben. Bis heute sind einige von ihnen noch im Stadtbild ausmachen. Mach eine ist schon saniert worden , viele sind aber immernoch in ruinösem Zustand. Die Hauptattraktion in Keps ist allerdings der Krabbenmarkt. Die Gewässer um die Stadt herum scheinen ungewöhnlich reich mit Krabben gesegnten sein, sodass man zahlreiche Einheimische beim Auslegen von großen Reusen beobachten kann. Manch einer läuft auch im seichten Wasser immerwieder auf und ab und schlägt dabei mit einer großen Peitsche auf das Wasser ein. So sollen die Krabben am Meeresgrund aufgeschreckt werden und sich dann möglichst schnell in die Reusen verkriechen. Daher kann man oft Angehörige der Phnom Penher Oberschicht zu beobachten, die hier für einen Tagesausflug hinfahren, ihre Lexus-Geländewagen irgendwo parken und sich dann eine kleine Matte mieten. Dann wird erstmal ein kleines Picknick auf dem Bürgersteig veranstaltet. Viele Krabben und reichlich Bier dürfen dabei natürlich nicht fehlen (tja so sieht ein typisch kambodschanischer Familienausflug aus). Traditionell gegessen wird die Krabbe übrigens mit frischem grünen Pfeffer, einer weiteren Spezialität der Region.

 

Umschlossen wird Kep von der Provinz Kampot, welche landschaftlich überaus reizvoll ist. Immer wieder werden die Reisfelder von aus der Ebene hervorragenden Karsthügeln durchbrochen. Weltweit bekannt ist Kampot aber für den hier angebauten und nach eben diesem Ort benannten Kampot-Pfeffer. Aufgrund der günstigen mineralischen Zusammensetzung des Bodens soll dieser über ein ganz besonderes Aroma verfügen. Er gilt als derart schmackhaft, dass er mittlerweile einen festen Platz in vielen Gourmetküchen der Welt gefunden hat. Vor dem Bürgerkrieg war die Wirtschaft der Region in hohem Maße vom Pfefferanbau geprägt. Den Roten Khmer war das aber natürlich ein Dorn im Auge, und so zwangen sie die Menschen statt Gewürzen für die Reichen, doch lieber Grundnahrungsmittel wie Reis anzupflanzen. Mittlerweile erlebt der Pfefferanbau aber wieder eine kleine Renaissance und es gibt immer mehr kleine Farmen, die versuchen, biologischen Richtlinien entsprechend, hochwertigen Pfeffer anzubauen. Solch eine Farm haben wir dann auch besucht. Der Besitzer war sehr darauf bedacht, immer wieder zu betonen, wie ökologisch und umweltbewusst es bei ihm doch alles zu ginge. Besonders stolz war er darauf, dass er sich vor kurzem erst einen großen Sonnenspiegel aus Deutschland angeschafft hatte, um ohne Strom zu verbrauchen, sein Wasser kochen zu können. Dort wurde uns dann die verschiedensten Arten Pfeffer vorgestellt. Zum einen wären da die grünen Pfefferknospen, welche noch frisch verzehrt werden können. Zum anderen gibt es aber auch in der Sonne getrockneten Pfeffer, jeweils schwarzen, roten und weißen .Wie  und in welcher Art sich diese nun in ihrem Aroma unterscheiden und welcher davon am besten für welche Art von Gerichten geeignet ist, habe ich mir leider nicht alles merken können. Allerdings habe ich mir aber für 1 Dollar dann ein paar vertrocknete Knospen gekauft, aus denen sich ein sehr geschmacksvoller Tee aufkochen lässt.

 

Nach dem Besuch der Pfefferplantage, ging es dann weiter nach Kampot, der Haupstadt der gleichnamigen Provinz. Kampot ist eine sehr schöne Stadt, die reichlich mit verfallenen alten französichen Häusern gesegnet ist. Der Ort ist malerisch an einem Fluss gelegen und vom Flussufer aus, kann man am Horizont bereits die Ausläufer des Bokor- Hochplateaus betrachten. Leider hatten Papa und ich überhaupt keine Zeit, diese schöne Stadt zu erkunden, denn eben jenes Bokor-Plateau stand an diesem Tag auch noch auf unserem Programm. Also haben wir uns dann schwups ein Moto ausgeliehenund sind losgedüst. So schnell ging das dann alles  aber leider auch alles nicht vonstatten, denn  wir hatten blöderweise unsere Reisepässe vergessen und mussten erstmal glaubhaft machen, dass wir das Moto auch ja nicht stehlen wollten.

 

Endlich  ging es dann die kurvenreiche Straße zum Plateau hinauf. Beim Bokor-Plateau handelt es sich um eine bis zu 1068m hohe Hochebende. Aufgrund der Höhenlage, weht hier immer ein frischer Wind und die Temperaturen sind ganzjährig angenehm mild. Oft ist der Gipfel auch in Nebel gehüllt. Dieses kühle Klima veranlasste die Franzosen, der Hitze der Tiefebene zu entfliehen und hier oben auf dem Berg eine vornehme Gipfelstation zu erbauen. Daher lassen sich hier immernoch die eindrucksvollen Ruinen diverser Villen, einer katholischen Kirche und eines großen Kasinohotels bestaunen. Da der Gipfel aus strategischen Gründen in den zahlreichen Kriegen immer heiß umkämpft war, sind diese Ruinen nun auch mit ein paar Einschusslöchern verziert. Darüberhinaus liegt das ganze in einem schönen Nationalpark und über die Jahre konnte sich hier eine umfangreiche Flora und Fauna erhalten. Dass hat vermutlich aber auch bald ein Ende. Mittlerweile haben hier nämlich ein paar völlig übergeschnappte chineische Großinvestoren das Sagen. Diese wollen das ganze Plateau mit zehntausenden Luxusvillen überziehen und hier gigantische Kasinos und Malls errichten. Als ungute Vorahnung ist bereits das erste dieser Kasinos zu betrachten. Es ist von Außen unglaublich hässlich anzusehen. Auch solch verrückte Ideen wie eine Seilbahn, das gesamte Plateau hinauf,  oder ein erst neu zu errichtender Hafen an der Küste, um dann die Vips von ihren Yachten per Hubschrauber einfliegen zu können, sind geplant. Wenn man einmal den  Showroom dieser Leute betrachtet hat, kann einem eigentlich nur übel werden. Dass Ganze ist sowohl ökonomisch als auch ökologisch ziemlicher Schwachsinn. Die Frage ist zum Beispiel, wer sich denn bitteschön dort eine der tausenden Villen kaufen soll. In Kambodscha können sich das vielleicht gerademal 20 Familien leisten. Dass das ganze Projekt auf Kosten der einzigartigen Natur des Nationalparks geht, scheint auch niemanden  groß zu stören. Naja, dass die Investoren nun  fast pleite sind und das das Kasino jährlich Millionenverluste macht, ist da wenig verwunderlich. Nun denn, die nagelneue Straße denn Berg hinauf ist schonmal top ausgebaut worden und es macht richtig Spaß mit dem Moto hoch und runterzudüsen. Auch der Blick von der fast 1km senkrecht abfallenden Klippe hinuter über den Golf von Thailand ist einfach nur atemberaubend. Insofern hat sich der Ausflug, trotz all dem Blödsinn, den es hier zu sehen gab, dennoch gelohnt.

 

Unser persöhnliches Highlight war aber eindeutig der letzte Tag. Denn an diesem haben wir  einen kleinen Bootsausflug nach Koh Tonsay unternommen. Koh Tonsay, im Englischen auch als Rabbit Island bezeichnet, ist eine kleine Insel, welche ein paar Kilometer der Bucht von Kep vorgelagert ist. Sie entspricht so ziemlich meinem Bild einer paradiesischen Südseeinsel. Für jeden von uns gab es hier etwas zu tun. So konnte man  auf einer schönen Holzliege oder in einer Hängematte im Schatten einer Palme direkt am weißen Sandstrand liegen und entspannt ein Buch lesen. Wurde dass einem dann zu langweilig, lud das türkisblaue Wasser geradezu zum Plantschen und Schwimmen gehen ein. Wer Lust hatte, konnte sich hier auch massieren lassen, was Mama natürlich gerne angenommen hat. Papa und mir wurde das dann aber irgendwann auch ein wenig dröge, und so machten wir uns noch auf, einem Wanderweg folgend die Insel zu erkunden. Sobald man ein bisschen Regen- und Mangrovenwald durchquert hatte, gab es noch ein paar schöne und noch ruhigere Strände entdecken. Mittlerweile stehen hier auch ein paar sehr schöne Holzbungalows, in denen man für 5 Dollar übernachten und den angeblich sehr schönen Sonnenuntergang genießen kann. Nun denn, dafür hat unserer Zeit hier dann leider aber auch wieder nicht gereicht. Aber was solls, ich habe ja schließlich immer noch ein halbes Jahr hier vor mir.


 23.12- 16.12.2015

 

 

Familienbesuch-  Weihnachten in Bangkok

 

 

Lieber Leser, wie du sicherlich schon mitbekommen hast, haben mir meine Eltern und meine Schwester in den Weihnachtsferien hier einen kleinen Besuch in Kambodscha abgestattet. Da es leider keine Direktflüge von Deutschland nach Kambodscha gibt, haben wir kurzerhand beschlossen, dass wir uns in Bangkok (Thailand) treffen um dort gemeinsam Weihnachten zu feiern. Dafür musste ich dann lediglich mal wieder eine kleine 7-stündige Busfahrt auf mich nehmen. Aber was solls, mittlerweile bin ich das ja schon gewohnt.

 

 

Am 23. Dezember war es dann endlich soweit. Gespannt saß ich in der Hotelhobby und konnte es kaum erwarten, endlich alle wiederzusehen. Tja, wie nicht anders in einer Stadt dieser Größezu erwarten, kamen sie mal wieder viel zu spät. Das Taxi stecke wohl irgendwo im Stau fest.  Egal, so hattet ich zumindest  Zeit, ein paar neue Khmervokabeln zu lernen.  Dann waren sie endlich da, geschlagene zwei Stunden zu spät. Obwohl ich mich natürlich riesig freute, sie alle wiederzusehen, hatte ich irgendwie das Gefühl, dass meine Mutter sich fast noch mehr freute. Leider war es aber schon zu dunkel, groß etwas zu unternehmen, weshalb wir ein wenig das benachbarte  Einkaufszentrum unsicher machten und danach schön Essen gegangen sind. Auf dem Weg kamen wir zufällig  an einem Geschäft namens „Otto“ vorbei. Hierbei handelt es sich glaublich um so eine Art Kette, die international deutsche Nahrungsmittel und Spezialitäten verkauft. Nun ja, sehr zum Entsetzen meiner Eltern, wollten mir beim Betrachten der Schaufensterauslagen fast die Augen aus dem Kopf fallen. In diesem „Paradies“ gab es nun einfach einmal alles! Angefangen bei  Hanuta und Gummibärchen, reichte die Produktpalette über Weihnachtsgebäck bis hin zu Spreewaldgurken. Sogar ein Lebkuchenhaus konnte erstanden werden,  aber das war aber natürlich unbezahlbar. Insofern reichte mein Budget leider lediglich für ein kleines, aber sehr schmackhaftes  Schweineohr.

 

 

Der nächste Tag sollte dann aber doch deutlich interressanter werden. Morgens stand Bangkoks gigantischer Königspalast auf dem Plan. Er liegt wie fast alle historisch bedeutsamen Gebäude auf der Insel Rattanakosin, der Keimzelle der Stadt. Geschütz wird die riesige, 2,6  große Anlage von einer prächtigen weißen Mauer, welche mit mehreren Eingangstoren versehen ist. Innerhalb der Mauern befinden sich zahlreiche Gebäude und Thronhallen. Manch ein Gebäude mutet durchaus europäisch an. So wartet die  Hauptthronhalle mit einem architektonischen Mischmasch auf. Während die Basis eher an einen Rennaissancebau errinert, wird das Gebäude eindrucksvoll von fernöstlichen Giebeldächern bekrönt, was ehrlich gesagt ziemlich kitschig aussieht. Aber macht ja nichts, Zentrum des Palastes und Besuchermagnet Nummer 1 ist sowieso die Tempelanlage des Smaragdbuddhas. Hier wurde es uns mal wieder schmerzlich bewusst, wass es heißt, sich während der touristischen Hauptsaison in Bangkok aufzuhalten. Trotz der gefühlten eine Million anderen Touristen, war die Anlage ziemlich beeindruckend. Sie wurde errichtet, um dem Smaragd-Buddha, der mit Abstand heilligsten Statue des Landes ein würdiges Zuhause zu geben. Dabei handelt es sich um eine sehrzierliche, lediglich 66cm große Buddhastatue. Diese besteht  nicht einmal aus Smaragd, sondern ist lediglich aus Jade gefertigt . Troztdem genießt sie höchste Verehrung, und wechselte im Laufe der Jahrhunderte mehrfach den Besitzer. Einst muste sie sogar von den Thais aus Laos wieder wieder zurückerobert werden. Dreimal im Jahr, wird ihr während einer großen Zeremonie ein neues Kleid vom König angelegt. Da es im Moment trotz schwülen 28°C gerade Winter ist, war der Buddha dementsprechend warm mit einem goldenen Gewand angezogen.

 

Hmm, sollte das Ganze euch zurecht sehr bekannt vorkommen, so muss ich zugeben, dass es sich beim Königspalast in Phnom Penh und der berühmten Silberpagode samt kambodschanischen Smaragdbuddha, lediglich um eine etwas kleinere und weniger prächtige Kopie des thailändischen Originals handelt. Den kambodschanischen König hatte die Anlage in Bangkok anscheinend derart beeindruckt, dass er sich von den Franzosen in Phnom Penh das Ganze einfach nochmal errichten ließ (da die Anlage in Phnom Penh allerdings weniger von Touristen überlaufen ist, ist sie deutlich stimmungsvoller). Nun, die Besichtigung des Originales in Bangkok hat uns trotzdem großen Spaß gemacht. Vorallem die umlaufenden Galerien mit den riesigen Wandfresken des indischen Ramayana- Mythos haben mir wieder gut gefallen. Auch gab es mehrer überlebensgroße  Wächterstatuen und diverse völlig vergoldete Statuen irgendwelcher  göttlichen Geschöpfe zu bewundern (um zu benennen was das im Einzelfall so alles war, muss man wahrscheinlich jahrzentelang thailändische Geschichte studiert haben). Im Gegensatz zu Phnom Penh haben die Thais nicht gekleckert, sondern ordentlich Blattgold in der Tempelanlage verbaut. Hinzu kam noch, dass viele Statuen und sogar ganze Wände mit Einlegearbeiten aus alten Glas oder Porzellanscherben verziert waren.  Brachen dann tatsächlich für einen Moment mal ein paar Sonnenstrahlen durch die Wolkendecke, glitzerte die gesamte Anlage über und über. Obligatorisch konnte man natürlich wiedereinmal ein Modell der berühmten Tempelanlage von Angkor Wat bewundern. Da dieses eindeutig kambodschanische (und nicht thailändische Monument) allerdings in Siem Reap bei mir so gut wie vor der Haustür steht, konnte ich für einen Moment fast wie daheim fühlen.

 

 

Nach der Besichtigung des Königspalastes ging es weiter zur berühmten Klosteranlage des Wat Pho, welche ganz in der Nähe gelegen ist. Auf dem Weg kamen wir noch am sogenannten Tempel der Stadtsäule vorbei. Dort gab es eine kleine vergoldete Säule aus Holz zu bestaunen, die die Thais dadurch verehren, dass sie ihr bunte Stofffetzen umbinden. Klingt zwar nicht besonders spannend, allerdings sollte man wissen, dass die Thais die Säule als Zentrum der ganzen Stadt und damit als Mittelpunkt des ganzen Landes ansehen. Daher verfügt mittlerweile jede thailändische Provinzhaupstadt über einen ähnlichen Tempel. Vor dem Tempel findet allabendlich der große Amulletenmarkt statt. Viele Thais sind völlig verrückt nach magischen Amulletten aller Art. Man kann  immer wieder Taxifahrer oder Soldaten (oder diverse andere Menschen die einen gefährlichen Beruf ausüben) sehen, die überdimensionierte Ketten mit diversen Amulleten tragen. Manch ein verrückter Sammler soll für einen alten Buddha-Anhänger schon mehrere hundertausend US-Dollar hingeblättert haben.

 

 

Der Wat Pho- Tempel  ist im Inneren zwar ähnlich prächtig wie der Königspalst, aber gottseidank war er an diesem Tag nicht ganz so von Touristen überlaufen.  Hauptattraktion ist hier ein riesiger, 46m langer und 15m hoher vergoldeter Buddha. Die Statue ist so gigantisch, dass sie die sie umgebende Halle praktisch zu sprengen scheint. Zudem verfügt der Tempel, welcher schon immer ein Zentrum für allerart Gelehrsamkeiten war, über eine bekannte Massageschule, in der die Kunst der traditionellen Thaimassage aufrecht erhalten wird.

 

 

Gegen Sonnenuntergang, sind wir dann mit einer kleinen Fähre über den Chao Praya, den goßen Fluss Bangkoks zum Wat Arun, dem „Tempel der Morgenröte“ übergesetzt. Die Anlage war zwar leider schon geschloßen,aber trozdem war dieser 80m hohe Tempelturm sehr beeindruckend. Vorallem, wenn man bedenkt, dass er über und über mit Blumenmustern aus über einer Million Muscheln und chinesischen Porzellanscherben  verziert ist. Porzellan war zur Zeit seiner Errichtung aufgrund der zahlreichen chinesischen Händler in der Stadt anscheinend überall verfügbar. Diese glitzern im Licht der aufgehenden Sonne natürlich prächtig, weshalb der Tempel seinem Namen mehr als gerecht wird.

 

 

Heiligabend haben wir dann zwar, gezwungenermaßen etwas „untraditionel“ aber dennoch schön im Hotel verbracht. Dort war ein sehr üppiges Weinachtsbuffet aufgefahren worden, sodass wir dann gut gesättigt auf dem Hotelzimmer noch ein paar Geschenke austauschen konnten, bevor alle müde aber zufrieden ins Bett gekrochen sind.

 

 

Am nächsten Tag standen dann das Chinatown und „Little India“ auf unserem Programm.  Nun bot sich endlich mal eine Gelegenheit, Bangkoks. „Skytrain“ auszuprobieren. Hierbei handelt es sich um eine Art Straßenbahn. Da die Straßen in dieser völlig überbevölkerten Stadt allerdings viel zu überfüllt sind, kam die Stadtverwaltung auf die Idee, die  Straßenbahn einfach auf großen Betonstelzen über den eigentlichen Straßen fahren zu lassen. Als Passagier schwebt man nun also bequem in der hochmodernen Bahn, kann die zahlreichen Wolkenkratzer bewundern und sich über die Autos auf der Straße amüsieren, die keinen Deut vorankommen. Doch irgendwann ist auch jede Bahnfahrt vorbei, und dann heißt es wieder raus auf die lauten, dreckigen, aber irgendwie auch liebenswertere Straßen. Im Chinatown gab es ein paar schöne alte chinesische Ladenhäuser zu sehen. Darüber hinaus, gab esdort  traditionelle chinesische  Apotheken, in denen die skurillsten Medikamente, wie z.B. getrocknete Seepferdchen oder Schlangen verkauf twerden.  Little India war eindeutig ein Viertel von Tuchhändlern. Hier hatten sich wirklich unzählige Textilgeschäfte und Schneider angesiedelt. Papa und ich haben dann noch einen großen indischen Tempel besichtigt. Hierbei handelte sich um ein Heiligtum der Skihs-Minderheit (das sind die, deren Männer immer mit riesigen Turbanen, Bärten und Dolchen herumlaufen). Zwar war der Tempel im Inneren nicht besonders sehenswert, aber der Ausblick vom Dach lohnte den Besuch alle mal. Bei den vielen kleinen, vergoldeten Türmchen dort oben kam man sich dann fast auch schon wie in Indien vor.

 

 

Auf den ausdrücklichen Wunsch meiner Schwester haben wir dann den Rest des Tages in den modernen Shoppingpalästen der Stadt verbracht. So konnte ich dann endlich neue, und in Kambodscha fast schon überlebenswichtige Flip Flops erstehen. Da man hier traditionell bei jedem Eintritt in ein Gebäude seine Schuhe ausziehen muss, wären richtige Schuhe ziemlich unpraktisch. Auf dem Weg kamen wir dann noch am berühmten Erewan-Schrein vorbei. Dies ist der Ort, an dem im letzten Jahr zwanzig Menschen, bei einem bisher noch nicht aufgeklärten Bombenanschlag ihr Leben lassen mussten. Dennoch hat das seine Popularität anscheinend keinen Abbruch getan.  Zahlreiche Menschen kommen hier her, um für Glück und gutes Geschäft zu beten und Blumengirlanden zu spenden. Dabei ist hier anscheinend immer so viel los, dass mehrere Mitarbeiter nur damit beschäftigt zu sein scheinen, gerade erst gespendete Blumengirlanden wegzuräumen um Platz für neue zu schaffen. Wenn man seinem Glück ganz besonders auf die Sprünge helfen will, kann man gegen eine kleine Spende auch zu den Tempeltänzerin hingehen und einen kleinen traditionellen Tanz aufführen lassen. Auf jedenfall wirkt dieser traditionelle Schrein in Mitten der gläsernen Wolkenkratzer im Hauptgeschäftsviertel, irgendwie etwas deplatziert und strahlt daher eine ganz besondere Atmosphäre aus. Am Abend konnte ich mir dann einen schon lang gehegten Wunsch erfüllen. Zusammen mit Cara habe ich dann endlich den neuen Star Wars- Film anschauen können. So fand unser Kurztrip nach Bangkok dann auch einen würdigen Abschluss.


19.12- 23.12.2015

Ayutthaya- Eine Reise ins Singapur des 17/ 18. Jahrhunderts

 

So liebe Leser, hier kommt wieder mal ein kleiner Reisebericht. Wie die meisten von euch sicherlich mitbekommen haben, haben mir meine Eltern und meine Schwester über Weihnachten einen kleinen Besuch angestattet. Geplant war, das wir uns alle gemeinsam am 23. 12 in Bangkok, der Haupstadt Thailands treffen, um dort Weihnachten zu feiern und uns gemeinsam die Stadt anzusehen. Blöderweise fingen meine Weihnachtsferien aber schon am 18. Dezember an. Ich hatte also 5 Tage lang  frei, die ich aber irgendwie sinnvoll mit Urlaub zubringen wollte. Insofern habe ich meinen Chef Samnang, welcher übrigens auch selber als Reiseleiter arbeitet und sich daher super auskennt, nach einem schönen Ziel in der Nähe Bangkoks gefragt. Er konnte mir dann auch so gleich eines empfelen, nämlich Ayutthaya!

 

Bei Ayutthaya handelt es sich um eine relativ kleine thailändische Provinzhaupstadt mit ca. 60.000 Einwohnern, die ein paar Kilometer weiter nördlich von Bangkok liegt. Sollte man nicht zufälligerweise mal wieder in einen riesen Stau kommen, so ist diese innerhalb von zwei Stunden mit dem Bus aus Bangkok relativ einfach zu erreichen.

Das Ganze klingt nun, zugegebenermaßen, wohl eher mittelmäßig spannend. Warum also sollte man nun ausgerechnet in so ein Provinzkaff fahren?

 

Nun, dass hat mit der ruhmreichen Geschichte Ayutthayas zu tun. Vom 14. Bis zum 18. Jahrhundert war Ayutthaya die blühende Haupstadt eines gleichnamigen Großreiches, was sich weit bis über die Grenzen des heutigen Thailands erstreckte und eines der mächtigsten Reiche Südostasiens war. Der Aufstieg Ayutthayas begann zeitgleich mit dem Niedergang des kambodschanischen Großreichs von Angkor ( dem Hauptverursacher für die ganzen beeindruckenden Tempelruinen hier bei mir zuhause in Siem Reap). Ayutthaya löste damit Angkor praktisch als Machtzentrum der Region ab. Es war Residenzort des thailändischen Königs, Hauptstadt des Reiches, und bedeutenstes Zentrum für Kultur und Handel in ganz Südostasien. Die thailändischen Könige versuchten ihren Vorbildern, den Gottkönigen von Angkor in Nichts nachzustehen, und sahen sich dazu gezwungen, die Stadt mit immer größeren Tempelanlagen und Palästen zu bebauen. Schließlich begründeten sie ihren Herrschaftsanpruch als von Gott gegeben und konnten dadurch gleichzeitig ihr Karma für das nächste Leben aufbessern. Es kam zur Erschaffung eines ganz eigenen Ayutthaya-Kunststils. Am Könighof blühten Dichtkunst , Poesie und das traditionelle thailändische königliche Ballet (übrigens lediglich eine vereinfachte Kopie des Kambodschanischen).

 

Die Bedeutung der Stadt als Macht- aber vorallem als internationales Handelszentrum war immens. Sie war sehr günstig auf einer Insel gelegen und von allen Seiten von Wasser umschlossen. Dies hatte mehrere Vorteile. Zum einen, war die Stadt damit aus militärischer Sicht praktisch uneinnehmbar. Die gesamte Insel war von Forts und Festungen gesichert, sodass es praktisch unmöglich war, diese vom Wasser aus anzugreifen. Zudem lag die Insel etwas höher als die umliegende Region. Bedingt durch die heftigen Regenfälle, wurde die Umgebung mehrmals jährlich weiträumig überschwemmt. Die Stadt mit einer großen Armee über eine lange Zeit zu belagern, wurde dadurch unmöglich gemacht.  Auch kam die Lage dem Handel zu Gute. Über den Chao- Praya Fluss konnten Handelsschiffe ziemlich bequem den Weg vom Meer über das Flussdelte in die Stadt hinaufsegeln. Die komplette Insel war von hunderten Kanälen, sog. Khlongs, durchzogen. Auf diesen wimmelte es nur so von kleinen Booten und die Waren konnten schnell gelöscht und auf schwimmenden Märkten umgeschlagen werden. Wie an vielen anderen Orten in Asien auch, lebten die Mensch bevorzungt in Pfalhäusern direkt in Ufernähe und ihr Alltagsleben spielte sich zumeist eher auf dem Wasser, als den an Land,ab. Holländische Kaufleute gaben Ayuthaya daher auch den Spitznamen „Venedig des Ostens“.

 

In der Stadt lebten allerdings nicht nur Thais, sondern eben auch viele ausländische Händler, die mit ihren Handelsbeziehungen  zum Wohlstand der Stadt massiv beitrugen. So ist die Stadt aus einer Ansiedlung chinesischer und indischer Händler hervorgegangen. Auch zahlreiche muslimische/ persische  Händler hatten sich dort niedergelassen. Ebenso gab es ein eigenes japanisches Stadtviertel. Der Ruhm und der Einfluss dieser Stadt muss enorm gewesen sein. So enorm, dass auch bald schon die europäischen Kolonialmächte nicht lange auf sich warten ließen. Als erstes versuchten die Portugiesen hier Fuß zu fassen. Sie schlossen einen Handelsvertrag mit dem König und waren bald schon als Fachleute bei der Errichtung neuer Festungen (bis heute stehen am Flussufer die überreste einer von Portugisen geplanten Festung) oder als Soldaten in der königlichen Leibgarde äußerst gefragt. Das rief natürlich die anderen europäischen Großmächte auf den Plan. Und so siedelten sich hier auch Spanier, Holländer, Briten und Franzosen an. Der König begenete den hier lebenden Ausländern zumeist mit außerordentlicher Toleranz und wieß ihnen sogar eigene Wohnviertel am Stadtrand zu. So lassen sich bis heute die Überreste eines eigenen französischen, muslimischen, britischen, holländischen und japanischen Stadtviertels finden. Außerhalb des Stadtrandes ist die älteste Kirche Thailands zu besichtigen. Diese hatten französische Missionare bei ihrem kläglich gescheiterten Versuch erbaut, die Bevölkerung zum Katholizismus  zu konvertieren. Dies gelang ihnen zwar nicht, aber gleichzeitig waren die diplomatischen Beziehungen mit Frankreich derart gut, sodass der König extra Gesandte an den Königshof des Sonnenkönigs Ludwig des 14. Nach Versailles entsandte.  Auch das portugisische Viertel war ziemlich groß und verfügte über drei Kirchen, in deren Ruinen erst kürzlich die Skelette der dort beerdigten Auswanderer entdeckt wurden.  Sogar kulinarisch haben die Thais sehr von den Ausländern profitiert. Bis heute ist hier eine Süßigkeit aus klebrigen Honignudeln beliebt, welche ursprünglich der portugisischen Küche zuzurechnen ist. Zudem gibt es ein muslimisches Viertel mit mehreren Moscheen. Die dort lebenden Menschen, stammen von iranischen Händlern ab, unterscheiden sich deutlich von der Restbevölkerung und haben sich bis heute ihre eigene Identität bewahrt.  Alles in allem kann man die Stadt Ayutthaya also vielleicht relativ gut als ein Singapur des 18. Jhr.bezeichnen, denn ähnlich wie Singapur heutzutage schöpfte sie ihren Wohlstand aus Handel und ihrer günstigen geografischen Lage und genauso wie dort lebten die unterschiedlichsten Völker dort friedlich zusammen.

 

Trotz allem Wohlstand durch Handel, waren die Herrscher sehr expansionsbewusst und es wurde fast ununterbrochen Krieg geführt. Meistens lief es für die Thais gar nicht mal so schlecht. Doch Mitte des 18. Jhr. gelang es ihren Erzrivalen, den Birmanen (den Einwohnern des Nachbarlandes Myanmar), durch Verrat die Stadt einzunehmen. Sie rächten sich grausam für frühere Plünderungen. Alle Einwohner der Stadt wurden ermordet oder versklavt und die großartigen Tempel und Paläste restlos geplündert, 18m hohe Buddhastatuen aus Gold wurden eingeschmolzen,  und alles bis auf die Grundmauern niedergebrannt.  Die totale Zerstörung ihrer blühenden Haupstadt Ayutthaya ist für die Thais immernoch derart schmerzhaft, sodass bis heute die Beziehungen zum Nachbarland Myanmar belastet sind. Durch die umfassende Zerstörung kam es dann schließlich zur Gründung der heutigen Megametropele Bangkok, die in ihren Anfangsjahren bewusst als eine  Kopie Ayutthayas etwas weiter im Süden gegründet worden war.

 

Trotz allerVerwüstungen, stehen in und um Ayutthaya herum, aber noch immer zahlreiche Tempelruinen aus Backstein, die die Stadt so sehenswert machen. Manche sind sehr idyllisch in Parks oder am Flussufer gelegen, andere dagegen, fast völlig von den modernen Bauten der Stadt umschlossen. Viele  sind für die Einheimischen auch heutzutage ein Ort religiöser Anbetung und man sieht immer wieder Menschen dort Blumengirlanden opfern und Räuchstäbchen entzünden. Ich habe mir dann ganz einfach für 75 Cent pro Tag ein Fahrrad ausgeliehen und bin die interessantesten von ihnen abgefahren. Es waren derart viele, sodass ich locker drei volle Tage mit ihrer Besichtigung zubringen konnte. Daher möchte ich mir und natürlich auch euch an dieser Stelle ersparen, hier über alle ausführlich zu berichten. Ich werde lediglich ein paar Highlights vorstellen.

Viele Tempelanlagen zeichnen sich dadurch aus, dass ihrer Mitte entweder ein großer Turm, auch Prang genannt, oder ein künstlicher Hügel, ein sogennanter Chedi, aufgeschüttet ist. Umgeben werden diese  von mehren Gebetshallen und Aufenthaltshallen für die Mönche, sowie von Gebäuden, die der Aufbewahrung von zeremoniellen Gegenständen dienen. Viele der Türme oder Chedis wurden als sehr heillig betrachtet, den ganz tief in ihrem Innern lag oft eine kleine Kammer versteckt, den denen wertvolle Kostbarkeiten, wie etwa Gegenstände aus Gold oder Reliquien des historischen Buddhas versteckt waren. Besonders schön ist diese in einem Tempel namens Wat Ratchaburana enthalten. Zuerst musste man den Hauptturm dieses Tempels  ziemlich steil hinaufsteigen, um dann über eine ebenso tiefe Treppen weit in das Innere hineinzuklettern. Dort befand sich eine kleine dunkle Kammer. Zwar war diese von Grabräubern ausgeplündert worden, aber noch immer konnte man dort die Überreste ihrer einst prächtigen Bemahlung betrachten. Nebenan steht eine sehr große und auch schöne Tempelanlage namens Wat Mahatat. Obwohl der  einst gigantische Hauptturm mittlerweile in sich zusammengefallen ist , ist sie trozdem immer gut mit Tagesausflüglern überfüllt. Das liegt an einem überaus fotogenen Buddhakopf. Bei der Plünderung des Tempels hatten die Birmanen ihn wohl einst vom Rumpf der Statue getrennt. Nun denn, im Laufe der Jahrhunderte wurde er nun immer mehr von den riesigen und knochigen Wurzeln eines Baumes umschlossen. Das prächtige Wurzelwek in Verbindung mit den feinen Gesichtszügen der Figur, wirkt wie eine sehr harmonische Symbiose zwischen der Pracht der Natur einerseits, und der ruhmreichen Geschichte Ayutthayas sowie der friedvollen Lehre Buddhas andererseits. Daher genießt dieser Kopf besondere Verehrung. Nahe bei befindet sich mit dem Wat Phra Si Sanpet die einst prächtigste und für den Königshof bedeutsamste Tempelanlage der Stadt. Die drei großen, Chedis aus Zement wirken trotz ihrer gewaltigen Proportionen ausgesprochen harmonisch. Früher waren sie einmal über und über mit Gold überzogen. Das ist zwar lange vorbei, aber zumindest wenn allabendlich die berühmtestesn Ruinen der  Stadt im Scheinwerferlicht erstrahlen, lässt sich ihre einstige Pracht noch gut erahnen. Allerdings hätte ich meinen nächtlichen Ausflug beinahe  dem Leben oder ernsthaften Verletzungen bezahlen müssen, da ich leider einer ganzen Rotte mich angreifender Hunde ausweichen wusste und dabei auf der Nebenspur in die Fahrbahn eines großen Lasters geriet. Nun denn, zum Glück konnte ich ihm noch knapp ausweichen.

 

Besonders beieindruckend waren aber auch die Buddhastatuen, die in den Tempeln zu finden waren. So konnte man in einem Tempel namens Wat Lokayasutha eine 42m lange liegende Buddhastatue bestaunen. Im Vergleich mit den vor ihr niederknienden Menschen muteten ihre Ausmaße echt gigantisch an. Allein schon ihre Füße waren deutlich größer als ein Mensch. Gehüllt war sie in eine riesige, leuchtend orangene Mönchsrobe. Trotz ihre monströsen Größe, wirkte Buddhas Gesicht ausgenommen zufrieden und entspannt. Kein Wunder auch, denn schließlich stellt sie den Moment seines Todes und den Eintritt ins Nirvana da.  Am Meisten beeindruckt hat mich aber eine ganz andere Buddhastatue. Nach dem ich mit dem Fahrrad um die Insel herumgefahren war, habe ich beschlossen, mit einer kleinen Fähre über den Fluss überzusetzten, um am anderen Ufer eine große moderne Tempelanlage zu besuchen. Hierbei handelte es sich um einen sehr bunten und ziemlich kitschigen chinesischen Tempel, ein weiteres indiz für die einstige Internationalität der Stadt. Dort gab es eine riesige vergoldete Statue Buddhas zu bewundern, diesmal aber nicht liegend sondern aufrecht sitzend. Angeblich ist diese schon über 600 Jahre alt. Neben ihrer stattlichen Größe von 19m konnte man gar nicht anders, als sich unwillkürlich klein und nichtig vorzukommen. Laut einer Legende soll sie sogar während des großen Brandes, nach der Eroberung der Stadt, zu weinen angefangen haben.

 

Als wenn das alles noch nicht genug gewesen sei, hatte ich zu dem das Große Glück, das gleichzeitig das Ayutthaya World Heritage Festival stattfand. Daher waren überall in der Nähe der Tempel Essensstände und kleine Bühnen aufgebaut, auf denen man kostenlos Aufführungen thailändischer  Kulturformen bewundern konnte. So gab es einen großen Markt, auf den man gegen sehr wenig Geld sich einmal durch die Delikatessen aller Regionen des Landes durchprobieren konnte. Während des Essen, konnte man gleichzeitig aber auch einer Aufführung des königlichen thailändischen Balletes beiwohnen. Zu den Klängen eines traditionellen Orchesters wurde stundenlang das Ramayana Epos aufgeführt. Zwar tanzten die Tänzerinnen dabei durchaus eindrucksvoll, doch an die Qualität des Orginals,  des kambodschanischen Ballets, kam es bei weitem nicht heran. Besonders beeindruckt hat mich dagegen ein ca. 5 hoher Drachen, der während eines Volksfestes von mehreren Männern in die Luft gehoben werden muss. Am Besten war aber mit Abstand  die große Theatershow, die vor der Kulisse des Wat Mahatats aufgeführt wurde. Die ganze Tempelanlage wurde prächtig mit bunten Scheinwerfern und Laserstrahlen in Szene gesetzt. Zu Ehren des amtierenden thailändischen Königs wurde ein Theaterstück über die Geschichte der Stadt aufgeführt. Dabei spielten locker über 250 Schauspieler mit. So wurde der König im Theaterstück immer von seinen mindestens zwanzig privaten Schirmträgern begleitet und durch die Gegend getragen.  Am Eindrucksvollsten waren die aber gewaltigen Inszenierungen der  vielen vielen Schlachten, die die Thaiherrscher über die Jahrhunderte gegen die Birmanen geführt hatten.  Ganze Armeen samt Pferden prallten aufeinander. So kämpften auch 6 Elefanten der örtlichen Elefantenschule mit. Diese waren so gut dressiert, dass sie ohne Probleme die Schauspieler der gegnerischen Armeefraktion mit ihren Rüsseln durch die Luft wirbelten ohne sie dabei auch nur im mindesten zu Verletzten. Auch kämpften sie sogar mit den gegnerischen Elefanten.  Es machten ihnen anscheinend auch gar nichts aus, dass direkt neben ihren Köpfen Feuerwerkskörper aus Kanonen oder Musketen abgefeuert wurden. Zu allem Abschlus wurde dann auch noch ein großes Feuerwerk zwischen den Ruinen abgefeuert. Das beste war aber eigentlich, dass man für die gesamte Show samt Feuerwerk etc. lediglich 3 Dollar an Eintritt bezahlen musste.



Mein selbstgebastelter kambodschanischer Adventskranz
Mein selbstgebastelter kambodschanischer Adventskranz

14.12- 18.12.2015

 

Weihnachten in Kambodscha

 

Liebe Leser,

 

wie ihr mittlerweile sicherlich wisst, ist Kambodscha  ein mehrheitlich buddhistisches Land. Der Anteil an Christen hierzulande beträgt gerade einmal 3 %. Und das auch nur, weil in letzter Zeit viele ultra-evangelikale Gruppierungen aus den USA hier am missionieren sind. Insofern war von besinnlicher Adventszeit, Plätzchen und Christstollen, Kerzen und Schwippbögen in den Fenstern, und all dem anderen viel gerühmten Weihnachtsschickschnack natürlich herzlich wenig zu spüren. Auch den guten alten deutschen Weihnachtsmarkt suchte man vergebens.Dafür hatten aber einige Großhotels eine Weihnachtsdekoration aufgefahren, die an Kitschigkeit nur ihres gleichen suchte! Vom  überlebensgroßen Weihnachtsmannschlitten bis hinzu rosafarbenen Schneemännern war wirklich alles vertreten.  Auch die hiesigen Mitarbeiterinnen im einzigen, größeren Supermarkt vor Ort, wurden dazu verdonnert, Weihnachsmannmützen zu tragen. Der ahnunglose Kunde hingegen, musste die ganze Zeit  versuchen, die Beschallung mit amerikanischen Weihnachtsschlagern a la „Last Christmas“ irgendwie zu ertragen. Auch einen originalen Weihnachtsbaum für läppische 140 US-Dollar gab es zu erstehen.  Nun denn, zumindest die Kassiererinnen konnten sich freuen, denn nun hatten sie trotz der Klimaanlagen, die den ganzen Landen normalerweise auf gefühlte 0 °C herunterkühlen, endlich mal keine kalten Ohren.

 

Und wir von Children´s Dream haben uns natürlich auch nicht lumpen lassen. Wie jedes Jahr wurde wieder vor den Ferien die Weihnachtsprojektwoche samt Weihnachtsfeier veranstaltet. Zuallererst hieß es dann erstmal, den Kindern die Weihnachtsgeschichte und die Bedeutung von Weihnachten näherzubringen. Dass war auch dringend notwendig, da manch einer tatsächlich geglaubt hatte, man würde sich in Europa an Weihnachten entweder als Weihnachtsmann oder eben als Weihnachtselfe verkleiden.

 

Nach dem die Schüler also darüber gut informiert waren, gab es erstmal eine kleine Präsentation über typische Weihnachtsgebräuche. Insbesondere Plätzchen und ein Foto eines Lebkuchenhauses schindeten dabei großen Eindruck. Am nächsten Tag stand dann das Basteln von Engelsfiguren auf dem Plan. Das machte allen großen Spaß und manch ein Schüler war sogar so eifrig bei der Sache, dass er sich gar ein paar seiner Haare abschnitt, damit der kleine Engel nun auch einmal welche bekommt.  Für die richtige Dekoration im Klassenraum war nun also auch gesorgt.

 

Selbstverständlich wurden auch ein paar Weihnachtslieder wie etwa „Jingle Bells“ und „Santa Claus is coming to town“ einstudiert. Das war aber fast schon unnötig, denn die meisten kannten die Lieder in Errinerung an das letzte Jahr schon auswendig und so konnte jeder aus Leibeskräften mitsingen.

 

Den Abschluss unserer  kleinen Weihnachtsprojektwoche bildete die große Weihnachtsfeier am letzten Freitag vor den Ferien. Im Kindergarten wurde dafür extra unser schuleigener Plastikweihnachtsbaum mit Schneemännern dekoriert und eifrig in Szene gesetzt. Nahezu alle Kinder waren gekommen und es wurde erstmal zur Einstimmung mit versammelter Mannschaft „Jingle Bells“ gesungen. Nicht wenige der Schülerinnen und meiner weiblichen Kolleginnen waren dem Anlass entsprechend, mit Rentierhaarreifen auf dem Kopf erschienen. Danach  ging es dann das,  zugegebenermaßen dem hiesigen Geschmack angepasste, Weihnachtsessen. So wurde reichlich Cola und Fanta an alle Kinder ausgeschenkt uns es waren genug Rambutan und Bananen für jeden da. Letztere hatte mein Kollege Vireak und ich übrigens erst am Vortag von unserem eigenen Bananenbaum auf demSchulgelände geerntet. Blöderweise hatte man nur vergessen, mir vorher zu sagen, dass der Saft des Bananenbaumes leicht ätzend ist und für nahezu unmöglich zu reinigende Flecken sorgen kann. Nun denn, meine schöne weiße Hose war ersteinmal dahin.

 

Ausklingen lassen haben wir die Feier dann mit einem kleinen „Reise nach Jerusalem“ Spiel. „Reise nach Jerusalem“ erfreut sich hier in Kambodscha nämlich mindestens eben so großer Beliebtheit wie bei uns daheim. Es hat einen unglaublichen Spaß gemacht und ich war über meine 2. Platz gegen meine „kampferprobten“ Schüler durchaus stolz. Es war sehr beeindruckend, mit anzusehen, wie unglaublich anmutig die zum Teil nicht einmal 6 Jahre alten Kinder um die Stühle tanzten.

 

Mein persöhnliches Highlight des Tages waren aber die zahlreichen kleinen Geschenke, die unsere Schüler extra für Vireak und mich gemacht hatten. So war unser Lehrerpult, als wir morgens den Klassenraum betraten, schon gut mit kleinen Geschenkdosen gefüllt. Viele der Schüler hatten nicht wenig ihres Taschengeldes aufgewendet, damit die Lehrer nun auch endlich mal genug Lollies und Bonbons zum Naschen hatte. Auch drückten sie uns zahlreiche Zettel in die Hand, auf denen sie dann kleine Bilder gemalt hatten und auf denen dann Dinge wie: „Merry Christmas“, „Hero“ oder auch „I love teacher“ geschrieben waren.  Zwei Geschenke sind mir besonders in Errinerung geblieben. So überreichte mir eine Schülerin eine kleine Dose, die über und über mit selbstgebastelten Weihnachtssternchen und einem Lolllie gefüllt war. Eine andere Schülerin war auf die Idee gekommen, einen kleinen Schneemann aus Papierkügelchen zu basteln und diese dann mit einer Schicht aus Kleber und Kokossnussraspeln zu überziehen. Sah täuschend echt aus. Zudem bin ich nun der stolze Besitzer eines Plüschschlüsselanhängers. Alles  in allem kann ich in diesem Jahr also von einer  deutlich anderen, aber durchaus gelungenen Vorweihnachtszeit sprechen.


05.12-06.12.2015

Vom Fischen gehen und meiner Teilnahme am Angkor International Halfmarathon

 

Hallo lieber Leser! Da ich bald meinen wohlverdienten Weihnachtsurlaub antreten werde, habe ich beschlossen, vorher noch einen allerletzten Artikel zu schreiben.

 

Letzten Samstag bin ich der Einladung meiner Arbeitskollegin Pisith gefolgt, und zusammen mit ihrem Ehemann und seinen Freunden zum Fischen gefahren. Sie selber konnte, da sie hochschwanger ist, leider nicht mitkommen. Obwohl wir im Endeffekt leider gar nicht mal so viel gefangen haben, wurde es trozdem ein sehr aufregender Tag.

 

Zuerst  hat mich ihr Ehemann ersteinmal zu seinen Freunden mitgenommen . Sie wohnten in einem kleinen und sehr abgelegenem Dorf ohne Strom- und Wasseranschluss. Nicht einmal Trinkwasserbrunnen gab es dort. Da diese Freunde allerdings noch ein wenig verkatert schienen, konnten wir nicht direkt zum Fischen fahren, sondern wurden stattdessen erst einmal zum Essen eingeladen. Allerdings dürfte diese Mahlzeit für den Durschnittseuropäer eher ungenießbar gewesen sein. Auf dem Bambustisch lag nämlich eine große Schlange. Diese wurde dann kurzerhand mit dem Hackebeil in mundgerechte Stücke zerteilt und in den Suppentopf geworfen. Ich als Gast musste ich natürlich wieder einmal am meisten davon verdrücken, was mir ehrlich gesagt auch nicht so sonderlich viel ausgemacht hat. Sonderlich genießbar fand ich es dann aber auch nicht wirklich. Schließlich bestand diese Schlange zu 90% aus ziemlich harten Knochen. Nun denn, da ich vor dem Fischen gehen nicht umbedingt soviel hochprozentigen Reisschnaps trinken wollte, habe ich sie um ein Glas Wasser gebeten. Ich war dann zuerst auch sehr erfreut, da ich die braune Brühe, die mir vorgesetzt wurde, für Tee gehalten habe. Erst später habe ich dann gemerkt, dass sich am Glasboden Erde absetzte. Die Leute waren leider so arm, dass sie keinen Trinkwasserbrunnen besaßen und mir stattdessen Wasser aus einer Pfütze oder ähnlichem abgeschöpft hatten.

 

Danach ging es dann aber glücklicherweise auch schon direkt zu Fischen. Undzwar gleich zum nächsten Reisfeld. Mag zwar nach einem ungewöhnlichem Gewässer zum Fischen klingen, doch in den Bewässerungsgräben wimmelte es nur so von kleinen Fischen. Insofern haben wir aus Algen und anderem Grünzeugs einen kleinen Damm in den Graben gebaut. Darauf wurde dann eine Art hölzernes Sieb gelegt und schon konnte es losgehen. Nun musste einfach immer nur mit einem Eimer ordentlich Wasser in das Sieb geschöpft werden. Und schon nach kurzer Zeit fand sich eine Menge kleiner Fische darin wieder. Gut, so einfach hatte ich mir das Fischen dann doch nicht vorgestellt!

 

Nun denn, bald darauf ging es aber schon mit dem Moped weiter zu richtigen Fischen. Dafür wird ein großes Wurfnetz verwendet, dass erst in einer bestimmten Reihenfolge zusammengelegt wird und danach mit einem einzigen großen Schwung ausgeworfen werden muss. So ein Wurfnetz war für seine Größe aber erstaunlicherweise ziemlich schwer. Mir wurde der Gebrauch dann aber fachgerecht erklärt, sodass ich mich auch als Wurfnetzfischer versuchen konnte. Erst da ist mir klar geworden, dass das Fischen mit dem Wurfnetz vorwiegend zwei Dinge erfordert. Zum einen Mal relativ viel Kraft, um das schwere Netz auch mit einem Schwung von sich werfen zu können, zum anderen aber auch viel Geschicklichkeit. Schließlich muss sich dass Netz in der Luft ja vollständig ausbreiten, um dann langsam auf den Grund des Tümpels sinken zu können. Nun denn, vor Allem an letzterem schien es mir aber gemangelt zu haben. Zumindest einen kleinen Fisch habe ich auch selber gefangen. Aber auch die anderen Kambodschaner waren nicht viel erfolgreicher. Das lag vermutlich eher daran, dass der Wasserstand in den Tümpeln einfach noch zu hoch war, sodass die Fische genug Fläche zu entkommen hatten. Die Hauptsaison soll dann schließlich auch erst in zwei Monaten losgehen.

 

Das bisschen an Fisch, was wir aber schon gefangen hatten, haben wir dann gleich über einem Lagerfeuer geröstet und zusammen mit in Bananenblättern eingewickeltem Reis verdrückt. So war es dann doch ein gelungener Abschluss eines interresanten Tages. 

 

Eine lustige Sache gibt es  übrigens noch zu berichten! Während ich mich gerade beim Wurfnetzfischen versuchte, fuhr plötzlich ein großes Boot mit vielen Touristen an uns vorbei. Diese waren gerade dabei, völlig entzückt, von den exotisch und archaisch wirkenden kambodschanischen Fischern Fotos zu machen. Bis sie mich dann als einzigen „weißen“ auf der anderen Seite entdeckten. Dass schien sie alle sehr zu verwundern, sodass dann schnell auch die Kameras weggelegt wurden.

 

Auch der nächste Tag sollte besonders werden. Ich hatte mich nämlich schon seit über einem Monat für den Angkor International Halfmarathon angemeldet. Dieser 21 Kilometer lange Halbmarathon feierte sein 20 jähriges Jubiläum. Dabei handelt es sich um eine durchaus auch international bekannte Veranstaltung, zu der alljährlich viele Tausend Läufer aus allen Teilen der Welt anreisen. Gleichzeitig hatten die Teilnehmer aber  auch die Möglichkeit, an Stelle der 21 Kilometer auch nur 10 oder sogar auch nur 3 Kilometer zu laufen. So nahmen in diesem Jahr über 8000 Menschen an den Veranstaltungen teil, beim Halbmarathon selber konnten über 3000 Teilnehmer/innen gezählt werden. Der überwiegende Teil davon waren Australier oder Asiaten aus dem ostasiatischen Raum (sprich China, Japan, Korea und Singapur). Viele waren extra dafür, über das Wochenende angereist. Auch einige international durchaus ambitionierten Läufer nahmen teil. Lediglich einheimische Khmers waren deutlich unterrepräsentiert. Das liegt vermutlich daran, dass Laufen gehen hier ein eher wenig praktizierter Sport ist und man als Läufer manchmal bewundernde, meist aber eher verwunderte Blicke zu spüren bekommt. Beachtet man aber die Durschnittstemperaturen und die hohe Luftfeuchtigkeit, wird schnell klar wieso.

 

Beim Angkor International Halfmarathon handelt es sich um einen Lauf mit weltweit wohl ziemlich einmaligem Charme. Er führt nämlich nicht etwa durch die Innenstadt von Siem Reap, sondern durch den Archäologisch Park von Angkor. Zwar habe ich über den mangels Zeitmangel bisher kaum berichtet, aber im kurzen Zusammengefasst ist Folgendes wichtig. Zwischen dem 9. Und dem 14. Jhr. n. Chr. beherrschten die Khmer ein Großreich, was sich über fast ganz Südostasien erstreckte. Zentrum dieses Reiches war die Stadt Angkor. Hier lebten damals über 1 Million Menschen. Damit war Angkor bei weitem die größte Stadt der damaligen Welt (z.Vgl. in London lebten da gerade einmal 40 000 Menschen). Während dieser Zeit blühten hier in Kambodscha Kunsthandwerk und Kultur und die Gottkönige ließen unzählige prachtvolle Tempelanlagen errichten. Bis auf den heutigen Tag sind davon über 1000 Stück erhalten. Die größten und wichtigsten davon stehen hier im Archäologischem Park von Angkor. Und genau an diesen Monumenten vorbei ging die Marathonstrecke entlang. Deshalb ist der Lauf mit der Zeit immer populärer geworden. Die Einnahmen werden einem guten Zweck zugeführt, der Großteil davon geht an Projekte für Landminenopfer. Um auch diesen Menschen etwas Gutes zu tun und ihnen zu zeigen, dass auch sie durchaus sportlich leistungsstark sind, durften sie kostenlos am Rennen teilnehmen. So nahmen am 21 Kilometerlauf auch zahlreiche Rollstuhlfahrer teil, die echt beeindruckend schnell unterwegs waren.

 

Blöderweise musste ich für den Lauf schon um 4 Uhr Nachts aufstehen, da er aufgrund der Mittagshitze schon um 6 Uhr morgens beginnen sollte. Start-und Ziellinie befanden sich vor dem Angkor Wat, der größten Tempelanlage Kambodschas und dem größten religiösen Gebäude der Welt. Fürs frühe Aufstehen wurden wir Läufer dann aber auch mit einem grandiosen Sonnenaufgang vor der Kulisse Angkor Wats belohnt. Nach anfänglicher Verspätung aufgrund Sichereitsproblemen,  angeblich soll eine thailändische Prinzessin auch am Lauf teilgenommen haben, ging es dann auch endlich los. Blöderweise nur, hatte ich mich  ganz hinten angestellt und daher dauerte es erstmal geschlagene 5 Minuten, bis sich die dreitausend Leute vor mir in Bewegung gesetzt haben.  Machte aber nichts, das Laufen machte Spaß und viel mir wesentlich leichter als erwartet. So konnte ich viele Leute überholen und mein eigenes Tempo finden. Irgendwann habe ich dann gemerkt, dass ich eigentlich sogar relativ gut war und habe dann versucht, wirklich alles zu geben. Zwischenzeitlich habe ich dann einmal eine Banane gegessen und immer mal wieder Wasser oder ein Elektrolytegetränk getrunken.  Während die ersten 10 Kilometer wie im Fluge vergingen, zogen sich die nächsten 11 dafürumso mehr. Doch die zahlreichen kleinen Kinder, die begeistert am Straßenrand nur darauf warteten, einen Abzuklatschen, waren mehr als Motivation genug . So lief ich dann immer weiter  und weiter, bis es irgendwann dann am Bayontempel vorbeiging. An diesem für seine 54 riesigen lächelden Buddhagesichter bekannten Tempel ging es dann weiter zum Stadttor von Angkor Thom und von da aus war es nach der großen Brücke mit den Götter- und Dämonenstatuen nur noch ein kurzer Weg bis zur Ziellinie. Ich habe versucht wirklich alles zu geben, und hatte deshalb leider nur ein paar kurze Blicke die wunderschöne Umgebung über. Dafür kam mir das Ganze dann aber auch relativ kurz vor und die Zeit, die ich gelaufen bin, war deutlich besser als vorher erwartet hätte. Laut der Chipzeitmessung bin ich auf 21 Kilometern Strecke etwas über 1 Stunde und 49 Minuten gelaufen. Damit bin ich exakt der 200. Von ca. 1800 Männern geworden. Ich war dann also mehr als zufrieden, und bin glücklich aber völlig erschöpft nach Hause gefahren. Dort habe ich dann erstmal ein paar wohlverdiente Stunden Schlaf nachgeholt. Nun ja, das viele nächtliche Laufen gehen (tagsüber ist es zu warm) hat sich endlich mal gelohnt. Sieger ist übrigens ein Australier geworden, der bei diesen Temperaturen eine ziemlich schnelle Zeit von gerademal 1 Stunde und 12 Minuten gelaufen ist.

 

Solltet ihr vielleicht auch einmal nach Siem Reao kommen und Interrese an diesem Halbmarathon haben, so findet ihr unter diesem Link mehr Informationen über die Veranstaltung:

www.angkormarathon.org


24.11. bis 26.11.2015

Bericht über das  große Wasserfest von Siem Reap und von der Reisernte


Moin, heute gibt es wieder mal ein kleines Update, von all dem,  was ich in der Zwischenzeit so erlebt habe. Letzte Woche hatte ich, mit Ausnahme des Freitags, fast die ganze Woche lang frei. Grund dafür war Bon Um Tuk, oder auch besser bekannt als das kambodschanische Wasserfestival. Das große Wasserfest findet alljährlich Anfang November immer drei Tage lang bei Vollmond statt. Daher richtet sich der jährliche Termin auch immer nach dem Stand des Mondes.


Das Wasserfest gehört neben dem Khmer Neujahr und dem Totengedenktag Bon Chum Ben zu den wichtigsten Festen im Jahr. Es wird aus zwei verschiedenen Gründen gefeiert. Zum einen möchte man an eine gewonne Seeschlacht der Khmersoldaten auf dem Tonle Sap-See erinnern. Im 12/13. Jahrhundert befand sich die Hochkultur von Angkor, unter der Herrschaft des Gottkönigs Jayavarman des 7. auf dem Höhepunkt ihrer Macht. Jayavarman der 7. ließ nicht nur zahlreiche grandiose Tempelbauten, Straßen, Bibliotheken und öffentliche Krankenhäuser errichten, sondern er führte auch zahlreiche Kriege. So konnten seine Soldaten u.a. eine große Seeschlacht gegen das Nachbarreich der Cham gewinnen. An diesen Sieg und an den Traum von vergangener Größe wollen die Kambodschaner mit ihrem Wasserfestival errinnern. Traditionell werden daher große Bootsparaden und Drachenbootrennen veranstaltet. Der König bzw. Die lokalen Machthaber repräsenieren sich gegenüber des Volkes.


Ein weiterer Grund dafür, ergibt sich durch den Verlauf der Jahreszeiten. Das Wasserfestival fällt genau in die Übergangszeit zwischen Regen- und Trockenzeit. Während die gewaltigen Niederschläge nun allmächlich seltener werden, sind viele Früchte reif und es steht die Zeit der großen Reisernte vor der Tür. Bon Um Tuk hat daher auch ein wenig den Charakter eines Erntedankfestes.


Zwar veranstaltet jede größere kambodschanische Provinzstadt ihr eigenes Wasserfestival, das größte findet aber alljährlich unter den wachsamen Augen des Königs Sihamoni in der Hauptstadt Phnom Penh statt. Dafür strömen Millionen Menschen aus allen Teilen des Landes an das Mekongflussufer, um die großen Drachenbootrennen zu bestauen (in ein Boot passen dabei bis zu 70 Menschen!). Es sind sogar so viele, sodass es 2010 leider zu einer verherrenden Massenpanik mit über 300 Toten gekommen ist. Zur gleichen Zeit lässt sich in Phnom Penh aber auch ein weltweit einmaliges Naturschauspiel bewundern. Der große Tonle Sap-Fluss ändert einfach seine Fließrichtung. Normalerweise wird der riesige Tonle Sap-See durch den Tonle Sap-Fluss, welcher auf Höhe der Hauptstadt Phnom Penh in den Mekong mündet, entwässert. Der Mekong ist ein gigantischer Strom und bildet die Hauptschlagader Südostasiens. Während der Monate April und Mai, steigen die Wassermassen im Mekong, bedingt durch die Schneeschmelze im Himalaya und den einsetzenden Monsunregen, massiv an. Dem Mekong gelingt es nicht mehr, die Wassermassen über das Mekong-Flussdelta ins Meer abzuführen. Darum wird all das Wasser nun in den Tonle Sap-Fluss zurückgedrückt. Dieser ändert dadurch seine Fließrichtung. Anstatt in den Mekong zu münden, fließt er jetzt plötzlich wieder in den Tonle Sap-See zurück. Dieses weltweit einmalige Phänomen kehrt sich aber mit dem Abflauen der Regenfälle Anfang November wieder um. Auf der Höhe Phnom Penhs ändert der Tonle Sap-Fluss also nun wieder seine Fließrichtung und wird wieder zu einem „ganz normalem Fluß“, der einfach in den nächst größeren Fluß (in diesem Fall ist es der Mekong) mündet.


Eigentlich hatte ich geplant, anlässlich des Wasserfestivals wieder einmal zu verreisen, um in Phnom Penh zusammen mit den anderen Freiwilligen des VJFs die Bootsrennen zu bewundern. Daraus wurde an aber leider nichts, da das Wasserfest in Phnom Penh abgesagt wurde. Grund dafür war angeblich ein zu niedriger Wasserstand des Mekong, aber es war augenscheinlich, dass das Wohl an den Haaren herbeigezogen war. Der eigentliche Grund dafür war wohl eher die aktuellen politischen Spannungen zwischen der Regierungspartei des diktorisch seit über 35 Jahren regierenden Premierministers Hun Sen und der Oppositionspartei. Er kürzlich waren nämlich zwei oppositionelle Abgeornete vor dem Parlament in Phnom Penh blutig zusammengeschlagen worden. Der überaus unbeliebte Regierungschef wollte daher wohl eher große, und damit schwer kontrolierbare Menschenansammlungen verhindern. Mittlerweile ist übrigens die politische Lage derart eskaliert, das der hier sehr populäre Oppositionsführer, aufgrund eines eindeutig politisch motivierten Haftbefehls (wegen angeblicher Beleidigung eines Regierungsministers), ins Exil nach Paris gehen musste. Aus diesem Grund, mussten wir daher alle mit dem etwas kleineren Wasserfestival hier in Siem Reap Vorlieb nehmen und bekamen stattdessen Besuch von den anderen Freiwilligen aus Phnom Penh.


Im Nachhinein aber sollte sich das „kleine“ Wasserfestival hier in Siem Reap dann aber als überaus sehenswert herausstellen. Rund um den Siem Reap-Fluss waren schon Tage im Voraus die Bäume zurechtgestutzt und zahlreiche Dekorationen angebracht worden. Allabendlich erstrahlten die Brücken in bunten Faben und die zahlreichen Lichterketten traten ihren Dienst an. Besonders schön war aber, das jede Behörde und jedes Institut das Bedürfnis hatte, sich direkt am Flussufer zu repräsentieren. Dafür wurde kleine Flöße auf den Fluss gesetzt auf denen das übergroß in Leuchtbuchstaben das jeweilige Logo der Behörde prangte. So waren unter anderem das kambodschanische Tourismusministerium, die Landwirtschaftskammer und sogar die kambodschanische Armee vertreten.


Innerhalb kürzester Zeit wurden dann zahlreiche Verkaufszelte aufgebaut und dass Flussufer verwandelte sich in einen gigantischen Marktplatz. Das Ganze errinnerte ein wenig an das Maschseefest in Hannover. Überall gab es Essensstände, die eine unglaubliche Vielfalt an kleinen Leckerbissen anboten. Anders als in Deutschland hatte das Fest aber auch ein wenig den Charakter einer Produktmesse. So waren zahlreiche Familien aufgekreuzt, um einen Blick auf den „neusten Schrei“ aus Thailand zu erhaschen. So gab es Stände die ausschließlich Matratzen, Küchenmixer, Duschgel oder andere neue wundersame Produkte aus dem  industriell entwickelten „Wunderland“ Thailand verkauften. Am besten gefiel mir dabei der Zahnpastaprobierstand. Auf der Uferstraße waren viele Kleinkünstler unterwegs, die die Menschen für ein paar Riel mit ihren Kunststückchen erfreuten.


Höhepunkt des Wasserfestes waren aber die zweitägigen Drachenbootrennen. Hierbei handelte es sich um ein großes Spektakel und die Flussufer waren von tausenden Menschen, die von  überall aus der Umgebung angereist waren, gesäumt. Es traten sowohl reine Männer- und Frauenteams, als auch gemischte Mannschaften gegeneinander an. So ein Bootsrennen erfordert aber so einiges an Vorbereitung. Die Teams müssen Monate vorher mit dem Training beginnen. Sie kommen mitunter von weit her. Meist treten ganze Dorfgemeinden, aber auch Unternehmen, Behörden, oder sonstige Gemeinschaften mit ihrem eigenem Team an. Sogar das kambodschanische Militär war mit einem eigenen Boot vertreten. Die meisten Boote sind das Jahr über auf dem Gelände der örtlichen Pagode untergebracht und werden vor dem Rennen von den Mönchen gesegnet. Damit aber auch am Tag des Rennens nichts den Zufall überlassen bleibt, finden sich im Bug des Bootes stehts ein paar Opfergaben.  Kurz nach dem Startpfiff entwickelten die Boote dann aber auch ein stattliches Tempo und waren schnell aus dem Blickfeld verschwunden. Die Rennstrecke verlief unter zwei Brücken hindurch und war einige hundert Meter lang. Die zum Teil ziemlich knappen Rennen fanden dann an der schwimmenden Ziellinie direkt vor dem Festzelt des Provinzgouverneures ihr Ende. Die Menschen waren begeistert dabei und feuerten ihre jeweilige Mannschaft lautstark an.


Besonders schön wurde es dann aber immer gegen Abend am Flussufer. Jeden Abend gegen 6 Uhr wurde ein großes Feuerwerk abgefeuert und zusätzlich zum Schein des Vollmondes war alles sehr festlich durch die blinkenden Lichterketten und schwimmenden Flöße illuminiert. Gewiefte Händler verkauften kleine Pappröhren an die Kinder. Aus diesen konnten dann kleine Feuerwerkskörper abgefeuert  werden. Insofern ging das Feuerwerk zumindest inoffiziel noch lange weiter. Am zweiten Tag sollte dann eine besondere Zeremonie stattfinden, die sogenannte Protipzeremonie. Bei einem Protip handelt es sich um ein hübsches, kunstvoll mit Blumen verziertes kleines Flößchen. Umbedingt darauf gehören auch Räucherstäbchen, Kerzen sowie eine Schale mit Reis, Beeren und Süßigkeiten. Es ist sehr zeitaufwendig und künstlerisch anspruchtsvoll, solch ein Protip selbst herzustellen. Meine Arbeitskollegin Sreynith hat mir berichtet, dass sie zusammen mit ihren Schwestern den ganzen Vormittag damit verbracht hat, einen Baum zu fällen und das Flößlein herzustellen. Sobald die Sonne unter und der Vollmond aufgegangen ist, werden die Flöße dann dem Wasser als Opfergabe übergeben. Die Menschen glauben nämlich auf diese Weise ihre verstorbenen Vorfahren erreichen zu können. Und damit diese in der Geisterwelt auch schließlich keinen Hunger leiden müssen, werden ihnen gleich noch Reis und Süßigkeiten mitgeschickt. Der Fluß wurde nun also von tausenden darauf schwimmenden Kerzen erhellt und war wahrlich wunderschön anzusehen.


Zudem würde ich gerne noch von einem weiteren Erlebnis berichten. Am morgen des ersten Feiertages, haben wir uns (meine Mitbewohnerinnen Freya, Lina und ich) sowie ein paar andere Freiwillige aus Phnom Penh auf den Weg gemacht, um meiner Arbeitskollegin Tiem Noeurm bei der Reisernte zu helfen. Sie wohnt in einem kleinen Dorf ungefähr eine Stunde mit dem Fahhrad vom Stadtzentrum entfernt. Die Familie besitzt mehrere große Reisfelder und sobald Tiem Noeurm nicht gerade in der Schule mitarbeitet, muss sie ihre Verwandten bei der Reisernte unterstützen. Sobald wir dort eingetroffen waren, wurden uns auch schon gleich ein paar Sicheln in die Hand gedrückt und dann ging es los aufs Feld. Reishalme abschneiden und danach zu großen Bündeln zusammenbinden. Man hat ziemlich schnell gemerkt, das es sich dabei um körperlich ziemlich anstrengende Arbeit handelt. Nicht auszudenken, wie es sich anfühlen muss, Tag ein Tag aus in solch einer Hitze auf dem Reisfeld zu stehen und ständig ein und dieselben Bewegungen zu machen. Vor dem einfachen Arbeitskräften in dieser Landwirtschaft völlig ohne technische Hilfsmittel, sollte man einen ganz schönen Respekt haben. Leider hatten einige der Mädchen zu wenig gefrühstückt, sodass der ganze Spaß schon nach einer Stunde vorbei war. Dennoch wurden wir alle danach mit einem köstlichen Essen bewirtschaftet und ich hatte schon ein echt schlechtes Gewissen, aufgrund des großen Ungleichgewichtes, zwischen dem Nutzen den wir der Familie erbracht haben, und der Mühe, die es gekostet haben musss, solch ein Essen zu kochen.


28.11.2015

Der Tonle Sap- Direkt vor meiner Haustür: Südostasiens größter Süßwassersee


So, manch einer von euch wird sich bestimmt schon einmal folgendes gefragt haben: „Sag mal was treibt der Kerl eigentlich so an seinen ganz normalen Wochenenden?“ Die Antwort darauf ist eigentlich recht simple. Meistens ruhe ich mich einfach nur von einer anstrengenden Arbeitswoche aus und lerne ein wenig Khmer. Oder ich genieße zusammen  mit den anderen Freiwilligen, dass kleine, aber feine Nachtleben der Stadt. Meistens zumindest! Oft reizt mich aber auch mal wieder die Unternehmungslust, denn es gibt immer noch genug für mich in der Umgebung zu erkunden. Ganz oben auf dem Plan, allein schon aus Kostengründen, stehen dabei Fahrradtouren. An dieser Stelle möchte ich nun gerne eines meiner Lieblingsziele vorstellen: den Tonle Sap-See.


Beim Tonle-Sap See handelt es sich um einen sehr großen See, genauer gesagt den größten See Südostasiens. Seine Ausläufer beginnen südlich der Stadt Siem Reap. Von meiner Wohnung aus ist er in ca. 12 km und damit nach ca. einstündiger Fahrradfahrt leicht zu erreichen. Der See ist ein  ganz besonderes und für das Land unverzichtbar wichtiges Gewässer. Während der Trockenzeit ist  Tonle Sap-See lediglich 3000  groß. Entwässert wird er durch den Tonle Sap-Fluss, welcher auf Höhe der Hauptstadt Phnom Penh in den Mekong mündet. Der Mekong ist ein gigantischer Strom und bildet die Hauptschlagader Südostasiens. Während der Monate April und Mai, steigen die Wassermassen im Mekong, bedingt durch die Schneeschmelze im Himalaya und den einsetzenden Monsunregen, massiv an. Nun geschieht etwas weltweit Einmaliges. Dem Mekong gelingt es nicht mehr, die Wassermassen über das Mekong-Flussdelta ins Meer abzuführen. Darum wird all das Wasser nun in den Tonle Sap-Fluss gedrückt. Dieser ändert dadurch seine Fließrichtung. Anstatt in den Mekong zu münden, fließt er jetzt plötzlich wieder in den Tonle Sap-See zurück. Da Kambodscha ein sehr flaches Land ist, schwillt der Tonle Sap-See so  bis auf ca. 25000  an, das 8-fache seiner vorherigen Größe an. Er ist damit ca. 50-mal größer als der Bodensee. Mit Ende der Regenzeit im November kehrt sich das Ganze dann wieder um, und das Wasser fließt über den Tonle Sap-Fluss wieder zurück in den Mekong.


Der Tonle- Sap ist nicht nur aus geografischer Sicht für das ganze Land extrem bedeutsam, nein er bildet für Millionen der hier lebenden Menschen die wichtigste Lebensgrundlage. Der See sich ist nämlich das fischreiste Binnengewässer der Welt. Hier werden jährlich 100000 tausende Tonnen Fisch gefangen. Fisch bildet neben Reis das Hauptnahrungsmittel der Menschen. Er kommt entweder sofort auf den Tisch oder wird in der Sonne getrocknet um ihn länger haltbar zu machen. Oft wird er auch zu der etwas übelriechenden, aber sehr proteinreichen fermentierten (vergammelten) Fischpaste namens Prahok verarbeitet (siehe dazu den Artikel über meinen Kurztrip nach Battambang). Diese ist wegen ihres markanten Duftes übrigens auch als kambodschanischer Käse bekannt. Aber auch für die Landwirtschaft ist der Tonle Sap extrem wichtig. Um den See herum befinden sich ausgedehnte Schwemmlandgebiete. Schwillt der See nun während der Regenzeit auf seine riesige Größe an, werden diese überflutet und der enorm fruchtbare Schlamm des Mekongs kann sich hier absetzen. Nachdem das Wasser in der Trockenzeit dann wieder zurückgegangen ist, können die Reisbauern meist eine sehr gute Ernte einfahren. Zudem dient er als gigantischer natürlicher Wasserspeicher, sodass ihm jederzeit über Bewässerungskanäle genügend Wasser für die Landwirtschaft abgezweigt werden kann.  Ähnlich wie bei der alljährlich wiederkehrenden Nilflut im alten Ägypten auch, waren diese jährlichen Überschwemmungen ein bedeutender Faktor bei der Entstehung der Hochkultur von Angkor und ihrer gigantischen Tempelanlagen.


Der Tonle Sap- See ist aber natürlich nicht unbewohnt. An seinen Ufern, und sogar auf ihm selber, leben hunderttausende Menschen. Dabei herrschen zwei verschiedene Wohnformen vor. Am Seeufer leben die meisten Menschen  in großen Stelzenhäusern. Auf dem See selber existieren aber auch zahlreiche, sogenannte schwimmende Dörfer. Die Menschen leben in kleinen Hütten, die über einem großen Floß errichtet sind und so auf dem Wasser schwimmen. Dann werdenunter diesen Häusern zumeist große Fischernetze aufgespannt, sodass man ganz einfach während man so vor sich hin lebt, noch ein wenig Fisch fangen kann. Diese Dörfer wechseln daher mehrmals im Jahr, bedingt durch Ausdehnung des Sees und die Fischströme, ihren Standtort. Die Bewohner ziehen dann ganz einfach mit ihrer Floßhütte um. Obwohl viele Fischerfamilien meist sehr arm sind, verfügen diese schwimmenden Dörfer über eine erstaunliche Infrastruktur. So gibt es schwimmende Märkte und Tankstellen, sowie sogar eine staatliche Schule. Auch für das religiöse Leben ist gesorgt. So konnte ich schon mehrere schwimmende christliche Kirchen und buddhistische Tempelboote entdecken.


Alles in allem spielgelt sich am Ufer des Tonle Saps auch die ethnische Vielfalt des Landes wieder. Während das Ufer zumeist von Khmer (Theravada-Buddhisten) aber vereinzelt auch von Angehörigen der muslimischen Cham-Minderheit  besiedelt ist, leben in den schwimmenden Dörfern zumeist christliche oder Mahayana-buddhistische Vietnamesen. Das Verhältnis zwischen Khmer und Vietnamesen ist, historisch bedingt, allerdings sehr angespannt und es herrscht ein ausgeprägter Hass auf die jeweils andere Gruppe vor.


Wie überall anderswo auf der Welt auch, sieht sich dieses sonst so fisch- und vogelreiche Gewässer mit gravierenden Umweltproblemen konfrontiert. Da jährlich Unmengen an Fisch gefangen wird, könnte der See schon bald überfischt sein. In letzter Zeit sind an den Seeufern zahlreiche Krokodilfarmen entstanden, um die gestiegene Nachfrage nach Krokodillederhandtaschen in China bewältigen zu können. Diese Krokodile müssen natürlich auch irgendwie gefüttert werden, weshalb man nun auch angefangen hat, diese mit Wasserschlangen zu füttern. Natürlich sehr zu Leidwesen der Bestände. Ist der Wasserstand dann aber nun einmal so weit gesunken, dass die ersten sonst überschwemmten Baumkronen aus dem Wasser hervorragen, beginnt die große Rattenjagdsaison. Die Menschen wagen sich nun mit kleinen Booten an die Baumspitzen hervor, um mit Harpunen bewaffnet, die Wasserraten aufzuspießen. Diese ernähren sich aber sehr gesund (ausschließlich von Fruchtsamen) und können daher bedenkenlos an die Krokodile verfüttert oder gebraten an einem Straßenimbiss erworben werden. Ein weiteres bedenkliches Problem ist aber die Versandung des Sees. Bedingt durch zahlreiche neue Staudammprojekte am Oberlauf des Mekong in China und Laos, droht der See immer flacher zu werden und zu versanden. Weiterhin  ist der eigentlich so fruchtbare Schlamm des Mekong zunehmend durch giftige, ungeklärte chinesische Industrieabwässer verunreinigt.


Wenn ich mich nun also mit meinem Fahrrad zum Tonle Sap auf den Weg mache, heißt es für mich eigentlich immer nur gerade aus fahren. Lange Zeit kann ich dabei direkt am schönen Flussufer des Stung Siem Reap vorbeifahren (übrigens auch eine prima Joggingstrecke. Je weiter man aus der Stadt herauskommt, desto öfter werden die Straßenseiten dann auch von den einfachen, typisch kambodschanischen Holzhäusern gesäumt. Zunehmend nimmt dann auch der Bebauungsgrad ab. Irgendwann fährt man da nur noch an wunderschön leuchtenden Feldern vorbei, auf denen Lotosblumen wachsen. Am Straßenrand können die Lotussamen, welche man auch sehr gut zum Teekochen verwenden kann, dann gleich auch käuflich erworben werden. Dazwischen stehen langgestreckte Pfahlbauer. Hierbei handelt es sich um typisch kambodschanische Ausflugslokale. Im Inneren gibt es aber weder Tische noch Stühle sondern überall sind Hängematten aufgespannt. Die Einheimischen lieben es, am Wochenende mit der gesamten Großfamilie hier herzukommen. Dann wird ganz einfach ein Teil der Hütte gemietet, und jeder macht es sich in seiner eigenen Hängematte bequem. Da Speisen selber mitgebracht werden dürfen, fangen dann auch gleich alle an ein großes Picknick zu veranstalten und die Männer trinken reichlich Bier mit Eiswürfeln. Auch wenn man hier also am anderen Ende der Welt zu sein scheint, im Grunde genommen scheinen die Vostellungen davon, wie man ein schönes  Wochenende mit der Familie verbringen kann, weltweit doch sehr ähnlich zu sein.


Deutlich sichtbar beginnt dann irgendwann ein großer Hügel aus der sonst so flachen Ebene hervorzuwachsen, der Phnom Krom Berg. Zwar sieht dieser Berg von außen ziemlich kahl aus, trotzdem wartet er mit gleich mehreren tollen Dingen auf. Hat man sich erst einmal die vielen steilen Treppenstufen bis zu seiner Spitze emporgekämpft, gibt es oben gleich  zwei Tempelanlagen zu entdecken. Die eine ist zwar ziemlich modern, aber dennoch ganz nett anzusehen. Die andere dagegen ist sehr  besonders. Hierbei handelt es sich um verfallen Ruinen eines Tempels aus dem 10. Jahrhundert. Erbaut wurde er durch die  Hochkultur von Angkor. Dass absolut beste beim Besteigen des Hügels ist aber die Aussicht, die man von den verfallenen Tempelruinen aus genießen kann. Blickt man nach Norden, schweift der Blick kilometerweit über Reisfelder, bis man schließlich die Stadt Siem Reap und manchmal sogar fast 50 Kilometer weit im  Norden das Phnom Kulen Gebirge erkennen kann. Auf der anderen Seite blickt man über die ausgedehnten Wasserflächen des Tonle Sap- See. Während der Abenddämmerung wird die Umgebung in ein ganz weiches und trozdem gleißendes  Licht getaucht. Die Sonnenuntergänge können sehr schön sein, besonders, weil sich die letzten Sonnenstrahlen dann überall in den überfluteten Reisfeldern wiederspiegeln.  Am Fuße des Hügels liegt das Fischerdorf Chong Neas. Hier reihen sich die Stelzenhäuser direkt bis ans Wasser. Zudem fungiert es auch als Hafen Siem Reaps und von hier aus fahren auch die Hunderttausende von Touristen zu ihren Erkundungstouren in die schwimmenden Dörfer ab. Trotz Massentourismus hat sich das Dorf aber seinen ganz eigenen Charme erhalten können. Auf den Straßen stapeln sich mitunter noch  bergeweiße die  Plastiksäcke mit frischem Fisch. Der Phnom Krom Hügel ist daher ein sehr schönes Ausflugziel um jemandem die schöne ländliche Umgebung  Siem Reaps zu zeigen. Aus diesem Grund  bin ich daher auch erst gestern wieder mit Carolin, einer Freiwilligen aus Phnom Penh, die uns hier anlässlich des Wasserfestivals einen Besuch abgestattet hat, zum Phnom Krom gefahren, um ihr ein wenig von unserem neuen Zuhause hier zu zeigen.


Auch während meines Wochenendtrips nach Battambang bin ich wieder einmal mit dem Tonle Sap-See in Berührung gekommen. Ich hatte nämlich beschlossen, an Stelle des Busses das Speedboat, welches während der Regenzeit zwischen Battambang und Siem Reap verkehrt, zu nehmen. Der Name Speedboat war dabei zumindest ein wenig irreführend. Nach dem ich mal wieder um 5 Uhr morgens aufstehen musste, entpuppte sich das Ganze als eine siebenstündige Reise, die ich nahezu ausschließlich oben auf dem Bootsdeck verbracht habe. Vorbei ging es im Morgennebel über verschiedene Flüsse an Pfahlhaussiedlungen und Pagoden. Dabei konnte man immer wieder Fischer mit ihren winzigen Booten erkennen und eine Kette aus an der Wasseroberfläche schwimmenden Plastikflaschen deutete darauf hin, wo sich ihre Fischernetzte gerade befanden. Irgendwann verließen wir dann die besiedelten Räume und das Boot fuhr durch Marschland und durch überflutete Wälder. Zeitweise war die Fahrrinne dabei so schmal, dass man auf dem Bootsdach immer auf der Hut sein musste, nicht von Ästen verletzt oder vom Dach gestoßen zu werden. Als ich nach ca. 6 Stunden dann endlich den Phnom Krom-Hügel am Horizont über dem großen See aufragen sehen konnte, habe ich mich schon fast wie daheim gefühlt. Blöd nur, dass ich mich natürlich nicht mit Sonnencreme eingecremt hatte, und mir nach sieben Stunden auf dem Bootsdach herumliegen, einen stattlichen Sonnenbrand zugezogen  hatte.


08.11.2015

Lebensnotwendiger Brunnenbau- Ein Besuch bei den Ärmsten der Armen

 

Letzten Sonntag habe ich mal wieder etwas erlebt, wovon ich gar nicht anders kann, als euch davon zu berichten. Zusammen mit den Geschäftsführern einer deutschen Hilfsorganisation und ihrem kambodschanischem Partner hatte ich die Möglichkeit, ein paar Brunnenbauprojekte besichtigt. Bei dieser Hilfsorganisation handelt es sich um den „Freundeskreis Vision Kambodscha e.V.“ Ziel der Organisation ist es, der armen unterprivilegierten Landbevölkerung einen besseren Zugang zur Trinkwasserversorgung zu ermöglichen. Hierbei handelt es sich in Kambodscha um ein leider noch sehr weit verbreitetes und schwerwiegendes Entwicklungshemmnis mit gravierenden Auswirkungen. Die überwiegende Mehrheit der Kambodschaner lebt  auf dem Land und verdingt sich dort als Reisbauern. Viele leben dabei in bitterer Armut. Während die Trinkwasserversorgung in den Städten kein Problem darstellt und man überall für wenig Geld große recyclebare Kanister mit Wasser kaufen kann, ist die Situation auf dem Lande ein ganz andere. Hunderttausende Menschen haben noch immer keinen Zugang zum lebensnotwenigem sauberen Trinkwasser. So etwas wie einen gemeinschaftlichen Wasserbrunnen gibt es oft gar nicht und es macht sich auch sonst kein Unternehmen die Mühe, diesen Menschen irgendwie mit Trinkwasser zu verkaufen. Davon einmal abgesehen, dass sie sich aufwendig in Kanister abgefülltes Trinkwasser vermutlich auch gar nicht leisten können. Daher bleibt vielen Familien nichts anderes über, als einfach das verdreckte Wasser aus Pfützen und Schlammlöchern direkt vor ihren Behausungen zu trinken. Zumindest Pfützen sind im regnerischen und an sich sogar recht wasserreichen Kambodscha omnipräsent. Zumindest während der Regenzeit, in der es fast jeden Tag ausgiebig regnet. Während der anderen Jahreshälfte aber herrscht die Trockenzeit vor. Das bedeutet, dass 6 Monate über nahezu kein Regen fällt und das Land unglaublich schnell austrocknet. Umso schwerer wird es natürlich für die Menschen, genügend Wasser zum Trinken zu finden. Dass Wasser, was sehr lange Zeit über in irgendwelchen Pfützen vor sich hin gestanden hat, nicht gerade gesund zum Trinken ist, dürfte eigentlich jedem klar sein. Insbesondere da, bedingt durch das heiße und schwüle Klima hier, Bakterien noch viel bessere Möglichkeiten haben, sich schnell zu vermehren, als anderswo auf der Welt. Gerade im armen Kambodscha ist das ein riesen Problem, da praktisch kein Gesundheitssystem besteht. Die wenigen Krankenhäuser die es gibt, konzentrieren sich auf die größeren Städte. Sie  sind sehr schlecht ausgerüstet und das Personal ist mangelhaft ausgebildet. Zudem ist eine Behandlung dort für die einfachen Bauern unbezahlbar. Durch den Konsum von solch dreckigem Wasser sind daher viele Menschen, insbesondere die kleinen Kinder, ständig krank. Ganz erschreckend ist diese Tatsache, wenn man bedenkt dass in Kambodscha ca. 60% der Kinder, bedingt durch die armseligen hygienischen Verhältnisse während der Geburt, von ihren Müttern Tuberkuloseerreger mit ins eigene Blut übernehmen. Solche Dinge in Kombination mit verdrecktem Trinkwasser führen natürlich zum Ausbruch zahlreicher Krankheiten und beeinträchtigen die körperliche Entwicklung der Kinder massiv. Wär nun aber erwarten würde, dass die Regierung hier gegen etwas unternimmt und etwa Programme zur Verbesserung der Trinkwasserversorgung aufgelegt hätte, der hat sich getäuscht. Die korrupte Elite des Landes ist lediglich damit beschäftigt, sich immer mehr Geld in die eigene Tasche zu scheffeln und sich mit der politischen Opposition in der Hauptstadt zu zanken.

 

Insofern leistet Vision Kambodscha, dadurch, dass sie für diese Menschen Brunnen errichten, einen wichtigem Beitrag zur Entwicklung des Landes. Vision Kambodscha besteht erst seit zwei Jahren und ist daher noch ein sehr junger Verein. Trotzdem konnten mittlerweile schon fast 50 Projekte verwirklicht werden. Viele diese Projekte befinden sich in Odor Meanchey, der verarmten nördlichen Nachbarprovinz Siem Reaps. Dort hin haben wir uns am Sonntag ca. zwei Stunden mit einem Jeep auf dem Weg gemacht um bereits fertiggestellte Brunnen zu besichtigen und nach neuen geeigneten Bauplätzen Ausschau zu halten.

 

Zwar bekomme ich hier in Siem Reap jeden Tag ziemlich krasse Armut zu Gesicht und daran, dass das Ganze Land irgendwann in Müll ertrinken wird, habe ich mich auch schon gewöhnt. Doch die Armut in der Stadt steht in keinem Vergleich zu dem, was man dort auf dem Lande sehen konnte. Dort gibt es keine Strom- oder Wasserversorgung. Manchmal kommt allerdings ein Wagen vorbei, der aufgeladene Autobatterien vorbeibringt, sodass sie Menschen wenigsten ein bisschen Strom haben. Dort in Odor Meanchey haben wir ein sehr kleines Dorf besucht. An sich einfach nur eine Ansammlung von Behausungen längs einer großen Straße. Ich verzichte hier bewusst aus das Wort Häuser, denn das, worin die Menschen dort wohnen, kann man nicht mal mehr als Hütte bezeichnen. Die Behausungen bestanden aus einem Stockgestell. Wände und Dächer waren mit getrockneten Palm- bzw. Bananenblättern gedeckt. Dass es sich hierbei um die ärmsten der Armen handelt, ließ sich schon daran erkennen, dass sie sich nicht einmal ein verrostetes Wellblechdach leisten können. In einem Haus gab es sogar gar keine richtigen Wände, sondern es waren einfach nur Bettdecken aufgespannt. Nicht auszudenken, wie man sich in so einer Behausung bei einem der hier alltäglichen schweren Gewitter fühlen muss. Die Menschen lebten auf unglaublich engen Raum. In einer Hütte, welche lediglich aus einem einzigen kleinem Raum bestand, lebten angeblich ganze 25 Menschen. Unvorstellbar wie das vom Platz her hinkommen soll. In einer anderen Hütte dagegen schlief ein kleiner Junge zusammengekauert auf einer Art Küchentisch. Zwar waren die meisten Menschen vermutlich Reisbauern, allerdings war die Umgebung ziemlich unfruchtbar und die Reisfelder schienen sehr weit weg zu sein. Daher saßen viele der Männer einfach nur beschäftigungslos herum.

 

Der Umgang mit Abfall in Kambodscha ist ein anderer, der Müll wird einfach ohne nachzudenken in die Umgebung geworfen. Daher glich das ganze Dorf einer einzigen Müllkippe. Vision Kambodscha hilft den Menschen dadurch, dass sie ihnen Wasserbrunnen direkt vor die Haustür bauen. Dafür erwarten sie aber, dass sie auf ihrem eigenen Grundstück Ordnung halten und den Müll ordentlich wegschmeißen. Daher hieß es für mich erstmal, gemeinsam mit Kindern rund um einen Brunnen Müll aufzuheben.

 

Allgemein schienen die Menschen hier lediglich dass an Kleidung zu besitzen, was sie am Leibe trugen. Daher liefen die meisten in sehr schmutzigen Klamotten herum und machten seinen sehr vernachlässigten Eindruck. Bei vielen Kindern war die Haut überseht von Insektenstichen, offenen Wunden, Narben und sonstigen Ekzemen. Hier im Dorf hat Vision Kambodscha bereits schon 5 Brunnen errichtet, noch einmal 5 Stück sollen jetzt noch dazukommen. Ein Brunnen besteht aus einer Betonwanne mit einer Handpumpe. Damit die Brunnen auch während der Trockenzeit genügend Wasser abgeben, müssen sie mindestens 30 Meter tief gebohrt werden. Diese Aufgabe übernimmt ein einheimischer Brunnenbauer. Der bohrt die Brunnen noch von Hand und benötigt für einen einzigen Brunnen ca. 2 Tage. Damit der Brunnen aber auch wirklich etwas nützt, müssen sie aber auch regelmäßig gewartet und überprüft werden. Die Menschen schienen zumindest nun sehr glücklich darüber zu sein, einen Brunnen zu besitzen. Ein Familienvater berichtete, dass seine Kinder seit dem sie einen Brunnen hätten, viel seltener krank seien. Durch die nun nicht mehr notwendigen Ausgaben für Behandlungskosten, konnte er nun endlich genug Geld zusammen sparen, um seiner Familie ein richtiges Haus zu errichten. Auch haben sie uns die Wasserlöcher gezeigt, aus denen sie vorher ihr Trinkwasser geschöpft haben. Dass war echt unglaublich. Mit solch dreckigem, milchig trübem Wasser würde bei uns zu Hause vermutlich niemand nicht einmal mehr seine Toilette spülen wollen. Für diese Menschen aber  war es jahrzehntelang Lebensalltag gewesen. Bevor wir uns nun aber auf den Weg machten, die weiteren Brunnen zu besuchen, haben wir aber erst einmal Baguette und  süße Kondensmilch an die Menschen verteilt. Alle, nicht nur die Kinder, schienen überglücklich und das Ganze war in null Komma nichts aufgegessen.

 

Hier im Dorf konnte ich aber auch mal wieder eine Erfahrung machen, die man hier in einem Entwicklungsland öfters mal machen kann. Nämlich die, dass tausende Euros an Spendengeldern einfach vollkommen sinnfrei für irgendwelche Projekte in den Sand gesetzt werden. Vision Kambodscha war nämlich nicht die erste Organisation, die hier im Dorf Trinkwasserbrunnen errichtet hat. Auch eine französische Organisation und eine koreanische Misssionskirche waren hier aktiv gewesen. Allerdings schienen diese Sich überhaupt nicht um ihre Projekte zu kümmern. Alle ihre Brunnen waren funktionsuntüchtig und niemand war in der Lage sie zu reparieren. Zwar hatten die Brunnen einen sehr fotogenen Sockel mit dem Namensschild der Organisation, doch hatte der kambodschanische Erbauer anscheinend lieber das Geld für sich selbst genommen und den Brunnen mangelhaft gebaut. So war der Brunnen lediglich 5 Meter tief. Viel zu wenig, solch ein kleiner Brunnen kann nämlich nur dreckiges Oberflächenwasser, was sich in den oberen Erdschichten angestaut hat, hochpumpen. Da macht es dann keinen Unterschied, ob die Menschen dieses Wasser oder das aus der Pfütze trinken. Bei einem anderen Brunnen dagegen, war die Pumpe entwendet worden, um an das Metall zu kommen. Andere Brunnen waren so angelegt, dass das Wasser erst gar nicht ablaufen konnte und sich gefährliche Algen bildeten. So etwas kann einen wirklichen nur wütend machen. Da kommen irgendwelche Organisationen an, bauen für viel Geld einen mangelhaften Brunnen und machen dann ein Foto. Das war es dann aber auch. Darum, ob die Brunnen auch wirklich funktionieren, kümmert sich dann aber niemand. Dass ist bei Vision Kambodscha glücklicherweise anders. Hier ist die Wartung genauso wichtig wie der Brunnenbau selbst und die Brunnen werden regelmäßig auf ihre Funktionstüchtigkeit überprüft. Zudem bekommen die Menschen eine Telefonnummer, die sie bei Problemen anrufen können.

 

Ganz zuletzt haben wir dann aber noch ein anderes Projekt der Organisation besichtigt. Die örtliche Grundschule. Wiedermal ein ähnliches Beispiel. Zwar hat eine Hilfsorganisation vor ein paar Jahren hier mal ein Schulgebäude errichtet, doch findet darin kein Unterricht statt. Der Lehrer bekommt von der Regierung nämlich so wenig Lohn gezahlt, dass er von den Kindern zusätzlich Geld verlangen muss. Dass können die Armen aber natürlich nicht bezahlen, weshalb der Lehrer nun einer anderen Tätigkeit nachgehen muss und die Kinder nicht zur Schule gehen. Bloß ohne die grundlegendste Schulbildung werden sie natürlich nie eine Chance bekommen, aus dieser bitteren Armut zu entfliehen. Daher plant Vision Kambodscha nun, den Lehrer zusätzlich zu bezahlen und so den Schulbetrieb wieder aufnehmen zu können.

 

Alles in allem war es also ein sehr interessanter und lehrreicher Tag für mich. Ich muss schon sagen, dass selbst ich, der hier in Kambodscha doch schon an einiges gewöhnt ist, solch prekäre Verhältnisse nicht erwartet habe. Daher ist mir der Tag auch sehr zu Herzen gegangen. Sollte dieser Beitrag nun vielleicht bei euch ein wenig Interesse geweckt haben oder ihr euch hier vielleicht sogar ein bisschen engagieren wollen, so könnt ihr euch natürlich auch gerne mal auf der Internetseite der Hilfsorganisation informieren:


www.vision-cambodia.org/de/


23.10.bis 25.10.2015

Wochenendausflug nach Battambang

 

Moin, an dieser Stelle gibt es mal wieder einen kleinen Bericht über eine meiner Wochenendunternehmungen. Letztes Wochenende war wieder mal ein dreitägiges verlängertes Wochenende. Ihr müsst wissen, dass es hier in Kambodscha sehr viele Feiertage gibt, wesentlich mehr als in Deutschland und diese fast immer so liegen, dass daraus ein verlängertes Wochenende wird. Am letzten Freitag wurde also das Paris Peace Aggrement gefeiert (dabei handelt es sich um den Friedenvertrag zwischen Vietnam und Kambodscha im Jahre  1991). Ich habe also kurzerhand beschlossen, mich einer Gruppe von 6 jungen Holländerinnen anzuschließen und mit ihnen nach Battambang, in die nächstgrößte Stadt zu fahren.


Battambang ist mit ca. 180 tausend Einwohnern die zweitgrößte Stadt des Landes. Von Siem Reap (unserem Wohnort) benötigt man etwa 4 Stunden per Bus oder 7 Stunden per Boot. Es ist an sich eine eher ruhige Provinzstadt und nicht gerade mit überragenden Sehenswürdigkeiten gesegnet. Trotzdem macht sie einen beschaulichen und, im Gegensatz zum von Massentourismus geprägtem Siem Reap, auch ziemlich kambodschanischen Eindruck. Im Stadtzentrum haben sich noch viele alte französische Kolonialvillen und Ladenzeilen erhalten. Wirtschaftlich gesehen ist Battambang für Kambodscha sehr bedeutsam. Die Umgebung der Stadt ist äußerst fruchtbar und die Provinz wird daher auch als Reiskammer des Landes bezeichnet.  Überregional bekannt ist die Stadt auch für ihre  sehr saftigen Orangen, die überall angebaut werden.


Nachdem wir am Freitag mit dem Bus angereist waren, haben Nathalie und Shirley (zwei der holländischen Freiwilligen), mich dazu überreden können, an einem kambodschanischen Kochkurs teilzunehmen. Ich war zwar zuerst etwas skeptisch, im Nachhinein hat es sich dann aber doch gelohnt. Zusammen mit den anderen Teilnehmern und dem Koch, sind wir dann erstmal auf den lokalen Markt gegangen, um alle Zutaten frisch einzukaufen. Der Hauptmarkt von Battambang ist ein sehr schönes, im französischen Art Deko- Stil erbautes Gebäude mit einem großen Uhrturm. Zwar kenne ich den typischen kambodschanischen Markt ja schon vom alltäglichen morgendlichen Einkauf, der von Battambang hat mir aber besonders gut gefallen. Für die Gerichte mussten wir erst einmal ziemlich viele Gewürze einkaufen, von den meisten hatte ich aber noch nie im Leben was gehört. Besonders wichtig ist zum Beispiel Galangal, eine ingwerartige Knolle. Nun denn, weiterhin gab es hier noch die schon erwähnten Battambang-Orangen sowie ein üppiges Fisch und Froschangebot zu bestaunen. Zudem konnten wir eine Frau dabei beobachten, wie sie Kokosnüsse ausgehöhlt und aus den Flocken dann die benötigte Kokosnussmilch gepresst hat.


Beim Kochkurs ging es dann darum, drei Gerichte sowie ein Dessert zuzubereiten. Das erste davon möchte ich gerne etwas genauer vorstellen. Es handelt sich um Fisch Amok, dass kambodschanische Nationalgericht. Fisch Amok ist ein gedämpftes Fischcurry  mit einer sehr schmackhaften Paste aus Kokosmilch und diversen Gewürzen. Traditionell wird es in einem Schiffchen aus gebastelten Bananenblättern serviert. Die Herstellung ist allerdings ein wenig aufwendig. Zuerst einmal müssen alle die Gewürze unter beträchtlichen Kraftaufwand in einem Möser zu einer Paste zerstampft werden. Danach wird die Paste mit dem Fisch verrührt und sehr lange in einem Bananenblatt gedämpft. Zum Schluss kommt noch die Kokosmilch und ein paar Gewürze obendrauf. Dazu haben wir noch frittierte Frühlingsrollen sowie Lok Lak zubereitet. Lok Lak ist ein weiteres sehr beliebtes kambodschanisches Gericht. Dabei handelt es sich um speziell mariniertes und in der Pfanne gebratenes  Rindfleisch. Das Rindfleisch wird immer zusammen mit Salatblättern und einem Spiegelei serviert. Gewürzt wird schließlich mit ordentlich Salz und Pfeffer und viel Limettensaft. Als krönnenenden Abschluss des Essens, gab es dann noch in Kokosmilch gekochte Bananen.


Gut gesättigt ging es dann erstmal früh ins Bett im etwas stickigen Gemeinschaftsschlafraum  für ganze  1, 50 $ die Nacht. Schließlich stand am nächsten Morgen ein ausgeprägtes Besichtigungsprogramm auf dem Plan.

Zu 6 haben wir uns ein Tuk Tuk samt Fahrer gemietet und auf ging es zur Entdeckungstour in die ländliche Umgebung der Stadt. So haben wir unter anderem einen kleinen, sehr alten Tempel besichtigt und hatten die Möglichkeit, vielen einheimischen Handwerkern bei der Arbeit zuzusehen. Besonders erwähnenswert halte ich dabei die Herstellung von „Sticky Rice“, einer in Kambodscha sehr beliebten Süßspeise. Dabei handelt es sich um Klebreis, welcher mit süßer Kokosnussmilch und Früchten versetzt wird. Dass ganze wird in ein Bambusrohr gegeben und ab dem Morgengrauen stundenlang über einem Feuer solange gegart, bis alles gut zusammengepampt ist. Dann braucht man das Bambusrohr nur noch aufbrechen und kann die warme süße Reismasse ganz einfach herausrupfen bzw. Löffeln.  Auch hatten wir die tolle Möglichkeit, endlich einmal der Herstellung von Prahok beizuwohnen. Prahok ist eine, für den europäischen Geschmack etwas gewöhnungsbedürftige und übelriechende, fermentierte Fischpaste. Die Kambodschaner allerdings lieben Prahok und essen es zu was jeder Mahlzeit. Hier in Kambodscha ist Prahok neben Reis das absolute Grundnahrungsmittel. Prahok ist deshalb gerade so beliebt, da man selbst den kleinsten grätigsten Fisch noch dazu verarbeiten kann. Es lässt sich ganz einfach herstellen. Der frische Fisch wird ein wenig mit Salz bestreut und überviele Tage in der Sonne faulen gelassen. Danach fügt man dem ganzen noch ein wenig Reis mit hinzu und füllt es in große Bottiche. Dort wird es dann bis zu weitere zwei Jahre faulen gelassen. Fertig ist die, auch als Kambodschanischer Käse bekannte, Fischpaste. Zwar hat die Produktionsstätte den dafür zu erwarteten Geruch verströmt und die hunderttausenden Fliegen haben auch nicht gerade die engsten Hygienebestimmungen vermuten lassen, trotzdem war das Ganze aber durchaus sehenswert.


Gegen Nachmittag stand das absolute touristische Highlight Battambangs auf dem Plan: die Bambusbahn. Nach dem Ende der Terrorherrschaft lag die ganze Verkehrsinfrastruktur Kambodschas am Boden und die Menschen litten bittere Not. Da an einen schnellen Wiederaufbau nicht zu denken war, mussten die Menschen sich selber helfen. Rund um Battambang gab es aber immer noch alte, heruntergekommene Eisenbahngleise aus französischer Kolonialzeit. Daher kamen einige gewiefte Männer auf die Idee, einen eigenen kleinen privaten Eisenbahnbetrieb auf die Beine zu stellen. Die Fahrzeuge waren denkbar simpel konstruiert. Man nahm einfach  zwei Achsen mit Rädern, legte eine Matte aus Bambus darüber und verband das ganze mittels eines Keilriemens mit einem kleinen  Benzinmotor. Fertig war die Bambusbahn. Wenn gebremst werden sollte, ging das ganz einfach: Während der Fahrt wurde einfach ein Holzklotz vor die Räder gehalten. Da es zu dieser Zeit noch immer keine Straßen gab, nahm die Bambusbahn eine wichtige bei der Versorgung der umliegenden Dörfer ein. Auf ihr wurde alles transportiert, von Reissäcken, Schlachtvieh und Eisblöcken bis hin zu Personen. Es entstand ein eigenes „Lokführer“-Gewerbe. Auch gab es klare Vorfahrtsregeln, begegneten sich zwei Züge, mussten alle Menschen im leichteren Gefährt aussteigen und es von den Gleisen hieven. Mittlerweile gibt es aber schon Straßen und die Einwohner sind nicht mehr so stark auf die Bambusbahn angewiesen. Sie ist also nur noch eine reine Touristenattraktion. In spätestens einem Jahr wird es sie aber nicht mehr geben, dann nämlich soll das kambodschanische Schienennetz erneuert und Battambang einen Bahnanschluss ins thailändische Bangkok bekommen. Da diese Touristenattraktion aber mittlerweile im Privatbesitz ist und gute Gewinne abzuwerfen scheint,hat sich der Baubeginn merkwürdigerweise aber immer weiter verzögert….. Wie dem auch sei, es war a jedenfalls ein interessantes Erlebnis mit diesem sehr leichten Gefährt praktisch über die Schienen zu hüpfen.


Danach stand ein weitere Attraktion im Umland auf dem Plan: Phnom Banan. Phnom Banan ist ein kleiner Hügel, auf dessen Spitze die Ruinen eines ehemaligen Tempels der Angkor-Hochkultur stehen. Er gilt in seiner Bauart als direktes Vorbild des weltberühmten Angkor Wat- Tempels. Kleiner Hügel…. Das dachten wir zuerst. Es wurde dann aber ein ziemlich steiler, schweißtreibender Aufstieg. Als wir uns schon endlich an der Spitze angekommen wähnten, mussten wir leider feststellen, dass es sich nur um eine Zwischenplattform handelte und dieselben gefühlten tausend Stufen noch einmal vor uns lagen. Dafür war die Ruine dann aber sehenswert. Gegen Abend ging es über eine, praktisch unmöglich passierbare Buckelpiste zu einem weiteren Hügel, dem Phnom Sampeau. Dieser Hügel ragt weit aus der Landschaft hervor und gilt den Menschen deshalb als heiliger Berg und Sitz der Götter. Auf seiner Spitze gibt es zwei Tempelanlagen, und von der oberen hat man zur Abenddämmerung eine grandiose Aussicht über die Umgebung. Nun, wenn man kilometerweit über die Reisfelder gucken kann, versteht man erst wirklich, warum Battambang zurecht als die Reiskammer Kambodschas bezeichnet wird. Allerdings sollte man sich vor den Tempelaffen in Acht nehmen. Die werden nämlich gerne mal etwas aufdringlich. Da es sich um einen großen Karstberg handelt, verbürgen sich in seinem Inneren zahlreiche Höhlen. Eine davon ist die sog. „Killingcave“. Durch eine große Öffnung in der Decke, stürzten die Roten Khmer die Mönche der oben liegenden Tempelanlagen zu Tode. Eine liegende Buddhastatue sowie ein Schrein mit den Schädeln der Toten, erinnern an dieses unfassbar grausame Verbrechen. Am Fuße des Berges gibt es eine weitere bekannte Höhle, die Fledermaushöhle. Jeden Abend gegen Sonnenuntergang verlassen innerhalb 45 Minuten über eine Million Fledermäuse diese um in einem gigantischen Schwarm auf Nahrungssuche zu gehen. Ein eindrucksvolles Naturschauspiel. Danach ging es auf dem Rückweg noch am großen Monument für Ou Dambang, dem legendären Gründervater der Stadt vorbei. Schlussendlich fielen wir alle dann aber nach diesem erlebnisreichen und anstrengenden Tag, todmüde ins Bett.


29.10.2015

Mein typischer Arbeitstag


So nun habe ich es endlich mal geschafft, einen Bericht darüber zu schreiben, wie so mein typischer Arbeitsalltag aussieht! Dabei handelt es sich schließlich ja um den wichtigsten Part meines Freiwilligendienstes.


Mein Arbeitstag beginnt jeden Morgen um 7:50. Dann habe ich offiziell bei Children´s Dream zu erscheinen. Da alle Angestellten immer ein T-shirt der Organisation tragen müssen, brauche ich mir morgens zumindest keine Gedanken mehr über mein Outfit zu machen. Von 7:50 bis 8 Uhr ist es dann Sache der Schüler, erst einmal den Klassenraum und den Schulhof zu fegen. Zumindest manchmal werden sie dabei auch von den Lehrern unterstützt. Dieses gemeinsame Putzen  gehört zum Konzept und ist überaus wichtig, da den Kindern ja ein verantwortungsvoller Umgang mit Müll vermittelt werden soll (in Kambodscha bitter nötig).

Um 8 beginnt dann der eigentliche Unterricht. Eine Unterrichtsstunde dauert immer 50 Minuten. Morgens habe ich zwei Stunden von  8 bis 10 Uhr zu unterrichten. Danach gibt es erstmal eine große Mittagspause bis 13:50. Dass liegt daran, dass es hier in Kambodscha üblich ist, sehr früh, also vor Sonnenuntergang aufzustehen und daher schon um 11 Uhr morgens ausgiebig zu Mittag gegessen wird. Danach folgen von 14 bis 16 Uhr zwei weitere Unterrichtsstunden. Dann habe ich erstmal bis 17 Uhr Pause, in der ich allerdings den Unterricht vorbereiten muss und sonst auch immer genug zu tun habe. Von 17 bis 18 Uhr gebe ich dann die letzte Unterrichtsstunde des Tages, sodass mein Arbeitstag dann meisten um 18:15, also nach Sonnenuntergang, beendet ist.

Die Unterrichtsstunden von 8 bis 10 und von 14 bis 16 Uhr gebe ich zusammen mit Vireak, meinem kambodschanischen Lehrerkollegen. Wir planen gemeinsam den Unterricht und er unterstützt mich tatkräftig während der Stunden. Dass ist oft auch bitter nötig, da, insbesondere die ganz jungen Schüler, manchmal einfach jemanden brauchen, der es ihnen nochmal in ihrer Muttersprache erklären kann. Vireak, der aus einer sehr ländlichen Provinz stammt,  hatte zwar leider erst ab der 11 Klasse die Möglichkeit, Englisch zu lernen, spricht aber für einen Kambodschaner ein sehr gutes Englisch. Zusammen unterrichten wir zwei verschiede Klassenstufen. Zum einen die Let´s go– Kurse, zum anderen die New Headway Beginner´s (benannt nach den Titeln der entsprechenden australischen Schulbücher). Bei den Let´s go Klassen handelt es sich um Anfänger. Die meisten Schüler sind hier zwischen 8 und 12 Jahren alt. Dort unterrichten wir also zumeist relativ grundlegende Dinge, vergleichbar mit dem, was man bei uns im Englischunterricht in der Grundschule lernt. So sind wir gerade dabei, dass Thema Essen und Trinken zu behandeln. Daher sollten sie zum Beispiel alle tropischen Früchte, die in Kambodscha vorkommen, aufzählen (es sind sehr, sehr viele). Danach haben wir ihnen ein kleines Spiel beigebracht. Es ging darum, Dinge zu kaufen und zu verkaufen. Dass hat ihnen anscheinend großen Spaß gemacht und als ich am nächsten Tag in die Schule kam, wedelten sie alle schon freudig mit ihren selbstgebastelten Dollarscheinen vor meinen Augen herum. Die zweite Klassenstufe, die wir unterrichten, sind die New Headway Beginner´s. Die Schüler sind in der Regel zwischen 11 und 15 Jahre alt und das Ganze ist ungefähr vergleichbar mit dem Niveau einer fünften Klasse auf dem Gymnasium. Vor kurzem ging es darum, die verschiedenen Namen von Ländern, den dort lebenden Nationalitäten und die dort gesprochenen Sprachen zu lernen. Leider sind die benutzten Schulbücher eindeutig für den Unterricht in der westlichen Welt ausgerichtet. Von einem Land wie Griechenland oder der Schweiz hat aber ein kambodschanisches Schulkind noch nie etwas gehört. Daher haben wir extra eine kleine Präsentation  erstellt, um das Ganze ein wenig auf ihre asiatischen Nachbarländer auszuweiten. Da wir versuchen, den Schülern zusätzlich zum Englischen noch ein wenig Allgemeinbildung zu vermitteln, sollten sie diese dann aber auch auf einer Weltkarte wiederfinden. Da offenbarten sich  dann aber erschreckende Mängel. Viele wussten überhaupt nicht mal, wo Kambodscha eigentlich liegt. Mittlerweile können die allermeisten Schüler mühelos innerhalb weniger Sekunden alle 7 Kontinente auf der Karte umkreisen, sie finden alle möglichen Länder wieder und wissen dass man in der Schweiz ganze drei Sprachen, nämlich Deutsch, Französisch und Italienisch spricht. Wenn man auf die Idee kommt, ihnen zu erzählen, dass in Mexiko Mexikanisch und in Brasilien Brasilianisch gesprochen wird, verbessern sie einen sofort. Schließlich spricht man dort bekanntlich ja Spanisch und Portugiesisch. Tja, da hat sich das viele Spiele spielen wohl einmal ausgezahlt. Neulich wollten wir ihnen dann ein bisschen den Umgang mit unterschiedlichen Währungen beibringen. Im Lernplan waren dafür eigentlich nur Pfund, US-Dollar, Euro und Riel (die einheimische Währung) vorgesehen. Da das Interesse der Schüler an Geografie aber  nun einmal geweckt war, wollten sie plötzlich die Währungen aller möglichen Länder wissen. Mittlerweile können sie diese auch fehlerfrei aufzählen und auch ich habe etwas dazugelernt. So weiß ich nun, dass man in Laos mit Kip, auf den Philippinen mit Peso und in Malaysia mit Ringgit bezahlen kann.


Von 5 Uhr abends bis um 6 unterrichte ich dann, zusammen mit Mister Samnang, dem Schuldirektor, den „New Headway Elementary“ Kurs. Mr. Samnang spricht ein sehr gutes Englisch und da er am Wochenende auch noch als deutschsprachiger Tourguide arbeitet, sprechen wir oft Deutsch miteinander. So kann er ein wenig an seiner Aussprache feilen  und ich ein wenig meine Muttersprache pflegen. Bei diesem Kurs handelt es sich um den mit Abstand am weitesten fortgeschrittenen Kurs der Schule. Er besteht fast nur aus Mädchen (mittlerweile kommen aber manchmal sogar zwei Jungen). Die Schülerinnen sind so zwischen 12 und 17 Jahren alt, eine Schülerin sogar schon 27. Vom Niveau her ist dieser Kurs so ungefähr mit der 8 und 9 Klasse vergleichbar. Diesen Kurs mag ich persönlich ganz besonders, da man hier einfach wesentlich mehr machen und zusätzlich zum Englischunterricht  noch viele weitere Dinge erklären kann. Im Vergleich zu deutschen Schülern, sind viele Schüler in den Entwicklungsländern sehr fleißig und motiviert, viele benutzen selbst den Großteil ihrer Freizeit um Englisch zu üben. Es ist schön, wenn die eigenen Schüler von sich aus schon so motiviert sind und immer wieder neue Fragen stellen. So haben sie zum Beispiel neulich damit angefangen, mir viele Fragen über den Zweiten Weltkrieg zu stellen (wir hatten gerade im Schulbuch ein kleines Geschichtsquiz durchgenommen). Aufgrund des geringen Altersunterschiedes herrscht eigentlich auch immer eine recht lockere Atmosphäre und manche Unterrichtsstunden können auch sehr amüsant werden.


Ein weiterer unverzichtbarer Bestandteil des Arbeitsalltages sind die Meetings. Dann treffen sich alle Angestellten und besprechen alle wichtigen Sachen, die es so zu erledigen gibt. Einmal im Monat findet ein großes Meeting statt. Danach wird erstmal ausführlich geputzt und aufgeräumt. Zusammen mit Vireak muss zu dem monatlich ein kleiner Bericht verfasst werden, in dem aufgeführt ist, was wir alles bis dahin den Schülern so beigebracht haben.


10.10.2015 und 12.10.2015

Phum Ben - Der Brauch um vier Uhr Nachts Reisbällchen durch die Pagode zu werfen

 

Mittlerweile habe ich nun auch das erste Mal einen bedeutenden buddhistischen Feiertag hautnah miterleben dürfen. Dabei handelt es sich um Pchum Ben, nach dem Khmer Neujahr, dass zweitwichtigste Fest des Jahres. Pchum Ben erinnert vom Zweck her ein wenig an den christlichen Totensonntag. Die Menschen glauben, dass alljährlich der König des Totenreiches für einen Zeitraum von 15 Tagen die Tore der Höllen öffnet. Dann können die Seelen ihrer verstorbenen Vorfahren zu ihnen auf die Erde zurückkehren.  Auch  die guten Seelen aus dem Himmel kehren dafür auf die Erde zurück.

 

Während dieses Zeitraumes gedenken die Menschen ihrer Verstorbenen der letzten sieben Generationen und opfern regelmäßig, sowohl den Mönchen, als auch den Geistern der Toten Nahrungsmittel. Diese Opfer gelten als glücksbringend und sollen zu einem  erfolgreichen Leben verhelfen. Dem Geist kann dadurch geholfen werden, die Hölle zu verlassen und in den Himmel aufzusteigen. Sollten die Angehörigen auf Opfer verzichten, gilt das als hochgradig unheilvoll.

 

In diesem Jahr fand Pchum Ben vom 27.9 bis zum 12.Oktober statt. Während des 15 tägigen Festes treffen sich die Gläubigen täglich, mitten in der Nacht, in den Pagoden, um zusammen mit den Mönchen zu beten, Räucherstäbchen zu entzünden und Reisbällchen zu opfern. In der Nacht von Freitag auf Samstag hatten wir dann auch die Möglichkeit, mit dabei zu sein. Daher sind wir sehr früh um 3 Uhr morgens aufgestanden und um vier Uhr morgens zusammen mit Pharry, der Chefin von Freya und Lina und praktisch unser „kambodschanischen Ersatzmutter“ in eine Pagode gegangen. Pharry macht wirklich unglaublich viel zusammen mit uns, ist bei Problemen immer sofort behilflich und sehr bemüht, uns viel von der Kultur näher zu bringen. Bevor es auch wirklich losging, haben wir alle eine Art „Zeremonialpaket“ überreicht bekommen. Es enthielt drei Räucherstäbchen. Früchte und jede Menge klebrige Reisbällchen.

 

Zuerst haben wir uns auf den Fußboden einer großen Halle gekauert, die Räucherstäbchen entfacht und zugesehen, wie Pharry den Mönchen eine sehr lange Liste mit Namen ihrer Angehörigen übergeben hat. Die ganze Halle war vom Geruch der Räucherstäbchen und dem Wiederhall der Gebete erfüllt. Danach haben wir diese Pagode wieder verlassen und haben zusammen mit allen anderen Gläubigen dreimal den nahe gelegen Tempel umrundet. Hierbei kam es zum lustigsten Teil der Veranstaltung. In jede Ecke durfte ein Reisbällchen geworfen werden. Manch ein Khmer soll dabei aber auch viel Schabernack treiben. So hat mein Schuldirektor mir zum Beispiel gebeichtet, dass er als Jugendliche immer sehr gerne hingegangen ist um nach den schönsten Mädchen Ausschau zu halten und sie mit einem kleinen, aber gezielten Reisbällchenwurf auf sich Aufmerksam zu machen. Daraufhin ging es ein letztes Mal ins Innere des Tempels, wo die Mönchen die ganze Nacht damit verbringen, mit unglaublich durchdringenden und monotonen Stimmen bestimmte religiöse Texte aufzusagen. Mit einer heißen Nudelsuppe und einem sehr süßen Milchkaffe zum Morgengrauen, haben wir dieses eindrucksvolle Erlebnis das erst einmal ausklingen lassen. Danach ging es zurück ins lang  herbeigesehnte Bett. Dass ganze findet übrigens immer vor Sonnenaufgang statt, da sich die Geister der Toten, welche ein großes Sündenregister angesammelt haben, nur während der Dunkelheit auf die Erde zurücktrauen.

 

Am Montag war dann der letzte Tag der Pchum Ben- Festzeit angekommen. Also hieß es wieder auf zur Pagode. Diesmal gottseidank aber erst um 9 Uhr morgens. Wir haben uns dann wieder alle zusammen bei Pharry zu Hause getroffen und sind mit der ganzen Großfamilie dorthin gepilgert. Mir fiel sogar die große Ehre zu, eine große Schale mit Opferfrüchten und Reiskuchen zu tragen (was aber wohl eher am beträchtlichen Gewicht dieser Schale lag). In der Pagode wimmelte es nur so von Leuten. Alle trugen ein weißes Oberteil und dazu eine dunkle Hose bzw. einen dunklen Rock. Alle, bis auf meine Wenigkeit natürlich. Ich hatte beim letzten Pagodenbesuch aufgrund akuter Müdigkeit nicht so ganz zugehört und trug eine weiße Hose mit buntem T-Shirt. Nun ja, halb so schlimm. Nachdem wir erstmal diversen Mönchen Speisen überreicht und diese sich mit ihren monotonen Gebetsgesängen revanchiert hatten, wurde dem für Asiaten augenscheinlich lebensnotwendige Trieb nach Gruppenfotos ausreichend nachgekommen. Danach ging es zur Famillienstupa. Eine Stupa ist eine Art künstlicher Hügel aus Stein, in dem die Asche verstorbener Verwandter bestattet wird. Auch dort waren wieder Mönche vor Ort, um einen Segen für die Seelen der Toten zu sprechen. Danach haben Lina und ich noch an einer weiteren Tradition teilgenommen. Wir haben uns mit einer kleinen Schale Reis in der Hand in eine lange Schlange eingereiht. Auf dem Tisch vor uns standen ca. 20 Schälchen. In jeder dieser Schale hieß es nun einen kleinen Löffel Reis zu opfern. Im Laufe des Tages kommen so riesige Mengen an Reis zusammen. Diese werden aber nicht weggeschmissen sondern zusammen mit den überzähligen Opfergaben an Arme und Bedürftige gespendet. Am Schluss konnten wir dann diesen Tag bei einem üppigen Festmahl und reichlich Freibier bei Pharry zu Hause ausklingen lassen.


23.09-26.09.2015

Visaprobleme und Urlaub in Phnom Penh

 

Nun möchte ich gerne ein wenig  über meinen Kurzaufenthalt in Phom Penh berichten. Dass Ganze hatte einen, gelinde ausgedrückt, etwas holprigen Einstieg. Es fing damit an, dass ich gerade erst aus meinem Urlaub in Ratanakiri zurückgekehrt war. Auf Wunsch meiner Arbeitsstelle, habe ich zusammen mit Kira, einer weiteren Mitfreiwilligen des VJFs und meiner Arbeitskollegin bei Children´s Dream, an einem Workshop zum Thema Kinderrechte und Ausbeutung von Kindern teilgenommen. Ein sehr erschreckendes und hier in Siem Reap leider hoch aktuelles Thema. Bedingt durch die hunderttausend Touristen, sieht man in der Fußgängerzone ständig, mitunter bis spät in die Nacht, zahlreiche  kleine Kinder, die herumbetteln oder selbst gebastelte Souvenirs verkaufen. Dass Ganze geschieht allerdings weniger aus Armut, sondern da dieses „Betteln nach Mitleid“, für die Hintermänner natürlich ein riesen Geschäft darstellt. Der gravierendste Nachteil an der ganzen Sache ist aber, dass die Kinder hochgradig ausgebeutet werden und nur unzureichend eine Schule besuchen können. Dadurch wird  ihnen schon in frühen Jahren der spätere Lebensweg verbaut.

 

Nun aber zum eigentlichen Thema dieses Berichts. Ich komme also gerade gegen abend von diesem Seminar nach Hause, als ich auf meine beiden ziemlich aufgeregten Mitbewohnerinnen treffe. Ich solle schnell meine Sachen packen, wir würden schließlich direkt um 11 Uhr nachts mit dem Nachtbus für unbestimmte Zeit nach Phnom Penh aufbrechen müssen. Ich war natürlich zuerst ziemlich verwirrt, nach und nach klärte sich die Sache dann aber auf. Während Kira und ich beim Seminar teilgenommen hatten, hatten alle anderen Freiwilligen sich getroffen und waren zur örtlichen „Immigration Police“ gegangen, um unser kostenloses Freiwilligenvisum verlängern zu lassen. Angeblich sollte es innerhalb einer Woche auslaufen. Der dort diensthabende Beamte hatte aber wohl einen so unsympathischen Eindruck gemacht und ein so hohes Schmiergeld gefordert, sodass niemand ihm seinen Pass aushändigen wollte. Daher mussten wir nun also sofort nach Phnom Penh aufbrechen.

 

Auch wenn ich mir mein Bett im Nachtbus mit einem völlig fremden Mann teilen musste und zu dem durchgängig mit Khmer-Schlagermusik beschallt wurde, konnte ich doch ein wenig schlafen und kam am nächsten Morgen ausgeruht in Phnom Penh an. Dort sind wir dann erstmal alle geschlossen zur deutschen Botschaft gegangen, um einen angeblich dringend benötigten „supporting letter“ zu beantragen. Die Mitarbeiter haben vielleicht Augen gemacht, als so eine Meute junger Menschen unangekündigt, ganz ohne Termin dort einfach aufgekreuzt ist. Nun denn, als wir am nächsten Morgen  den Brief in der Tasche hatten, haben wir uns direkt auf den Weg zum kambodschanischen Außenministerium, dem „ministry for foreign affairs“ gemacht. Dort fand man unser Anliegen, nun ja, etwas skurril. Unsere Visa sollten keinesfalls, wie vom VJF behauptet, in einer Woche auslaufen, sondern waren noch mindestens ein halbes Jahr gültig. Da wir aber schon einmal extra dafür angereist waren, haben wir dann die Visa gleich für ein ganzes Jahr verlängern lassen. Dass war dann aber auch, mit dem Ausfüllen eines kurzen Formulars und dem Einreichen ein paar Dokumente sowie des Reisepasses, erstaunlich schnell (ganz ohne Schmiergeld) bewerkstelligt.

 

So stellte sich nun also heraus, dass der ganze Stress wohl doch eher unnötig gewesen war. Da wir nun aber alle schon einmal vor Ort waren und die anderen Freiwilligen zur Klärung dieses Problems sogar frei bekommen hatten, haben wir kurzerhand beschlossen, doch noch ein wenig länger hier zu bleiben und uns die Stadt anzugucken. Daher haben wir unter anderem in der Gruppe noch einmal das Tuol Slang-Foltergefängnis sowie das Killing Field von Choeung Ek besichtigt (hierfür, und über die Terrorherrschaft der Roten Khmer im Allgemeinen siehe die beiden vorherigen Blogartikel).

 

Eines Nachmittags, haben wir dann aber auch zusammen den Königspalast besichtigt, wovon ich an dieser Stelle unbedingt berichten möchte. Der Königspalast an sich ist nicht besonders alt (er wurde im späten 19 Jahrhundert von den Franzosen für den damaligen Marionettenkönig erbaut) und ist mehr oder weniger eine Kopie des berühmten Königspalastes in Bangkok. Trotzdem wirkt er wie ein sehr authentisches Stück Kambodschas und stellt im Trubel der sonst so quirligen Großstadt eine  Oase der Ruhe dar. Er liegt direkt am Mekongufer und ist nur in Teilen zu besichtigen, da bis heute der aktuelle Herrscher Norodom Sihamoni hier residiert. Die Anlage teilt sich in zwei Teile, einmal in den eigentlichen Königspalast, sowie in  die Tempelanlage Wat Preah Keo Morokat (besser bekannt als Silberpagode). Das Zentrum des Palastes, bildet das markante Gebäude der Thronhalle.  Von außen ist es gut an seinen mehrfarbigen Ziegeldächern und durch seine an Flammen erinnernden, spitz zu laufenden Dachgiebeln, zu erkennen. Im Inneren ist u.a. ein großer goldener Thron zu bewundern, an dem der König lediglich einmal in seinem Leben, während der Krönungszeremonien, Platz nehmen darf. Ein weiteres interessantes Gebäude auf dem Gelände ist der Ballettpavillon. Er grenzt direkt an den Park vor dem Palast. Hier finden regelmäßig Ballettaufführungen oder Staatsbankette statt. An Feiertagen, wendet sich der König von hier aus an sein Volk und nimmt Paraden ab. Ebenfalls wunderschön soll der kleine grüne Pavillon aus Gusseisen sein, welcher dem König einst von den Franzosen geschenkt wurde. Leider wird er momentan generalüberholt und war daher nicht zu sehen. Der weitaus interessanteste Teil des Palastes ist allerdings die Silberpagode, der bedeutendste und am kostbarsten ausgestattete Tempel des Landes. Der Name Silberpagode rührt im Übrigen da her, das der Fußboden des Hauptgebäudes mit ganzen 5329 Fließen aus Silber belegt ist, von denen jede um die 1,125 Kg wiegt. Den Hauptaltar ziert eine extrem wertvolle, lebensgroße und 90 Kg schwere Buddhastatue aus reinem Gold. Sie ist mit 2086 Diamanten besetzt, wobei der größte, mit 25 Karat eine stattliche Größe aufweist. Hinter dem goldenen Buddha, thront ein weiterer Buddha aus reiner Jade. Dieser ist als Smaragbuddha bekannt und gilt als die heiligste Statue des Landes. Im Raum selber sind noch zahlreiche andere kostbare Opfergaben ausgestellt. Weiterhin ist auf dem Gelände u.a. ein Fußabdruck Buddhas ausgestellt. Umgeben wird die ganze Anlage von einer Art Galerie, auf denen in traditionellen Fresken, der Reamker, das Nationalepos Kambodschas dargestellt ist.

 

Am nächsten Tag habe ich dann noch das kambodschanische Nationalmuseum besichtigt. Das Gebäude ist von außen schon relativ beeindruckend anzusehen, verfügt im Inneren aber über einen malerischen Innenhof. Dort lassen sich die wichtigsten Statuen der Hochkultur von Angkor, sowie die ehemalige königliche Barke bewundern.

Während des letzten Tages in Phnom Penh, habe ich mich dann einfach ein wenig durch die Stadt treiben lassen. Phnom Penh ist, im Gegensatz zu meinem ersten Eindruck, eigentlich eine sehr schöne Stadt, in der noch viele alte Kolonialvillen und baumbestandene Allen erhalten geblieben sind. Auf meinem Weg vom Unabhängigkeitsdenkmal, zur Wat Phnom-Pagode, bin ich dabei auch an der kambodschanischen Anti-Korruptionsbehörde vorbeigekommen. Das Gebäude und der große Beschwerdebriefkasten sind einfach nur ein Witz, und bei der Errichtung eines so großen Gebäudes war höchstwahrscheinlich auch ordentlich Korruption mit im Spiel. Die Wärter fanden es dann auch höchst amüsant, dass ein Ausländer es unbedingt fotografieren wollte. Zum Schluss habe ich dann noch den Wat Phnom-Tempel besichtigt. Wat Phnom gilt als die historische Keimzelle der Stadt. Der Legende nach soll eine wohlhabende Frau namens Penh, einst im Fluss einen Baumstamm mit vier heiligen Buddhastatuen entdeckt haben. Für diese ließ sie umgehend auf einem nahegelegenen Hügel ein kleines Heiligtum errichten. Es wurde im Laufe der Zeit immer bedeutsamer, so dass  darum die heutige Stadt entstand. Phnom Penh bedeutet übersetzt auch nichts anderes als „Hügel der Frau Penh“. Am Fuße des Tempels wimmelt es gewöhnlich auch von Wahrsagern, Kartenlegern, selbst ernannten Heilern oder anderen Dienstleistern, um den tiefen Volksaberglauben zu befriedigen. Auch gibt es viele  Händler, die kleine Vögel verkaufen. Es gilt als glücksbringend, ihnen die Freiheit zu schenken (wobei viele aber so dressiert sind, dass sie danach wieder zum Käfig zurückfliegen). Leider wurde während meines Besuches gerade neues Straßenpflaster verlegt, sodass davon nicht allzu viel zu sehen war.

 

Danach habe ich meinen Urlaub auf dem riesigen Zentralmarkt ausklingen lassen. Dort habe ich dann sehr köstliche, gefüllte Pfannkuchen gegessen und zum ersten Mal überhaupt frittierte Vogelspinnen entdeckt. Bisher habe ich diese aber noch nicht gekostet. Glücklicherweise  habe ich während meines Aufenthaltes hier, kostenlos bei zwei Freiwilligen des VJFs wohnen können, denen ich daher zu großem Dank verpflichtet bin. Weiterhin habe sie mich auch dazu gebracht, auf dem Markt einen Kokosnussmilchshake mit Eis zu kosten. Ein sehr tolles Geschmackserlebnis, weitaus der beste Fruchtshake, denn ich je getrunken habe.


24.09 und 25.09.2015

Besuch des Tuol Sleng-Foltermuseums und de Killing Fields von Choeung  Ek:

 

Beim Tuol Sleng-Genozidmuseum handelt es sich um mitten in der Hauptstadt gelegenes, ehemaliges Gymnasium. Dieses wurde  während der Terrorherrschaft der Roten Khmer 1975 bis 1979 zu einem Foltergefängnis umfunktioniert. Hier waren damals zwischen 14000 und bis zu 21000 Gefangene interniert. Diese wurden, um Geständnisse zu erzwingen, auf brutalste Art und Weise gefoltert. Lediglich 7 Menschen sollten ihren Aufenthalt dort überleben. Heute ist das Museum die meistbesuchte und bedeutsamste Völkermordgedenkstätte des Landes. Aus diesem Grund haben auch schon zahlreiche wichtige Staatsmänner unserer Zeit, u.a. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon und die ehemalige US-Außenministerin Hillary Clinton, ihm einen Besuch abgestattet.

 

 Bei nahezu allen Gefangenen handelte es sich um Unschuldige. Viele waren durch anonyme Anschuldigungen mitten in der Nacht verschleppt worden und wurden erst bei Ankunft im Foltergefängnis mit ihren  angeblichen Vergehen konfrontiert. Es war üblich, nicht nur den Angeklagten selber, sondern gleich die ganze Familie einzuweisen, um den Druck auf den vermeintlichen Schuldigen zu erhöhen. Damals gängige Parole lassen sich im Wortlaut etwa so übersetzen:

 

„ Ist ein Grashalm verdorben, so reiße am besten gleich alle Wurzeln aus, um den Schaden zu beseitigen.“

 

„Lieber ein toter Unschuldiger, als ein Verräter, der noch am Leben ist“

 

Bei vielen Opfern handelte es sich oftmals sogar selber um Angehörige der Roten Khmer. Da deren Führungskader gegen Ende ihrer Herrschaft aber immer mehr Verräter in den eigenen Reihen vermuteten, waren sie verhaftet worden, um diese Paranoia zu besänftigen.

 

Alle neu Ankommenden Gefangenen wurden minutiös fotografiert und in Listen eingetragen. In diesem Punkte stand die Buchführung der Roten Khmer denen der Nazis in ihren Konzentrationslagern in nichts nach.  Danach wurden die unmenschlichsten und barbarischsten Foltermethoden angewandt, die man sich überhaupt nur erdenken kann. So wurden die Gefangenen u.a.so lange mit um die Handflächen gewickelten Stromkabeln an einer Art Galgen hochgezogen, bis sie das Bewusstsein verloren. Bloß, um sie danach in einen Kübel mit eiskaltem Wasser zu stoßen. Sollten sie so wieder das Bewusstsein erlangt haben, ging das ganze wieder von vorne los. Auch war es üblich, den Gefangenen mittels Zangen ganze Finger, Zehen oder auch Brustwarzen abzukneifen. In die offene Wunde wurde dann meist Salzwasser, hochprozentiger Alkohol oder andere ätzende Flüssigkeiten gegossen. Weiterhin wurden Gefangene solange unter Wasser festgebunden, bis sie beinahe  erstickten. Auch Skorpione oder andere Insekten, kamen als Folterinstrumente zum Einsatz. Schon kleine Vergehen, wie etwa Reden ohne dazu aufgefordert zu sein, wurden mit zahlreichen Stockhieben bestraft.

 

Das Museum unterteilt sich in vier, äußerlich nahezu identische Gebäude. Jedes dieser Gebäude wartet aber mit einer ganz eigenen, schrecklichen Ausstellung auf. Im ersten Gebäude befanden sich große Einzelzellen. In jeder stand eine große Pritsche. Kurz bevor Phnom Penh 1979 durch die Vietnamesen befreit wurde, waren die Gefangenen auf die Pritschen gefesselt worden. Ihnen wurden die Kehlen durchgeschnitten. Diese Räume sind noch völlig original erhalten. Man kann gar nicht anders, als zu erschaudern, wenn man ein Bild eines an eine Pritsche gefesselten Menschen mit durchtrennter Kehle sieht, und dann schlagartig realisiert, dass es sich um exakt das selbe Bett handelt, vor dem man gerade steht. Im zweiten Haus sind die Häftlingsbilder der, zu meist noch sehr jungen Opfern zu sehen. Man sieht ihnen, in die schon von Hunger, Entkräftung und Krankheit geplagten Augen, und weiß, dass es keiner von ihnen überlebt hat. Im dritten Gebäude sind noch die Zellen original erhalten. Es war mit Stacheldraht umgeben, um Häftlinge vom Selbstmord abzuhalten. Das furchtbarste Gebäude ist aber das vierte. Hier sind Werke des Malers Vann Nath, einer der 7 Überlebenden, ausgestellt. Auch er konnte nur so lange überleben, da er als Künstler den Roten Khmer nutzen konnte, in dem er Büsten des Diktators Pol Pot anfertigte. Eines seiner Werke, zeigt eine junge Mutter, der ein Wärter gerade alle ihre vier Kinder wegreißt und vor ihren Augen erschlägt. Zudem ist hier eine Karte von Kambodscha ausgestellt. Diese Karte besteht komplett aus den Schädeln und Gebeinen der Ermordeten.

 

Hatten die Gefangenen, dann erstmal ihr gefaktes Geständnis unterschrieben, wurden sie umgehend nach Choeung Ek, einem kleinen Ort vor den Toren der Stadt gebracht. Dabei handelte es sich um ein sog. Killing Field, also einem Ort, der einzig und allein dazu diente, die Ankommenden sofort zu ermorden. Wir haben diesen Gedenkort alle gemeinsam am nächsten Morgen besucht.

 

Waren die Gefangenen dort erstmal angeliefert worden, so wurden sie meistens noch in derselben Nacht ermordet. Um Munition zu sparen, kamen dabei keine Schusswaffen zum Einsatz. Die Häftlinge wurden mit Sensen enthauptet, oder mit Bambusknüppel, Äxten, Wagenachsen oder sonstigem konfiszierten Arbeitswerkzeugen erschlagen. Ihnen wurden vorher lediglich v die Augen verbunden. Gleich darauf wurden sie in Massengräbern verscharrt, oft wurden  noch Chemikalien darüber gestreut, um den Verwesungsgeruch zu überdecken.

 

Irgendwann überstieg die Zahl der neu ankommenden Gefangenen dann aber die, derer, die in einer Nacht ermordet werden konnten. Aus diesem Grund wurden Lautsprecher installiert, aus denen ständig junge Frauen Propagandaschnulzen trällerten. Dieses Gejaule in Kombination mit dem Ohren betäubenden Dröhnen der Dieselgeneratoren, welche große Flutlichtscheinwerfer mit Strom versorten (die Hinrichtungsstätte war taghell erleuchtet), war das letzte, was die Opfer im Moment des Todes vernahmen. Durch diesen Lärm, konnten zumindest die neuen Gefangenen, die Todesschrei der Ermordeten nicht vernehmen.

 

Das ganze Gelände ist übersät mit Maßengräbern, die die Gebeine vieler tausend Ermordeter enthielten. Zwar wurden die Gräber allesamt ausgehoben, und alle größeren Gebeine in eine Gedächtnisstupa überführt, aber bis zum heutigen Tag, kann man immer noch mit bloßem Auge kleinere Knochenreste und Stofffetzen der Opfer erkennen. Da der tropische Regen diese 36 Jahre nach Ende des Ganzen, immer noch an die Oberfläche spült, müssen sie regelmäßig, alle drei Monate, von den Mitarbeitern aufgesammelt werden. Das schreckliste Grab von allen ist wohl das von 400 jungen Müttern mit samt ihrer Kleinkindern. Allen Opfern waren die Köpfe abgetrennt worden und sie waren nackt bestattet worden. In einem Land wie Kambodscha, in dem es selbst bis zum heutigen Tage üblich ist, dass Frauen nur vollständig bekleidet schwimmen gehen, eine unvorstellbare Erniedrigung. Viele Frauen waren zudem vor ihrer Hinrichtung vergewaltigt worden. Neben dem Massengrab befindet sich ein großer, an sich sehr schöner Baum. Bei Befreiung des Lagers wurden an dessen Rinde zahlreiche Hautfetzen und Reste menschlicher Gehirne gefunden. Das rührt daher, dass hier tausende Babies an  seinem Stamm zerschmettert wurden.

 

Die Schädel der Toten kann man heute in einer Gedächtnisstupa besichtigen. Dass mag zwar für uns Europäer sehr makaber klingen, allerdings sollte man an dieser Stelle bedenken, dass Kambodscha ein mehrheitlich buddhistisches Land ist und im buddhistischen Glauben, der Körper im ewigen Kreislauf der Wiedergeburten, nur eine wertlose Hülle darstellt.

 

Ich hoffe euch mit diesem grausamen Bericht zumindest einen kleinen Eindruck davon zu geben, welch abscheulicher und bei uns kaum bekannter Völkermord in diesem Land stattgefunden hat. Es ist nun einmal unumgänglich, diese Geschehnisse zu kennen, um die heutigen Probleme des Landes zu verstehen.


Die Terrorherrschaft der Roten Khmer: Besuch zweier grausamer Orte

 

Während unseres Aufenthaltes in Phnom Penh, haben wir Freiwilligen die Zeit dort noch einmal dazu genutzt, um uns mit der so grausamen und schrecklichen jüngeren Geschichte des Landes zu beschäftigen. Daher haben wir noch einmal das ehemalige Tuol Sleng-Foltermuseum sowie anschließend das Killingfield von Choeung Ek, eine frühere Hinrichtungsstädte vor den Toren Phnom Penhs, besichtigt. Zwar waren wir während unseres Einführungsseminars vor einem Monat kurz im Foltermuseum gewesen, allerdings war die Zeit damals leider viel zu kurz bemessen um sich angemessen mit der Thematik auseinanderzusetzen (siehe Blogartikel: Besichtigung von Tuol Slang, dem Hauptmarkt und der AEON-Mall ). 

 

Bevor ich allerdings von meinen dortigen Eindrücken berichten werde, würde ich mich gerne ein wenig allgemeiner mit der Terrorherrschaft der Roten Khmer auseinandersetzten. Um diese Geschehnisse besser verstehen zu können, ist es notwenig, zumindest rudimentär die Vorgeschichte dieser Diktatur zu kennen.

 

Nachdem Kambodscha 1953 die Unabhängigkeit von Frankreich erlangt hatte, stieg König Norodom Sihanuok, vorher lediglich eine Marionette der Kolonialherren, zur führenden Persönlichkeit des Landes auf. Unter seiner Herrschaft schritt das Land mit großen Schritten der Moderne entgegen. Kambodscha war damals ein relativ wohlhabendes Land, wesentlich wohlhabender als seine heute boomenden Nachbarn Thailand und Vietnam. Das Land war so wohlhabend, dass man es aufgrund seiner Größe schon als „Schweiz Südostasiens“ bezeichnete. So gab es Forschungseinrichtungen, die sich mit der Züchtung besserer Reissorten beschäftigten und erste agraische Musterbetriebe wurden geschaffen, um den Traktor in größerem Maße in der Landwirtschaft einzuführen. Unter König Sihanuok wurde viel Geld in Infrastruktur investiert. So wurden viele Straßen gebaut und in Sihanuokville der erste Tiefwasserhafen des Landes. In Phnom Penh gab es ein aufstrebendes Bildungsbürgertum, und nicht allzu wenige hatten sogar in Frankreich studiert. Wären die nachfolgenden Ereignisse nicht geschehen, würde Phnom Penh heutzutage vermutlich so aussehen wie Bangkok, zahlreiche Wolkenkratzer und Shoppingmalls inklusive.

 

Ab Mitte der 60er Jahre, begann sich der blutige Vietnamkrieg, der sowohl in Vietnam als auch in Laos als Stellvertreterkrieg zwischen Kommunisten und von Amerika finanzierten Pseudo-Demokratien ausgetragen wurde, zunehmend auf Kambodscha auszuwirken. König Sihanuok gelang es mit viel diplomatischen Geschick die Neutralität des Landes zu waren. Irgendwann sah er sich aber dazu gezwungen, mit der amerikanischen Entwicklungshilfe zu brechen und wandte sich stattdessen dem kommunistischen China zu. Bald darauf wurde es den Amerikanern zu bunt, sodass sie ihm in einem Militärputsch entmachten ließen. Lon Nol, der neue Präsident, begann im Auftrag der USA die Verstecke vietnamesischer Rebellen in Kambodscha anzugreifen. Währenddessen floh Sihanuok nach China und ging dort ein Zweckbündnis mit der kommunistischen Wiederstandbewegung in Kambodscha, den späteren Roten Khmer ein. Die USA begannen damit, in Kambodscha Bomben in großen Mengen abzuwerfen. Diese schadeten aber kaum den vietnamesischen Rebellen, sondern töteten hunderttausende Zivilisten und zerstörten das  Ackerland, die Lebensgrundlage der Menschen. Schätzungen gehen von bis zu 1,1 Millionen Todesopfern aus. Diese Grausamkeiten trieben die Landbevölkerung geradezu in die Arme der kommunistischen Rebellen. Es entbrannte es blutiger Bürgerkrieg. Viele Waisen der Bombardierungen kämpften auf Seiten der Roten Khmer erbittert als Kindersoldaten. Nachdem sich die USA 1975 komplett aus Vietnam zurückgezogen hatten, gelang es schließlich auch den Roten Khmer mit der Eroberung der Hauptstadt Phnom Penh am 17. April 1975, die Kontrolle über Kambodscha zu übernehmen. Das Durchschnittsalter der Eroberer lag im Übrigen bei 13 Jahren.

 

Die nun folgenden drei Jahre, acht Monate und 20 Tage ihrer Herrschaft sollten die absolute Katastrophe über die Menschen bringen und 2,2 Millionen Menschen, fast einem Drittel der damaligen Bevölkerung, dass Leben kosten. Zumindest prozentual ist der Anteil an Toten damit wesentlich höher, als den, denn irgendein europäischer Staat während des Zweiten Weltkrieges zu verkraften hatte. Millionen Menschen sollten durch Verhungern, Seuchen und durch grausame Hinrichtungen eines schrecklichen Todes sterben.

 

Die Ideologie der Roten Khmer kann zurecht als Steinzeitkommunismus bezeichnet werden. Ihnen schwebte vor, aus Kambodscha einen von der Außenwelt völlig unabhängigen Bauerstaat zu errichten. Alle sozialen Unterschiede sollten verschwinden und alle zwischenmenschlichen Bindungen, auch die Familie, sollte durch die Kommunistische Partei ersetzt werden.

 

So begannen die Roten Khmer, nachdem sie zuvor noch begeistert von der Bevölkerung Phnom Penhs als Befreier gefeiert worden waren, alle Einwohner der Stadt aufs Land zu vertreiben. Sie wurden in Arbeitsbrigaden aufgeteilt und sollten nun als Bauern leben (wovon sie natürlich keine Ahnung hatten). Familien, insbesondere Eltern und Kinder wurden dabei bewusst auseinander gerissen. Wenig später sollte dieses Schicksal auch die Einwohner alle anderen Städte ereilen. Die Roten Khmer schlossen die Grenzen und begannen damit, alle  Kommunikationsnetzwerke wie Post, Telegrafenmasten oder Fernsehanstalten zu zerstören, um das Land vollständig vom Rest der Welt abzuschotten. Alle modernen Einrichtungen wie Krankenhäuser, Schulen und Universitäten wurden zerstört. Intellektuelle und Gebildete, wie Ärzte, Ingenieure oder Professoren, galten  pauschal als Ausbeuter und Regierungsgegner und wurden grausam ermordet. Am Ende reichte es schon aus, eine Brille zu tragen, um verdächtig zu sein. Das Leben der Menschen sollte nur noch durch die Partei geprägt sein, jegliche Religion galt als konterrevolutionär. Daher wurden die meisten buddhistischen Tempel, aber auch Moscheen, Kirchen und chinesische Tempel zerstört und fast alle Mönche ermordet. Traditionelle Feste und Riten, wie zum Beispiel die traditionelle Musik oder Volkstänze, sollten ausgelöscht werden. Angehörige ethnischer Minderheiten wie Vietnamesen, Chinesen oder Muslime wurden nahezu komplett ermordet.

 

Die einfachen Menschen mussten als Bauern von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang in Zwangslagern arbeiten oder wahnsinnige Projekte, wie zum Beispiel den Bau unnötiger Kanäle vorantreiben. Alle technischen Geräte, wie zum Beispiel Traktoren wurden zerstört.  Es gab kein Privateigentum mehr. Alle waren gezwungen dieselbe Kleidung zu tragen, der Gebrauch von Begriffen wie „Tante“, „Onkel“ oder sogar „Mama“ und „Papa“ wurde verboten und durch „Kamerad“ ersetzt. Kinder wurden dazu angestachelt, sich ihren Eltern zu entfremden oder diese sogar als „Verräter“ zu enttarnen. Alle Gefühlsäußerungen wie Lachen oder Weinen wurden verboten, lediglich das Loben der Partei war erlaubt. Kleinste Vergehen, wie etwa zu spät zur Arbeit kommen, wurden ausschließlich mit dem Tode bestraft. Dabei wurden die Opfer, um Munition zu sparen, nicht erschossen, sondern ihnen wurde lebendig die Kehle durchgeschnitten oder sie wurden  mit Bambusstöcken, Knüppeln, Stromkabeln etc. zu Tode geprügelt. Weit verbreitet war auch das Ersticken mit Plastiktüten.

 

Obwohl es niemals genug zu essen gab, wurde trotzdem tausende Tonnen Reis nach China exportiert und gegen Waffen eingetauscht. Das führte dazu, dass Hunderttausende verhungerten. Überall brachen Seuchen aus, und da es weder Medizin, noch Ärzte oder Krankenhäuser gab, und alle Menschen von Arbeit und Hunger derartig geschwächt waren, starben Millionen.

 

Irgendwann wurden die Führungskader der Roten Khmer dann immer paranoider, und insbesondere ihr Führer Pol Pot, der „Bruder Nr.1“ begann überall Verräter in den eigenen Reihen zu sehen. So wurden zahlreiche Mitgleider des Regimes ebenfalls ermordet und die Bewegung zersplitterte sich. Da die Roten Khmer wieder das alte kambodschanische  Großreich von Angkor errichten wollten, kam es zu bewaffneten Grenzkonflikten mit den Nachbarn. Irgendwann schlugen die wesentlich stärkeren Vietnamesen zusammen mit nach Vietnam geflohenen Roten Khmer-Einheiten dann zurück und besetzten Kambodscha. Am 11 Januar 1979 war Kambodscha dann von den „Roten Khmer“ befreit. Diese „Befreiung“ durch Vietnam erlebten die meisten Kambodschaner allerdings eher als eine Besetzung. Die Vietnamesen errichteten eine neue, wenn auch weniger grausame, kommunistische Diktatur. In Kambodscha herrschten schreckliche Zustände, Tausende irrten durchs Land und versuchten ihre Angehörigen zu finden. Überall wurden Massengräber mit tausenden Opfern entdeckt. Mittlerweile sind  über 8000 identifiziert worden. Zudem wurden über 300 Killing Fields, Hinrichtungsorte, ähnlich nationalistischer Vernichtungslager, ausgemacht.

 

Mit dem Einmarsch der Vietnamesen 1979 waren die Roten Khmer aber keinesfalls besiegt, sie zogen sich lediglich in entlegene Dschungelgebiete zurück und terrorisierten weiterhin die Bevölkerung. Bis 1998 herrschte in Kambodscha für fast weitere zwanzig Jahre ein grausamer Bürgerkrieg, bei der diverse Rebellengruppen und Privatmilizen gegeneinander kämpfen. Die Roten Khmer wurden dabei sogar noch von Amerika, dem damaligen Hauptfeind Vietnams, unterstützt. Sie wurden im Rahmen der westliche Zusammenarbeit vom britischen Geheimdienst ausgebildet und kaum zu glauben, aber wahr, von der Bundesrepublik Deutschland mit Waffen ausgerüstet.

 

Erst mit dem Tode Pol Pots, dem Anführer der Roten Khmer, 1998 endete der Bürgerkrieg. Tausende Menschen kehrten aus den Flüchtlingslagern in Thailand zurück. Bis heute leidet das Land unter den Folgen dieser Ereignisse. Während des Bürgerkriegs, wurden, um die Bauern zu terrorisieren, Millionen Landminen verlegt. Bis heute sterben immer wieder zahlreiche Menschen an Explosionen von Munitionsresten, einige Gebiete sind immer noch nicht geräumt. Besonders ungünstig ist auch, dass die meisten Minen Platikminen aus China sind, die per Metalldetektor nicht aufzuspüren sind. Die Ermordung fast aller Intellektuellen und die Zerstörung von Infrastruktur und des Bildungssystems warfen das Land um mindestens drei Jahrzehnte  in seiner Entwicklung zurück. Mittlerweile wurde so das einst relativ wohlhabende Kambodscha zu einem der ärmsten Länder weltweit.

 

Auch die Psyche der Menschen  blieb nicht unberührt. Nahezu alle Überlebenden sind traumatisiert und konnten nie psychologische Hilfe erfahren. Daher sind Drogenmissbrauch, häusliche Gewalt oder Gewalt gegen Frauen immer noch weit verbreitet. Bis vor wenigen Jahren kam es auch relativ häufig zu Massenvergewaltigungen. Zudem gelang es einigen wenigen, in den Wirren nach diesen schrecklichen Ereignissen, das große Geld zu machen. Sie bestimmen heute, als kleine und überaus korrupte Elite das politische Geschick des Landes.

 

Um den sozialen Frieden zu wahren, aber auch weil viele Regierungsmitglieder ehemalige Mitgleider der Roten Khmer sind, wurden viele bekannte Verbrecher nie behelligt. Heutzutage will man nach vorne schauen und die Ereignisse möglichst vergessen. Das mag zwar für Westler, insbesondere für uns Deutsche mit unseren Erfahrungen mit der NS-Diktatur erschreckend klingen, aber man sollte bedenken, dass das ganze erst wenige Jahrzehnte zurückliegt. Der Umgang mit der NS-Diktatur in Deutschland während der 50er und 60er Jahre war auch nicht groß anders. Zudem sind viele Leute eher mit alltäglichen Überleben beschäftigt und haben keine Zeit, über so etwas sich Gedanken zu machen.


12.08.-18.09.2015

Meine Erlebnisse in Ratanakiri

 

An sich musste ich für die Anreise nach Ratanakiri gerade einmal 8 Stunden Fahrzeit einplanen, was für hiesige Verhältnis in Anbetracht der abgelegenen Lage erstaunlich wenig ist. Blöderweise entpuppte sich der gebuchte Reisebus dann allerdings als wesentlich kleineres Sammeltaxi. So kam es, dass ich die letzten drei Stunden, eingequetscht zwischen Paketen und Hängematten im Kofferraum zubringen durfte. Nun denn, endlich in Banlung, der Provinzhauptstadt angekommen, habe ich mich  direkt in einem wunderschönen Guesthuose einquartiert. Es lag an einem ruhigen Tal und war ganz aus Holz gebaut, zudem ragte die große Veranda mit schönen Ausblick weit ins Tal hinein. Für meine Holzhütte mit Bad und eigenem Balkon, musste ich, bedingt durch die Nebensaison, selbst für kambodschanische Verhältnisse einen sehr günstigen Preis bezahlen.

 

Am nächsten Tag habe ich einen Ausflug zum Yeak Loam unternommen. Dabei handelt es sich um einen nahezu kreisrunden und fast 700 000 Jahre alten Kratersee. Der See ist überall von beeindruckenden gigantischen Urwaldriesen umgeben und sein türkisblaues Wasser lädt perfekt zum schwimmen ein. Er gilt den Einheimischen als heiliger Ort und wird von einer kleinen Ureinwohnergemeinde verwaltet.  Während meiner Wanderung um den See kam es dann aber zu zwei denkwürdigen Momenten. Zuerst bin ich kleinen Giftschlange begegnet und gleich darauf einem Tausendfüßler. Insbesondere der Tausendfüßler ist hochgradig giftig, da er evolutionär schon so alt ist, sodass unser Nervensystem mit seinem Gift überhaupt nicht umgehen kann.

 

Am nächsten Morgen bin ich dann mit einer Gruppe anderer Backpacker zu einem zweitägigen Dschungeltrekking aufgebrochen. Blöderweise hat es in Strömen geregnet, insgesamt 56 Stunden am Stück ohne Pause (bedingt durch einen Tropensturm aus Vietnam). Zuerst ging es dann mit einem Jeep eine Stunde lang über eine Schlaglochpiste, die ich bis vor kurzem noch für unpassierbar gehalten hätte. Als am Wegesrand dann aber Minenfelder und Räumungskräfte auftauchten, habe  ich kurzfristig erstmal ein mulmiges Gefühl bekommen.

Danach ging es mit einem sehr kleinen Boot, eher einem Einbaum, eine Stunde lang auf einem großen Fluss immer weiter hinein in den Regenwald. Obwohl das Boot mitunter stark schwankte und man ständig nass wurde, war es eine sehr schöne Fahrt. Sobald man unter einem großen Baum hindurchfuhr, konnte man den ohrenbetäubenden Lärm aller in seiner Baumkrone lebenden Tiere vernehmen. 

 

Nach der Bootsfahrt ging es auf zu einer Wanderung durch den Wald. Bedingt durch den Regen, mussten dabei immer mal wieder, recht abenteuerlich, hüfthohe Bäche durchquert werden.  Ziel der Tagesetappe war ein mitten im Dschungel gelegener großer Wasserfall. Dort wurde dann das Nachtlager aufgeschlagen. Am Fuße des Wasserfalls gab es ein kleines Wasserbassin sodass man dort super Baden gehen konnte. Zum Abendessen gab es dann in einem zuvor geschlagenen Bambusrohr gedämpften Reis mit Fleisch und Gemüse. Dazu wurde aus selbstgebauten Bambusbechern reichlich Reisschnaps getrunken. Übernachtet wurde unter einer Plastikplane, in US- Army Hängematten (zum Glück mit integriertem Moskitonetz).

 

Am nächsten Morgen ging es dann früh los zu einer 18 km langen Wanderung zu einem Khmer Loeu Dorf. Währenddessen hat unser einheimischer Führer uns mit einigen interessanten Pflanzen vertraut gemacht. U.a. mit einem Baum, der, wenn man ihn kurz ankokelt, ein teerartiges Harz von sich gibt, dass man prima zum Abdichten von Booten verwenden kann.

 

Mein persönlicher Höhepunkt war allerdings der Besuch eines Dorfes der Kaschok, einer der hier siedelnden ethnischen Minderheiten. Nachdem wir im Wald auf eine kleine Gruppe mit Pfeil und Bogen jagender Dorfbewohner gestoßen waren, ging es vorbei an kleinen parzellierten Reisfeldern und winzigen Stelzenhütten mitten ins Dorf. Überall streunten Wasserbüffel, Schweine und Hühner frei durch die Gegend. Das Leben der Menschen machte auf mich einen sehr archaischen Eindruck. Dennoch wirkten sie sehr zufrieden. Viele Frauen waren lediglich mit einem kurzen Rock bekleidet, sonst aber völlig nackt. Es gab weder Strom noch fließend Wasser, und erst Recht keine Fernsehantennen. Die vor zehn Jahren von der EU gesponserte Wasserpumpe war auch außer Betrieb, da man den Menschen natürlich nie erklärt hatte, wie sie zu reparieren sei. Glücklicherweise hatten wir hier die Möglichkeit, einen der so fremdartig anmutenden Friedhöfe zu besichtigen (siehe den Artikel: Das Reiseziel). Danach ging es wieder per Boot und Jeep zurück in die Provinzhauptstadt. Trotz einiger Beschwerden mit Blutegeln und Magenproblemen, ein sehr lohnenswerter Trip der sicherlich bleibende Eindrücke hinterlassen wird.

 

Auch den nächsten Tag habe ich für einen interessanten Ausflug genutzt. Zusammen mit einem einheimischen Führer habe ich eine Edelsteinmine besichtigt. Das Ganze war zwar sehr interessant, aber auch ziemlich furchtbar. Vielen hunderten Einheimischen bleibt nicht nichts anderes übrig, als lediglich mit ein paar hölzernen Seilwinden und Schaufeln ausgerüstet, für einen chinesischen Investor zu schuften. Dabei werden ca. 10m tiefe Löcher und sehr schmale Löcher gegraben, die zu Tage geförderte Erde wird dann mit der bloßen Hand durchkämmt. Bei solchen Fördermethoden ist es leider wenig verwunderlich, dass es hier aber auch immer mal wieder zu schweren Unfällen kommt.

 

Interessanterweise gab es in der Umgebung der Minen viele Kautschukplantagen zu bestaunen. Diese riesengroßen, völlig gleichmäßig in Baumreihen unterteilten Plantagen wirken irgendwie fremdartig in der sonst so vielfältigen Natur. Es ist spannend, einmal gesehen zu haben, wie der Latexsaft aus dem kleinen Schnitt am Gummibaum heraus in die darunter befestigte Schale tropft. Allerdings riecht er ziemlich ähnlich wie Schweiß. An dieser Stelle sollte allerdings auch angeprangert werden, dass in den letzten Jahren, sehr viel Regenwaldfläche auf Kosten der ethnischen Minderheiten, gerodet wurde, um dort Cash-Crop oder eben auch Kautschukplantagen anzulegen.

 

Danach habe ich noch zwei weitere beindruckende Wasserfälle besichtigt und bin unter anderem auf einem  (sehr gefräßigem) Elefanten durch den Wald geritten. Bis vor wenigen Jahren wurden in der Region nämlich noch zahlreiche Arbeitselefanten gehalten, welche beim Abtransport des Holzes eingesetzt behilflich waren. Das soweit von meinem Trip in den Urwald. Allen von euch, die vielleicht mit dem Gedanken spielen, hier auch einmal in Kambodscha Urlaub zu machen, möchte ich an dieser Stelle ans Herz legen, diese noch recht untouristische Region nicht einfach links liegen zu lassen.


12.09.-18.09.2015

Ferien im Urwald

 

Momentan habe ich gerade für zwei einhalb Wochen Schulferien bekommen. Eigentlich fand ich das zuerst ein wenig unglücklich, da ich die Zeit so gleich zu Beginn meines Freiwilligendienstes lieber dazu verwendet hätte, um mich hier erstmal richtig einzuleben. Aber was solls. Über Ferien kann man sich nicht beschweren und die nächsten wird es erst wieder um Weihnachten herum geben. Also habe ich beschlossen, etwas länger zu verreisen. Dabei bin ich auf einen „Geheimtipp“ eingegangen, den mir ein ehemaliger Freiwilliger gegeben hat. Mein Reiseziel lautete also Ratanakiri.

 

Das Reiseziel:

Ratanakiri bedeutet frei übersetzt in etwa so viel wie „Edelsteingebirge“. Dabei handelt es sich um eine Provinz ganz im Nordwesten Kambodschas, direkt an der Grenze zu Laos und Vietnam. Das, besondere an Ratanakiri ist, dass sie sich völlig von allen anderen Provinzen des Landes unterscheidet. Wie der Name schon vermuten lässt, ist Ratanakiri wesentlich hügeliger und höher gelegen als der Rest des Landes. Dadurch ist es hier meistens angenehme zehn Grad kühler. Zudem ist die Provinz sehr dünn besiedelt und es gibt existieren noch große Flächen tropischen Regenwaldes. Daher haben hierviele selten gewordene Tierarten wie Tiger, Waldelefanten, Krokodile und diverse Schlangenarten einen idealen Rückzugsort gefunden. Weiterhin kann die Provinz mit einer Menge wunderschöner Wasserfälle aufwarten. Der Tourismus ist gerade erst im Begriff hier Fuß zu fassen. Während meines Aufenthaltes hatte ich daher das Gefühl nahezu alle anderen Touristen persönlich zu kennen.

 

Eine weitere Besonderheit dieser Region sind ihre Einwohner. Im Gegensatz zum Rest Kambodschas stellen hier ethnische Minderheiten die Bevölkerungsmehrheit. Diese werden zwar unter dem Sammelbegriff der Khmer Loeu (Hochlandkhmer) zusammengefasst, in Wirklichkeit handelt es sich hier aber  um 21 verschiedene ethnische Gruppen mit jeweils eigener Sprache und Kultur. Die Lebensweise dieser Völker ist ungemein faszinierend.

 

Allen gemeinsam ist, das sie als „Naturvölker“  eng verbunden mit der Natur leben. So betreiben sie in kleinem Umfang Brandrodungsfeldbau und pflanzen Nassreis an. Den Regenwald nutzen sie dabei als Jagdrevier, aber auch als Reservoir um Heilpflanzen etc. zu sammeln. Im Gegensatz zur Khmer-Mehrheitsbevölkerung sind sie keine Buddhisten, sondern haben ihre jahrtausendealten animistischen Traditionen beibehalten. So verehren sie ihre Vorfahren und die Natur in Form von Geistern. In vielen Dörfern gibt es heilige Bäume. Besteht im Dorf mal ein Problem, zum Beispiel einen Krankheitsfall, so versetzt sich die Schamanin in einen tranceähnlichen Schlaf. Mittels Traumdeutung, versucht sie herauszufinden, durch welche Art von Opfer die Geister milde zu stimmen sind. In den letzten Jahren haben aber leider fundamentalistische christliche Gruppierungen aus den USA damit angefangen, mit teils sehr skrupellosen Methoden hier  zu missionieren.

 

Interessant sind auch die Bestattungsriten dieser Ethnien. Ist jemand verstorben, so wird ihm auf dem Friedhof eine Art Häuschen errichtet. Diese Häuschen sind oft sehr kunstvoll mit Schnitzereien verziert. Die Einheimischen glauben, dass der Tote im Tode genauso all das braucht, was er bisher im Leben auch gebraucht hat. Daher werden in den Häuschen regelmäßig Speisen und Reiswein geopfert, in manchen kann man sogar einen Fernseher finden. War der Tote zum Beispiel ein Bauer, so benötigt er im nächsten Leben natürlich auch seine Werkzeuge. Daher wird vielen Schnitzfiguren z.B. eine Harke mit in die Hand gegeben. Kurioserweise, kann man, indem man die Schnitzfiguren dementsprechend ausgestaltet, dem Verstorbenen auch Dinge mitgeben, die er sich im echten Leben leider nie leisten konnte. So gibt es Gräber mit Hubschraubern auf dem Dach (im Urwald wesentlich praktischer als ein Auto). Manche Figuren tragen auch Sonnenbrillen und halten Handys in den Händen.

 

Sehr fremd wirken auch die traditionellen Verlobungsriten. Im Gegensatz zu allen anderen Völkern der Regionen, suchen sich bei den Khmer Loeu die Frauen ihren Mann fürs Leben aus (bei den meisten anderen Völkern arrangieren traditionell die Familien die Hochzeiten). Sind Mädchen und Jungen im heiratsfähigen Alter angelangt (früher waren es 13 heute immerhin schon 15 Jahre), so müssen sie das Elternhaus verlassen. Die Jungen ziehen in kleine fünf Meter über dem Boden schwebende Hütten, die Mädchen in größere, welche direkt beim Elternhaus stehen. Während der Nacht besuchen nun die Junggesellen die Mädchen in ihren Hütten.  So haben beide die Chance sich besser kennenzulernen. Im Gegensatz zu den Khmer, ist vorehelicher Geschlechtsverkehr bei den Ureinwohnern kein Tabu. Sollte der Junge allerdings bis zum Morgen bleiben, hat danach umgehend die Hochzeit stattzufinden. Aufgrund sehr geringer medizinischer Aufklärung bringen die Frauen während ihres Lebens ca. 5 bis 8 Kinder zur Welt.

 

Während ihrer zahlreichen Zeremonien, spielen die Männer Gong. Währenddessen werden gemeinsam große Mengen Reisschnaps mittel Strohhalmen aus Krügen getrunken (Das Ganze erinnert ein wenig an Sangria-Besäufnisse am Ballermann). Einmal im Jahr wird ein großes Fest begangen, bei dem ein Wasserbüffel geschlachtet wird. Zudem ist der Tabakkonsum weitverbreite, man kann zahlreiche alte Frauen, aber auch Kinder mit Pfeifen oder großen selbstgedrehten Zigarren sehen.

 

Am Rande sei noch erwähnt, dass Ratanakiri der Schauplatz des weltbekannten Anti-Kriegsfilmes „Apocalypse Now“ ist. Hier soll der wahnsinnige Colonel Kurtz sein mörderisches Dschungellager errichtet haben. Auch die Ureinwohner, sind hierbei stark an die Khmer Leou angelehnt, wenngleich ihre Darstellung sehr überzogen ist. Aufgrund der Nähe zu Vietnam, wurde während des Vietnamkrieges viel Ausrüstung und Munition für die Vietkong durch Ratanakiri transportiert (auf dem sog. Ho Chi Minh-Pfad). Dadurch sah sich die Region schweren US-Bombenangriffen ausgesetzt. Zudem waren die Roten Khmer hier jahrzehntelang sehr aktiv. Während des Bürgerkrieges kamen dabei schrecklicherweise nahezu 75% der Ureinwohner ums Leben. Glücklicherweise haben sich ihre Gemeinschaften durch die hohe Geburtenrate davon aber weitestgehend wieder erholen können. 


07.09.2015

Mein Geburtstag


Heute war mein 19. Geburtstag. Da ich ja praktisch gerade erst hier angekommen bin und zudem Montag  ist, musste ich leider darauf verzichten, ihn  großartig  feiern. Dennoch habe ich einen sehr schönen Tag verbracht. Meine beiden Mitbewohnerin, Freya und Lina haben etwas Besonderes für mich vorbereitet. Zwar haben sie mir keinen Kuchen gebacken, sondern etwas eigentlich viel Besseres. Vor ein paar Tagen hatte ich mich nämlich darüber beklagt, wie sehr ich doch das westliche Frühstück vermissen würde und dass ich nicht ohne Brot überleben könnte. Deshalb sind sie extra in einen Laden der teure europäische Produkte verkauft, gefahren und haben mir ganz viele unterschiedliche Packungen Müsli gekauft. Diese haben sie dann wie eine Torte mit Kerzen auf dem Küchentisch drapiert. Was für eine tolle Überraschung! Bei der Arbeit, hatten die ganzen Mitarbeiter auch spitz bekommen, dass ich heute Geburtstag hatte. Daher haben sie mir ein wunderschönes Armband und einen kleinen Kuchen mit einer Kerze geschenkt. Der ganze Kindergarten hat zudem für mich Happy Birthday gesungen. Unglaublich niedlich! Im Gegenzug habe ich mich revanchiert, indem ich für alle Mitarbeiter Würstchen mitgebracht habe. Hier in Siem Reap gibt es nämlich sogar eine deutsche Schlachterei (nun ja gut es gibt auch Chorizo und französisches Beef). Dort habe ich dann typisch deutsche Landjägerwurst gekauft. Das hat bei eigentlich Allen  große Erheiterung hervorgerufen. Die meisten hatten noch nie vorher in ihrem Leben Würstchen gegessen und dann erstmal nachgefragt, ob man da denn so einfach hereinbeißen könne? Soweit ich es überblicken konnte, haben die Würstchen aber zumindest allen geschmeckt. Da am nächsten Morgen alle früh aufstehen und arbeiten mussten, war an groß feiern gehen nicht zu denken. Dennoch haben wir den Abend schön auf unserer Dachterrasse ausklingen lassen. Ich habe noch die andere Freiwilligen-WG eingeladen und für alle ein paar Runden Bier geschmissen. Die anderen Freiwilligen habe mir dafür ein weiteres tolles Geschenk gemacht. Da ich in letzter Zeit versuche, fleißig ein wenig Khmer zu lernen, haben sie mir u.a. ein T-Shirt mit dem Khmer-Alphabet geschenkt. Was für eine tolle Motivation möglichst bald auch die Schrift zu lernen.


03.09.2015

Erste Begegnung mit einem Mönch

 

Heute habe ich schon wieder eine interessante Begegnung gemacht, von der ich an dieser Stelle gerne Berichten würde. Da ich nun einmal von 10 Uhr morgens bis 13:50 Mittagspause habe, habe ich mich gefragt was ich den heute wohl sinnvolles in dieser Zeit anstellen könnte. Also hab ich mir mein Rad geschnappt und bin einfach mal drauflosgefahren, um ein wenig die Stadt besser kennenzulernen. Nun denn, dabei bin ich zufällig auf eine kleine Klosteranlage gestoßen. Diese liegt in direkter Nähe meiner jetzigen Arbeitsstelle bei Children´s Dream (und nennt sich Wat Preah En Kosei, falls jemand das gerne mal googlen möchte). Nun,  ich wollte gerade den Bereich mit den Mönchsunterkünften sowie dem Friedhof betreten, als plötzlich vier etwas bedrohliche und äußert wachsame Wachhunde auf mich zugestürmt kamen. Tja, dieser Plan wurde mir leider zu Nichte gemacht. Darum habe ich beschlossen, einfach mal zu versuchen, einen Blick in das Hauptheiligtum zu werfen. Vor dem Eingang war gerade ein sehr alter Mönch damit beschäftigt, Blätter aufzulesen. Irgendwie mit Händen und Füßen konnte ich ihm dann mein Anliegen begreiflich machen, und er begann mit Freuden mir den Tempel zu zeigen. Nachdem ich alles gesehen hatte, bat er mich dann auf einer der zahlreichen Gebetsmatten Platz zu nehmen. Da ich in den letzten Tagen mit viel Mühe versucht habe, ein paar Brocken Khmei zu lernen, haben wir dann versucht uns ein wenig zu unterhalten, das war zwar etwas holprig und nur mit zu Hilfe von Händen und Füßen einigermaßen zu bewerkstelligen, aber er hat immerhin verstanden, dass ich 18 Jahre alt bin, aus Deutschland komme, seit einer Woche hier bin und in Nähe in einer Schule Englisch unterrichte. Er selber muss schon sehr alt gewesen sein und sprach sogar noch ein paar Brocken Französisch (Kambodscha war bis zum Jahre 1953 eine französische Kolonie). Sehr freudig darüber, hat er mir dann erst einmal ganz viele der dort geopferten Früchte als Mittagessen angeboten. Da ich  zufällig auch schon einige auf Khmei benennen konnte, wurde ich beim Abschied förmlich davon überschüttet. Nachdem ich anschließend wieder zur Arbeit gefahren bin, hat diese Geschichte bei den Angestellten sowohl Verwunderung, als auch Amüsement hervorgerufen. Schließlich sei hier noch nebenbei erwähnt, dass es buddhistischen Mönchen nach zwölf Uhr mittags verboten ist, noch Nahrung zu sich zu nehmen. Zudem werden in den Pagoden, die überzähligen Opfergaben gerne auch mal dazu verwendet, den ganz Armen etwas zu Essen abgeben zu können. Nun denn dieses Erlebnis habe ich persönlich zumindest als sehr interessant empfunden und werde es so schnell bestimmt nicht wieder vergessen.


02.09.2015

Meine  Wohnung mit atemberaubender Dachterasse

 

So nun ist es endlich soweit! Ich kann euch nun meine neue Wohnung präsentieren. Hierbei handelt es sich um die Wohnung der alten Freiwilligen, deren  einjähriger Freiwilligendienst jetzt zu Ende gegangen ist. Sie waren so freundlich, schon im Vorfeld alles Wichtige mit der Vermieterin (der Landlady), zu klären. Daher können wir jetzt schon direkt einziehen. Die Wohnung ist einfach, kurz gesagt, unglaublich. Sie ist relativ zentral gelegen, zum Stadtzentrum sind es mit dem Fahrrad lediglich 5 Minuten. Trotzdem ist die Umgebung sehr ruhig und friedlich. Um uns herum leben ausschließlich Khmer. Von der nächstgelegenen Straße aus, führt ein sehr holpriger Trampelpfad hierher. Dieser ist zwar weder beleuchtet und stellenweise stark vermüllt, aber eigentlich trotzdem ganz schön. Neben unserer Wohnung liegt ein großes, schönes saftig grünes Feld und auf dem Trampelpfad ist stets ein Haufen Hühner unterwegs. Lediglich wenn es stark geregnet hat, ist der Weg stellenweise schwer passierbar, aber solange man mit dem Rad fährt, ist auch das kein Problem. An solche Dinge, gewöhnt man sich hier ziemlich schnell. Gleich direkt an der großen Straße, liegt ein lokaler Markt. Hier kann man so gut wie alle wichtigen Lebensmittel, insbesondere frisches Obst, schnell und für wenig Geld einkaufen. Eine ganze Staude Bananen oder eine frisch geschälte Ananas kosten beide so ca. um die 50 Cent. Direkt neben der Wohnung liegteine kleine Kirche. Zwar ist Kambodscha ein nahezu buddhistisches Land, doch ist hier sonntags immer erstaunlich viel los. Unsere Wohnung ist für europäische Verhältnis und erst recht für einheimische, ziemlich groß und gut eingerichtet. Sie liegt im ersten Stock, über der Wohnung unserer Vermieter. Es gibt eine große Eingangshalle und eine große Küche. Wir haben eigentlich alles Notwendige: einen Kühlschrank, einen großen Esstisch, eine Kochplatte mit Gasflasche sowie Geschirr und Vorratsregale. Weiterhin gibt es vier Zimmer zum Wohnen. In jedem Zimmer steht ein typisch kambodschanisches Bett, sprich ein Riesenbett mit mindesten 1,60m mal 2m Ausmaßen. Zudem verfügt jedes Zimmer über einen Ventilator und eine Klimaanlage, sowie ein eigenes Bad. In meinem Bad gibt es sogar einen eigenen Warmwasseranschluss. Allerdings benutze ich, um Strom zu sparen, eigentlich nie warmes Wasser oder die Klimaanlage. In solch einer tollen Wohnung wohne ich aber natürlich nicht alleine, sondern in einer WG zusammen mit zwei anderen Freiwilligen vom VJF. Sie heißen Freya und Lina, sind 23 Jahre und 24 Jahre alt und haben in Berlin Modedesign studiert. Hier vor Ort arbeiten sie in einer kleinen Nähwerkstatt. Dort unterstützen sie einheimische Näherinnen und designen Produkte, welche dann in Fair Trade -Läden verkauft werden. Der Erlös kommt der einheimischen NGO zu Gute. Wir verstehen uns bisheralle ganz gut miteinander. Im Moment sind wir allerdings noch auf der Suche nach einem vierten Mitbewohner für das letzte noch freie Zimmer. Das mit Abstand Beste an unserer Wohnung ist aber unsere Dachterrasse. Ja ihr habt richtig gehört. Wir haben unsere eigene Dachterrasse, mit Wellblechdach, einem Grill, Stühlen und Hängematten. Hier kann man super gut relaxen und den Blick über das doch recht grüne Siem Reap genießen. Insbesondere die Sonnenauf- bzw. Sonnenuntergänge sind wunderschön. Wie gesagt, unsere Wohnung ist ein kleines Paradies.

 

 Allerdings gibt es neben all den positiven Seiten, manchmal auch ein paar schwierige Momente, die ich euch hier nicht unterschlagen möchte. Wohnen in einem tropischen Land ist einfach etwas anderes. Dass fängt schon damit an, dass der Kampf gegen die Ameisen einfach nicht zu gewinnen ist. Egal was man tut, sie sind immer wieder sofort und überall wieder da. Neulich hatte ich sogar welche in meinem Handtuch, mit dem Resultat, dass ich ca. 40 Ameisenstiche hatte. Diese sind eine ganze Woche nicht verheilt (die kleinen Ameisen sind nämlich ganz schön giftig). Auch kommt es hier immer wieder zu kleineren Stromausfällen. Halb so schlimm. Blöderweise ist meine Toilette auch recht eigensinnig. Manchmal funktioniert die Spülung gar nicht, manchmal dagegen setzt der Spülkasten auch das ganze Bad unter Wasser. So lernt man gezwungenermaßen ziemlich schnell, wie man solche Fehler beheben kann oder einfach damit zu Leben.


29.08.2015

Busfahrt und Ankunft in Siem Reap

 

Heute Morgen, relativ früh um sieben Uhr ging es dann endlich auf mit dem Bus nach Siem Reap, der Stadt in der ich leben und arbeiten werde. Für die Strecke von ca. 350km benötigt der Bus ganze 7 Stunden. Zuerst haben wir die Ausläufer PPs hinter uns gelassen. Am Wegesrand waren immer wieder zahlreiche Ziegeleien oder Textilfabriken zu erkennen. Seitdem in China die Lohnkosten ansteigen, werden immer mehr der qualitiv eher minderwertige Kleidungstücke in Kambodscha hergestellt. Die Textilindustrie konzentriert sich ausschließlich auf dem Raum Phnom Penh. Bald war das aber auch vorbei und es ging stundenlang durch eine wunderschöne Landschaft gespickt mit Reisfeldern und kleinen Ortschaften. Weit in Richtung Horizont ragten ab und zu auch immer wieder gigantische Stechpalmen aus den Feldern heraus und auch ein oder der andere Wasserbüffel war hin und wieder auszumachen. Das typisch kambodschanische Bauernhaus fügte sich hierbei perfekt in die Szenerie ein. Dabei handelt es sich um eine kleine Bretterhütte auf Stelzen, der Giebel ist dabei häufig durch wunderschönes Schnitzwerk verziert. Was auf den ersten Blick vielleicht ein wenig primitiv wirken mag, ist perfekt an die klimatischen Verhältnisse angepasst. Durch die Stelzenbauweise wird die Gefahr eines Schadens durch die jährlichen Überflutungen während der Monsunzeit minimiert. Zugleich kann das Haus oberhalb durch ab und zu über das Land wehende kühle Brisen gekühlt werden und es wird Raum für die Tiere geschaffen, die praktisch direkt unter dem Haus ihren Stall haben. Abgerundet wurde dieses Busfahrterlebnis durch die zahlreichen buddhistischen Tempel, die immer wieder am Wegesrand auftauchten. Auch einige Moscheen der indigenen muslimischen Minderheit waren zu sehen.

 

Bei unserer Ankunft wurden wir von Livia, einer der weltwärts-Freiwilligen des letzten Jahres, sowie von Phary, unserer neuen kambodschanischen „Ersatzmutter“ sehr freundlich empfangen und in die Stadt begleitet. Mein erster Eindruck von Siem Reap war auch durchgehend positiv (ok ich muss gestehen, dass ich während der letzten Sommerferien schon einmal für 4 Tage hier gewesen bin). Durch den Tourismusboom rund um die einmaligen Dschungelruinen von Angkor, hat sich Siem Reap (ca. 180 00 Einwohner)in den letzten Jahren zur sichersten und saubersten Stadt Kambodschas gemausert. Das lässt sich auch deutlich spüren. Kein Vergleich mit Phnom Penh! An vielen Ecken, zum Beispiel am Siem Reap River, der die gesamte Stadt in Nord-Südrichtung durchfliest, wirkt sie geradezu beschaulich. Am Abend haben wir dann Livia, die bald schon wieder nach Deutschland aufbrechen muss, zu ihrer Abschiedsparty in eine örtliche Bar begleitet. So hatten wir auch gleich schon die Gelegenheit, ein wenig das Nachtleben der Stadt kennenzulernen.



 28.08.2015

Besichtigung von Tuol Slang, dem Hauptmarkt und der AEON-Mall

 

Liebe Leser, an dieser Stelle möchte ich von meinem zweiten und vorerst letzten Tag in Phnom Penh berichten. Heute stand ein ausgesprochen umfangreiches Besichtigungsprogramm auf dem Plan. Gleich als erstes stand das Tuol Sleng-Genozidmuseum auf dem Plan. Dieses ehemalige Gymnasium wurde während der Terrorherrschaft der Roten Khmer 1975 bis 1979 zu einem Foltergefängsnis umfunktioniert. Hier wurden zwischen 14000 und bis zu 21000 Gefangene, meist sogar ganze Familien interniert und auf brutalste Art und Weise gefoltert. Lediglich 7 Menschen überlebten ihren Aufenthalt dort. Während des Besuchs lief einen die ganze Zeit über ein eiskalter Schauer über den Rücken. Viele Zellen waren noch im  Original erhalten und es waren Bilder der dortigen Gefangenen mit durchtrennter Kehle ausgestellt. Auch sind viele der ehemaligen Folterinstrumente sind noch zu sehen. Leider war in unserem Zeitplan lediglich eine halbe Stunde für den Besuch dieser Gedenkstädte vorgesehen, was natürlich viel zu wenig war, um sich angemessen mit der Thematik auseinanderzusetzen. Ich plane daher, die Anlage erneut in einen Wochenendausflug nach Phnom Penh zu integrieren und genügend Zeit dafür mitzubringen. Der Leser möge mir an dieser Stelle verzeihen, dass ich in diesem Post nur so wenig zu den Roten Khmer und ihren Verbrechen schreibe, ich würde allerdings lieber in einem gesonderten Post ausführlich darüber informieren.

 

Als nächstes haben wir den Phsar Thmei, den Hauptmarkt der Stadt besucht. Das frisch renovierte Gebäude ist im Art Deco-Stil erbaut und hat gigantische Ausmaße. Ob innen oder außerhalb, es gibt einfach nichts, was man hier nicht kaufen könnte. Über Goldschmück, Juwelen, Kleidung und Souvenirs bis zu den nagelneusten Kameramodellen internationaler Firmen, ist einfach alles zu kaufen. Selbst gefälschtes Papiergeld, sowie Haus oder Automodellen oder Kleidungsstücke aus Papier sind zu kaufen. Sie werden verbrannt, um die Ahnen im Himmel mit allem notwendigen versorgen zu können. Auch eine eigene Lebensmittel Abteilung gibt es. Hier kann man seinen Hunger mit  skurrilen Gerichten, u.a. gebratenem Frosch am Spieß, stillen.

 

Nach dem Besuch dieses originellen, quirligen und irgendwie liebenswürdigen Marktes, stand das komplette Kontrastprogramm auf dem Plan. Die sogenannte AEON.Mall, wurde erst vor wenigen Jahren für 500 Mio US-Dollar erbaut (damit könnte man locker die Hälfte der Stadtbevölkerung ein  Jahr lang ernähren). In ihren weitläufigen Hallen, kann man so gut wie alles zu völlig überteuerten Preisen kaufen. Ob vom neusten HighEnd Fernseher bis zu westlicher Nahrung. Wer will, kann auch gleich in eine neue Luxusvilla am Stadtrand investieren. Vom Wachpersonal einmal abgesehen, trifft man aber nur sehr selten auf  Kambodschaner. Vielmehr scheint diese Mall eher für neureiche Asiaten, aus China, Malaysia oder Japan gedacht zu sein. Auf diese ist auch das Produktangebot abgerichtet. So gibt es in einem japanischen Hello Kittie-Laden u.a. Plüschbacksteine zum Kuscheln im Angebot. Für läppische 7 US-Dollar, einer Summe, die die vielen Familien hier nicht einmal am Tag zur Verfügung steht. Im Kontrast zur allgegenwärtigen Armut und dem Müll auf der Straße, wirkte dass ganz irgendwie ein wenig pervers. Am Rande ist übrigens noch zu erwähnen, dass hier ein striktes Fotografieverbot herrscht. Nicht das irgendein dämlicher Tourist noch auf die Idee kommen könnte, sie draußen auf der Straße zu herumzuzeigen….

 

Am Abend dann hat Nico uns anlässlich des Geburtstages seiner beiden Kinder zu einer Bootstour auf dem Mekong eingeladen. Der Sonnenuntergang direkt über der Skyline von Phnom Penh war wirklich Atemberaubend. Der ganze Himmel war in orangene Pastellfarben getaucht und auf der gegenüberliegenden Seite war ein riesiger Regenbogen auszumachen. Der Rest des Abends wurde dann von allen gemeinsam im Metahouse begangen. Reichlich Freibier sorgte für eine ausgelassene Stimmung. Während alle anderen sich irgendwann in die Betten aufmachen, kamen Laluy, Freya (eine andere weltwärts-Freiwillige) und ich, auf die Idee, eine kleine Spritztour durch die Stadt zu unternehmen. Laluy hatten wir bereits auf dem 9 tägigen Vorbereitungsseminar in Berlin kennengelernt. Ihm bereite es dann auch sichtlich Freude, mit Freya und mir auf dem Rücksitz seines Mopeds, durchs nächtliche Phnom Penh zu düsen. Der Blick auf den festlich illuminierten Königspalast entschädigte dann aber auch alle zuvor gehegten Sicherheitsbedenken. Alles in allem also ein gelungener Abschluss eines spannenden und eindrucksreichen Tages.



27.08.2015

Cyclo Tour durch das koloniale Phnom Penh

 

An dieser Stelle möchte ich von meinem ersten Tag in Kambodscha und meinen ersten Eindrücken in Phnom Penh berichten. Als ich morgens meinen Fuß aus unserem Hostel setzte und mich auf den Weg zum Metahouse (ein deutsch-kambodschanisches Kulturzentrum mit Sitz des Goethe-Institutes) machte, war mir sofort klar, dass ich in einer völlig anderen Umgebung angekommen bin. So ein wenig, als wäre man auf einem fremden Planeten gelandet. Im Vergleich zu einer typischen europäischen Großstadt wirkt Phnom Penh auf den ersten Blick wesentlich hektischer und chaotischer. Fast überall liegt Müll herum und im Stadtbild klaffen, bedingt durch die brutale jüngere Vergangenheit Kambodschas immer noch viele Lücken. Auf den Straßen sind sehr viel mehr Mofas als Autos unterwegs. Eine regionale Besonderheit Südostasiens sind die Tuk-Tuks, das hier übliche Taxi. Dabei handelt es sich um ein Motorrad, dass einem kleinen überdachten Anhänger vorgespannt ist. In diesem können  locker  5 Leute Platz finden. Auf den Straßen ist also immer viel los. Allgemein strahlt diese Stadt eine große Geschäftstüchtigkeit aus. In nahezu jedem Erdgeschoss eines Hauses ist ein kleiner Laden, welcher Dinge des täglichen Bedarfs verkauft, untergebracht. Nahrungsmittel werden meist direkt frisch an kleinen Straßenverkaufsständen eingekauft und sollte man außergewöhnlich Hunger haben, kann man diesen gleich in einer der zahlreichen Garküchen stillen.

 

Vom Metahouse sind wir dann zu einer kleinen Cyclotour aufgebrochen, um die Stadt ein wenig besser kennenzulernen (ein Cyclo ist der hier übliche Begriff für ein Fahrradtaxi). Vorbei ging es am  Unabhängigkeitsmonumet und am Königspalast auf ins ehemalige Koloniale Zentrum der Stadt. Ebenso wie Vietnam und Laos auch, gehörte Kambodscha im 19. Und frühen 20. Jahrhunderts zum französischen Kolonialreich. Im Gegensatz zu vielen anderen Städten der Region, haben sich hier noch relativ viele, zum Teil wunderschöne Kolonialgebäude erhalten. So haben wir unter anderem das sehr schöne und immer noch in Nutzung befindliche Hauptpostamt besucht.

 

Leider muss auch an dieser Stelle erwähnt werden, dass viele der wunderschönen Villen, Hotels oder Ämter durch Geldmangel in einem äußerlich erbarmungswürdigen Zustand  begriffen sind. Hier werden in der Regel zwei Praktiken angewendet. Entweder ein reicher Investor kauft das Gebäude auf, saniert es  und betreibt es als Hotel oder Restaurant, oder es muss ganz einfach etwas Neuem weichen. Erschwerend kommt noch hinzu, dass bei vielen Immobilien die Eigentumsverhältnisse ungeklärt sind, da viele Häuser nach dem Ende der Terrorherrschaft der Roten Khmer einfach von obdachlos gewordenen Stadtbewohnern besetzt worden sind. 

 

So etwas, wie ein effektives Denkmalschutzgesetzt, besteht in Kambodscha dagegen nicht. So konnte es unter anderem passieren, dass  ein ehemaliges außergewöhnlich schönes Hotelgebäude von Kentucky Fried Chicken aufgekauft werden konnte. Die ehemalige Fassade ist heutzutage natürlich hinter den üblichen Leuchtreklametafeln nicht mehr auszumachen. Allgemein lässt sich feststellen, dass die Globalisierung nicht ohne Auswirkungen an Phnom Penh vorbeigehen wird. Hier, im wirtschaftlichen Zentrum des Landes, lassen sich immer mehr internationale Firmen nieder und drohen den ganz eigenen Charme der Stadt zu beschädigen. Auch werden in jüngster Zeit immer große Wohnhochhäuser für die Reicheren errichtet. Es ist also zu vermuten, dass sich das Erscheinungsbild Phnom Pehns in einigen Jahrzehnten dem anderer bekannter asiatischer Großstädte wie Saigon oder Bangkok angleichen wird. Viele der jetzigen Gebäude werden modernen und gesichtslosen Wohnblöcken weichen müssen.

 

Auf unserer Cyclotour haben wir dann u.a. noch das heute völlig heruntergekommene ehemalige Polizeipräsidium sowie den letzten noch genutzten und unzerstört gebliebenen Tempel der chinesischen Minderheit besichtigt. Auch die große, ehemalige katholische Kirche der Franzosen, stand auf dem Programm. In und um diese herum leben heute die ärmsten der Armen. Da wie in vielen anderen Entwicklungsländern auch, immer mehr Leute vom Land in die Großstädte ziehen, bleibt ihnen oft nicht anderes als Behausung übrig als Häuser zu besetzen. Die teuren Immobilienpreise in PP. können sie unmöglich bezahlen.


Das kamboschanische Standarttaxi: Ein Tuk-Tuk, ein Motorrad mit überdachtem Anhänger
Das kamboschanische Standarttaxi: Ein Tuk-Tuk, ein Motorrad mit überdachtem Anhänger

26.08.2015

Straßenverkehr in Kambodscha:

 

Der Straßenverkehr in Kambodscha ist für den Durschnittseuropäer zuerst, nun ja … etwas gewöhnungsbedürftig. Zwar gibt es so etwas wie Ampeln, allerdings berechtigen die bei Grün den Fahrer nicht nur geradeaus zu fahren, sondern auch, sowohl nach links als auch nach rechts abzubiegen. Ein Schelm, wer erwarten würde, dass dabei das Setzen des Blinkers notwendig sei. Ein noch größerer, wer etwa erwarten könnte, dass dabei die Gegenspur parallel auch noch Rot bekommen würde. Die einzige hier existierende Verkehrsregel ist folgende: Der größere hat Vorfahrt (welch ein Glück, dass wir in einem Van unterwegs waren!!!). Zudem ist es gang und gebe, einfach so auf Kreuzungen draufloszufahren, natürlich ohne zu gucken. Dies erklärt sich mitunter durch den Glauben der Menschen. Die meisten Menschen hier sind bekennende Buddhisten, und im Buddhismus spielt der Glaube an Schicksal eine wichtige Rolle. Also denken sich viele Leute einfach folgendes: Ach was soll mir schon passieren? Und wenn etwas passieren sollte… dann ist es eh durch mein Schicksal vorherbestimmt gewesen. Den ewigen Kreislauf der Wiedergeburt wird ein Autounfall ohnehin nicht so schnell unterbrechen können. Leider ist durch solche Denkmuster und die zunehmende  Motorisierung der Bevölkerung die Zahl tödlicher Verkehrsunfälle massiv angestiegen. Echt gefährlich wird es dann aber für das Unfallopfer. Der Täter beginnt nämlich in den allermeisten Fällen sofort Fahrerflucht. Grund dafür ist jedoch nicht etwa der Egoismus oder die Herzlosigkeit der Menschen, sondern das System an sich. Soweit ich weiß, besitzt so gut wie niemand eine Haftpflicht, und schon gar keine Teilkaskoversicherung. Allerdings muss laut Gesetz der Unfallverursacher für den Schaden und die medizinische Behandlung des Opfers aufkommen. Das könnte sich in den allermeisten Fällen den Unfallverursacher aber niemals leisten bzw. wäre er danach finaziel völlig ruiniert. Doch man sollte nicht erwarten, dass die Polizei oder die Politiker dort groß etwas dagegen unternehmen werden. Schließlich handelt es sich bei Kambodscha um eines der korruptesten Länder weltweit. Und da Polizisten chronisch unterbezahlt sind, investieren viele von ihnen ihre Zeit lieber darin, Autos anzuhalten und ihnen Passagegebühren abzuknüpfen. Besonders lukrativ geht das natürlich bei größeren Fahrzeugen, sprich bei LKWs.

 



26.08.2015

Der Abflug

 

Nun ist es endlich  soweit! Mein einjähriger Freiwilligendienst als Englischlehrer in Kambodscha nimmt seinen Anfang. Was gibt es da für ein schöneres Ereignis, als diesen Blog mit einem Bericht über meine Anreise zu beginnen.

 

Heute war also endlich der Tag der Abreise gekommen! Mein Hinflug sollte ab Hamburg abgehen. Daher hieß es für mich erstmal ab ins Auto und auf nach Hamburg. Meine Eltern und meine Schwester haben unbedingt darauf bestanden, mich auf diesem Weg begleiten zu dürfen. Wie das in unserer Familie nun mal ab und zu vorkommen kann, haben wir die verfügbare Zeit wieder, nun ja etwas knapp kalkuliert (bzw. den völlig unvorhersehbaren Stau vor dem Elbtunnel). Dann hieß es erst einmal, nach einem kurzen, aber doch sehr bewegenden Abschied, auf durch die Sicherheitskontrolle und Deutschland ade! Am Gate habe ich mich dann mit den anderen Freiwilligen des VJF getroffen. Und dann ging es auch schon ab in die Luft. Nebenbei möchte ich auch noch kurz erwähnen, dass in diesem Moment gerade die Sonne unterging, also ein sehr schöner Moment, seiner Heimat Lebewohl zu sagen. Unsere Reiseroute verlief folgendermaßen: Zuerst ging es von Hamburg aus nach Wien. Dort fand dann ein Zusammentreffen mit den anderen Freiwilligen des VJfs statt, einige waren nämlich  von Berlin aus gestartet. Von Wien sind wir dann ganze 11 ziemlich anstrengende und ermüdende Stunden bis nach Bangkok geflogen. Von hier ging es dann nach vier Stunden Aufenthalt endlich weiter nach Phnohm Penh, der Hauptstadt Kambodschas. Während des Zwischenstopps in Bangkok, hatte ich die Gelegenheit, diesen Flughafen ein bisschen näher kennenzulernen.  Auf den ersten Blick wirkt dieser zwar ganz normal, eben wie jeder andere  x-beliebige internationale Flughafen auch. Auf den zweiten Blick aber,  offenbaren sich dann aber doch einige Besonderheiten. So wechseln die Anzeigetafeln zum Beispiel andauernd zwischen gut verständlichem Englisch in lateinischen Buchstaben und der auf den ersten Blick völlig verwirrenden Thai-Schrift. Ebenso konnte man wie überall sonst auch, günstig Zigaretten in Duty-free Shops erwerben, bloß die Warnhinweise waren natürlich völlig unleserlich. Die größte Besonderheit ist mir aber erst beim Check in aufgefallen. Hier in Thailand gibt es extra Sondersitze (sog. Priority seats) nur für Mönche, damit diese beim Einlass in das Flugzeug standesgemäß bevorzugt werden können.  Ebenso ist es aus religiösen Gründen verboten, eine Buddhastatue aus Thailand auszuführen. Nach all diesen Impressionen bin ich dann nun doch endlich in Kambodscha, besser gesagt in Phnohm Penh, der Hauptstadt des Landes angekommen. Draußen vor dem Flughafen schwoll uns erstmal ein großer Schwall warme Luft entgegen und es war stockdunkel. Schließlich hatten wir durch den Flug in Richtung Osten, ganze fünf Zeitstunden verloren, sodass es bei unserer Ankunft schon 8 Uhr abends war. Zudem ist es hier nun mal sehr warm und da gerade Regenzeit ist, ist die Luftfeuchtigkeit auch relativ hoch.

 

Dort wurden wir schon von Nico erwartet. Nico, ist ein Berliner Filmregisseur und lebt seit 15 Jahren in Kambodscha. Zudem ist er Leiter des Metahouses, eines Deutsch-Kambodschanischen Kulturzentrums samt der lokalen Niederlassung des Goethe-Institutes. Er wird unser dreitägiges Einführungsseminar leiten. Auf der Fahrt zu unserem ersten Hostel gab es dann schon einmal den ersten kleinen Kulturschock.